Ameise auf ihren Geschäftswegen einem Keulenkäfer begegnet, deren mehrere an verschiedenen Stellen des Baues zwischen ihnen umherkriechen, oder in den Gängen still sitzen, beleckt sie ihn auf dem Rücken unter fortwährenden Liebkosungen mit den Fühlern, welche der Käfer durch die feinigen erwiedert, vor allem aber ist es jener Haarbüschel, welchen sie mehrere Mal in den Mund nimmt, um ihn auszusaugen. Die Ameisen ihrerseits bleiben nicht unerkenntlich für den empfangenen Genuß. Hat sich eine gesättigt, so theilt sie dem blinden Keulenkäfer davon mit. Begegnet sie einem und er erhebt den Kopf gegen sie, so findet die gewöhnliche Begrüßung, das gegenseitige Betasten mit den Fühlern statt, sodann küssen sich beide, um so zu sagen, und die Ameise läßt aus ihrem Munde Saft von dem Käfer auflecken. Diese Fütterung dauert acht bis zehn Sekunden und endet damit, daß jedes durch Aus- und Einziehen der Theile seines Mundes sich diesen wischt und den Weg dann weiter fortsetzt. Wunderbar! Die Keulenkäfer sind einzig und allein auf gewisse Ameisenarten angewiesen, welche letztere sie aus angeborenem Triebe und aus Dank- barkeit für gewisse Genüsse als ihre Pfleglinge lieben, schützen, ernähren; sie, die Käfer, durch den Mangel der Augen und Flügel hilfloser als andere, können eben nur in Ameisennestern leben, woselbst sie sich fortpflanzen und sterben, ohne sie je verlassen zu haben. Wer hätte solche Proben aufopfernder Freundschaft bei bissigen Ameisen, verborgen unter Steinen gesucht?
Unter Uebergehung der kleinen Scydmäniden, welche sich hauptsächlich nur durch ihre Flügel- losigkeit von den vorigen unterscheiden, in Körpertracht, Lebensweise mit ihnen übereinstimmen und vorzugsweise in ihren ungefähr 90 Arten Ameisenfreunde zu sein scheinen, wenden wir uns zu unserer achten Familie, den Aaskäfern (Silphidae oder Silphales). Verschieden in Größe und Körperbau, läßt sich in der allgemeinen Schilderung von ihnen nur aussagen, daß die gewöhnlich elfgliederigen Fühler sich allmälig gegen die Spitze hin verdicken oder daselbst einen scharf abge- setzten Endknopf tragen, beide Unterkieferlappen deutlich unterscheidbar, hornig oder häutig sind, die Zunge zweilappig, und die Flügeldecken meist bis zur Hinterleibsspitze reichen. Durch die frei heraustretenden, kegelförmigen Hüften der vier vorderen Beine und sechs frei beweglichen Bauch- ringe unterscheiden sie sich von allen anderen pentameren Käfern mit keulenförmigen Fühlhörnern. Sie finden sich sämmtlich an Thierleichen ein, sei es, um selbst davon zu zehren, sei es, um ihre Eier an dieselben zu legen, und besitzen als Aasfreunde die Eigenschaft, einen stinkenden Saft aus dem After oder dem Maule oder aus beiden zugleich von sich zu geben, wenn man sie anfaßt. Jn Ermangelung jener Leckerbissen gehen sie auch faulenden Pflanzenstoffen nach oder greifen lebende Jnsekten an, ihres Gleichen nicht verschonend. Jhre Bewegungen sind flink und ihr Geruchssinn entschieden sehr entwickelt; denn aus weiter Ferne kommen sie, durch denselben geleitet, herbeigeflogen, wo ein todter Vogel, ein verendetes Kaninchen, ein Maulwurf u. a. ihren Ver- wesungsprozeß beginnen. Man kennt gegen dreihundert Arten, welche überall auf der Erde vertheilt sind, in der gemäßigten Zone aber am zahlreichsten vertreten zu sein scheinen. Die Larven stimmen in der Lebensweise überein, unter sich und mit den Käfern, aber nicht, wie sich bei der Verschiedenheit dieser erwarten läßt, in den äußeren Formen, darum werden wir auf sie bei den einzelnen Gattungen zurückkommen.
Der gemeine Todtengräber (Necrophorus vespillo) hat mit seinen etwa vierzig Gattungs- genossen, von welchen die meisten in Europa und Nordamerika leben, folgende Merkmale gemein. Die vier letzten der zehn Fühlerglieder bilden einen kugeligen Knopf. Der große, hinten hals- artig verengte Kopf duckt sich zum Theil unter das fast kreisrunde, breitrandige Halsschild. Die gestutzten Flügeldecken lassen die drei letzten Leibesglieder frei. Die kräftigen Beine, deren
Die Käfer. Aaskäfer.
Ameiſe auf ihren Geſchäftswegen einem Keulenkäfer begegnet, deren mehrere an verſchiedenen Stellen des Baues zwiſchen ihnen umherkriechen, oder in den Gängen ſtill ſitzen, beleckt ſie ihn auf dem Rücken unter fortwährenden Liebkoſungen mit den Fühlern, welche der Käfer durch die feinigen erwiedert, vor allem aber iſt es jener Haarbüſchel, welchen ſie mehrere Mal in den Mund nimmt, um ihn auszuſaugen. Die Ameiſen ihrerſeits bleiben nicht unerkenntlich für den empfangenen Genuß. Hat ſich eine geſättigt, ſo theilt ſie dem blinden Keulenkäfer davon mit. Begegnet ſie einem und er erhebt den Kopf gegen ſie, ſo findet die gewöhnliche Begrüßung, das gegenſeitige Betaſten mit den Fühlern ſtatt, ſodann küſſen ſich beide, um ſo zu ſagen, und die Ameiſe läßt aus ihrem Munde Saft von dem Käfer auflecken. Dieſe Fütterung dauert acht bis zehn Sekunden und endet damit, daß jedes durch Aus- und Einziehen der Theile ſeines Mundes ſich dieſen wiſcht und den Weg dann weiter fortſetzt. Wunderbar! Die Keulenkäfer ſind einzig und allein auf gewiſſe Ameiſenarten angewieſen, welche letztere ſie aus angeborenem Triebe und aus Dank- barkeit für gewiſſe Genüſſe als ihre Pfleglinge lieben, ſchützen, ernähren; ſie, die Käfer, durch den Mangel der Augen und Flügel hilfloſer als andere, können eben nur in Ameiſenneſtern leben, woſelbſt ſie ſich fortpflanzen und ſterben, ohne ſie je verlaſſen zu haben. Wer hätte ſolche Proben aufopfernder Freundſchaft bei biſſigen Ameiſen, verborgen unter Steinen geſucht?
Unter Uebergehung der kleinen Scydmäniden, welche ſich hauptſächlich nur durch ihre Flügel- loſigkeit von den vorigen unterſcheiden, in Körpertracht, Lebensweiſe mit ihnen übereinſtimmen und vorzugsweiſe in ihren ungefähr 90 Arten Ameiſenfreunde zu ſein ſcheinen, wenden wir uns zu unſerer achten Familie, den Aaskäfern (Silphidae oder Silphales). Verſchieden in Größe und Körperbau, läßt ſich in der allgemeinen Schilderung von ihnen nur ausſagen, daß die gewöhnlich elfgliederigen Fühler ſich allmälig gegen die Spitze hin verdicken oder daſelbſt einen ſcharf abge- ſetzten Endknopf tragen, beide Unterkieferlappen deutlich unterſcheidbar, hornig oder häutig ſind, die Zunge zweilappig, und die Flügeldecken meiſt bis zur Hinterleibsſpitze reichen. Durch die frei heraustretenden, kegelförmigen Hüften der vier vorderen Beine und ſechs frei beweglichen Bauch- ringe unterſcheiden ſie ſich von allen anderen pentameren Käfern mit keulenförmigen Fühlhörnern. Sie finden ſich ſämmtlich an Thierleichen ein, ſei es, um ſelbſt davon zu zehren, ſei es, um ihre Eier an dieſelben zu legen, und beſitzen als Aasfreunde die Eigenſchaft, einen ſtinkenden Saft aus dem After oder dem Maule oder aus beiden zugleich von ſich zu geben, wenn man ſie anfaßt. Jn Ermangelung jener Leckerbiſſen gehen ſie auch faulenden Pflanzenſtoffen nach oder greifen lebende Jnſekten an, ihres Gleichen nicht verſchonend. Jhre Bewegungen ſind flink und ihr Geruchsſinn entſchieden ſehr entwickelt; denn aus weiter Ferne kommen ſie, durch denſelben geleitet, herbeigeflogen, wo ein todter Vogel, ein verendetes Kaninchen, ein Maulwurf u. a. ihren Ver- weſungsprozeß beginnen. Man kennt gegen dreihundert Arten, welche überall auf der Erde vertheilt ſind, in der gemäßigten Zone aber am zahlreichſten vertreten zu ſein ſcheinen. Die Larven ſtimmen in der Lebensweiſe überein, unter ſich und mit den Käfern, aber nicht, wie ſich bei der Verſchiedenheit dieſer erwarten läßt, in den äußeren Formen, darum werden wir auf ſie bei den einzelnen Gattungen zurückkommen.
Der gemeine Todtengräber (Necrophorus vespillo) hat mit ſeinen etwa vierzig Gattungs- genoſſen, von welchen die meiſten in Europa und Nordamerika leben, folgende Merkmale gemein. Die vier letzten der zehn Fühlerglieder bilden einen kugeligen Knopf. Der große, hinten hals- artig verengte Kopf duckt ſich zum Theil unter das faſt kreisrunde, breitrandige Halsſchild. Die geſtutzten Flügeldecken laſſen die drei letzten Leibesglieder frei. Die kräftigen Beine, deren
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Die Käfer. Aaskäfer.
Ameiſe auf ihren Geſchäftswegen einem Keulenkäfer begegnet, deren mehrere an verſchiedenen Stellen
des Baues zwiſchen ihnen umherkriechen, oder in den Gängen ſtill ſitzen, beleckt ſie ihn auf dem
Rücken unter fortwährenden Liebkoſungen mit den Fühlern, welche der Käfer durch die feinigen
erwiedert, vor allem aber iſt es jener Haarbüſchel, welchen ſie mehrere Mal in den Mund nimmt,
um ihn auszuſaugen. Die Ameiſen ihrerſeits bleiben nicht unerkenntlich für den empfangenen
Genuß. Hat ſich eine geſättigt, ſo theilt ſie dem blinden Keulenkäfer davon mit. Begegnet ſie
einem und er erhebt den Kopf gegen ſie, ſo findet die gewöhnliche Begrüßung, das gegenſeitige
Betaſten mit den Fühlern ſtatt, ſodann küſſen ſich beide, um ſo zu ſagen, und die Ameiſe läßt
aus ihrem Munde Saft von dem Käfer auflecken. Dieſe Fütterung dauert acht bis zehn Sekunden
und endet damit, daß jedes durch Aus- und Einziehen der Theile ſeines Mundes ſich dieſen wiſcht
und den Weg dann weiter fortſetzt. Wunderbar! Die Keulenkäfer ſind einzig und allein auf
gewiſſe Ameiſenarten angewieſen, welche letztere ſie aus angeborenem Triebe und aus Dank-
barkeit für gewiſſe Genüſſe als ihre Pfleglinge lieben, ſchützen, ernähren; ſie, die Käfer, durch
den Mangel der Augen und Flügel hilfloſer als andere, können eben nur in Ameiſenneſtern leben,
woſelbſt ſie ſich fortpflanzen und ſterben, ohne ſie je verlaſſen zu haben. Wer hätte ſolche Proben
aufopfernder Freundſchaft bei biſſigen Ameiſen, verborgen unter Steinen geſucht?
Unter Uebergehung der kleinen Scydmäniden, welche ſich hauptſächlich nur durch ihre Flügel-
loſigkeit von den vorigen unterſcheiden, in Körpertracht, Lebensweiſe mit ihnen übereinſtimmen
und vorzugsweiſe in ihren ungefähr 90 Arten Ameiſenfreunde zu ſein ſcheinen, wenden wir uns
zu unſerer achten Familie, den Aaskäfern (Silphidae oder Silphales). Verſchieden in Größe
und Körperbau, läßt ſich in der allgemeinen Schilderung von ihnen nur ausſagen, daß die gewöhnlich
elfgliederigen Fühler ſich allmälig gegen die Spitze hin verdicken oder daſelbſt einen ſcharf abge-
ſetzten Endknopf tragen, beide Unterkieferlappen deutlich unterſcheidbar, hornig oder häutig ſind,
die Zunge zweilappig, und die Flügeldecken meiſt bis zur Hinterleibsſpitze reichen. Durch die frei
heraustretenden, kegelförmigen Hüften der vier vorderen Beine und ſechs frei beweglichen Bauch-
ringe unterſcheiden ſie ſich von allen anderen pentameren Käfern mit keulenförmigen Fühlhörnern.
Sie finden ſich ſämmtlich an Thierleichen ein, ſei es, um ſelbſt davon zu zehren, ſei es, um ihre
Eier an dieſelben zu legen, und beſitzen als Aasfreunde die Eigenſchaft, einen ſtinkenden Saft aus
dem After oder dem Maule oder aus beiden zugleich von ſich zu geben, wenn man ſie anfaßt.
Jn Ermangelung jener Leckerbiſſen gehen ſie auch faulenden Pflanzenſtoffen nach oder greifen
lebende Jnſekten an, ihres Gleichen nicht verſchonend. Jhre Bewegungen ſind flink und ihr
Geruchsſinn entſchieden ſehr entwickelt; denn aus weiter Ferne kommen ſie, durch denſelben geleitet,
herbeigeflogen, wo ein todter Vogel, ein verendetes Kaninchen, ein Maulwurf u. a. ihren Ver-
weſungsprozeß beginnen. Man kennt gegen dreihundert Arten, welche überall auf der Erde
vertheilt ſind, in der gemäßigten Zone aber am zahlreichſten vertreten zu ſein ſcheinen. Die
Larven ſtimmen in der Lebensweiſe überein, unter ſich und mit den Käfern, aber nicht, wie ſich
bei der Verſchiedenheit dieſer erwarten läßt, in den äußeren Formen, darum werden wir auf ſie
bei den einzelnen Gattungen zurückkommen.
Der gemeine Todtengräber (Necrophorus vespillo) hat mit ſeinen etwa vierzig Gattungs-
genoſſen, von welchen die meiſten in Europa und Nordamerika leben, folgende Merkmale gemein.
Die vier letzten der zehn Fühlerglieder bilden einen kugeligen Knopf. Der große, hinten hals-
artig verengte Kopf duckt ſich zum Theil unter das faſt kreisrunde, breitrandige Halsſchild.
Die geſtutzten Flügeldecken laſſen die drei letzten Leibesglieder frei. Die kräftigen Beine, deren
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/70>, abgerufen am 23.11.2024.
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