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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Kiemenfüßer. Blattfüßer. Wasserflöhe.
"schaumgebornen" Aphrodite gebracht worden ist. Auf seiner Reise in Cypern besuchte er auch
die wenigen Ruinen der Stätten, welche berühmte Heiligthümer der cyprischen Liebesgöttin waren.
Angeregt in diesen klassischen Umgebungen zur Nachforschung, welche physikalische, natürliche
Erscheinungen etwa zur Entstehung der Sage beigetragen hätten, wurde die Aufmerksamkeit auf die
wirkliche Schaumbildung gelenkt. "Vor Allem steht fest", sagt Unger in seiner Beschreibung der
Jnsel Cypern, "daß eine Schaumbildung, wie sie an den Küsten von Paphos -- dem einstigen
berühmten Heiligthum der Aphrodite -- wahrgenommen wird, kaum irgend wo anders in diesem
Grade und in dieser Beschaffenheit vorkommt und daher wohl zur Entstehung jener Vorstellung
wesentlich beigetragen haben mag."

"Schon während meines ersten Aufenthaltes in Larnaka habe ich es nicht unterlassen, an dem
nahen Salzsee dem im Monate März und Anfangs April in großer Menge an seine Ufer heran-
getriebenen Schaume meine Aufmerksamkeit zuzuwenden. Derselbe umsäumt einen Theil des Ufers
mit einem weißen beweglichen Streifen und erscheint bei einer näheren Betrachtung aus kleinen
blendend weißen, dicht aneinander liegenden und nicht leicht vergänglichen Bläschen zusammen-
gesetzt." -- "Schon beim Auflesen, was mit einem Jnsektenfänger geschah, und dem Zusammen-
ballen des Schaumes mit den Händen, gewahrte ich, daß der feine Schaum eine Menge kleiner,
wie Sand anzufühlender Körnchen enthielt. Die Untersuchung des nach Hause gebrachten Schaumes
zeigte zu meiner Verwunderung statt des muthmaßlichen Ufersandes Myriaden von Eiern, die an
Volumen die andre weißliche zwischen ihnen vorhandene Substanz bei weitem übertraf. Es unterlag
nicht großen Schwierigkeiten, diese Eier, die vollkommen gut und lebensfähig waren, als diejenigen
eines Krusters und zwar der in dieser Gegend häufigen kleinen Krabbe Pilumnus hirtellus (eine
Bogenkrabbe) zu erkennen. Die ungeheure Menge dieser Eier läßt vermuthen, daß diese Krabbe
zur Brutzeit von dem nahen Meere nach dem Salzsee kommt, um da ihre Eier abzusetzen. Da
ein Kubikzoll über eine Million solcher Eier enthält, der flache Rand des Sees aber auf Strecken
von einer halben Meile 1 Zoll hoch blos mit solchen Eiern bedeckt ist, so läßt sich daraus auf die
unendliche Fruchtbarkeit dieser Thiere ein Schluß ziehen."

"Außer diesen Eiern von Pilumnus war der Schaum indeß noch von einer weißen häutigen
und einer mehr formlosen schleimigen Substanz gebildet, ja diese schleimige Masse ist als das
eigentliche Substrat des Schaumes anzusehn, ohne welchen seine Bildung unmöglich wäre." --
"Den bei weitem größten Antheil daran hatten zwei Thiere, die gleichfalls zu den Krebsen
gehören und dort, wo sie vorkommen, sich stets einer ungeheuren Verbreitung erfreuen, d. i. Artemia
salina
und eine Cypridina (siehe diese Gattung weiter unten S. 662.). Es gelang mir sowohl von
der einen wie von der andern ziemlich unverletzte Thierkörper herauszufinden, meistentheils jedoch
nur Bruchstücke, die sich leicht deuten ließen, nachdem einmal die Vergleichungspunkte gefunden
waren. Wenn man weiß, daß die Artemie sowohl in künstlichen, als in natürlichen Salinen
zuweilen in solcher Menge vorkömmt, daß mehr Thierkörper als Wassertropfen vorhanden sind, wenn
man erfährt, daß dieselbe, obgleich ein kleines fast mikroskopisches Thierchen, im Jnnern Afrikas
durch seine ungeheure Menge sogar als Nahrungsmittel benutzt werden kann, so ergab sich wohl
von selbst, daß ihr Auftreten und ihre Zersetzung in dem seichten Salzsee von Larnaka eine große
Menge schleimiger Substanzen liefern konnte. Das Gleiche kann auch von Cypridina gesagt
werden, die jedoch eigentlich ein Meeresthier ist und sich in diesem Salzsee nur nebenbei findet."

Nachdem unser berühmter Gewährsmann auf die analogen Uferbildungen in der unmittel-
baren Nähe von Paphos hingewiesen, wo sich "jährlich zur Zeit der Winterstürme vorzüglich an
dem Hügel, worauf einst der Tempel der Schaumgebornen stand, halbmannshohe dichte weiße
Schaummassen sammeln, die nicht selten vom Winde landeinwärts getragen werden", schließt er so:
"Daraus ist demnach ersichtlich, daß die Ansammlung von Meeresschaum an diesem Gestade eine
sehr in die Augen springende Erscheinung ist, es auch früherhin war, und daher allerdings der
Ansicht von der Entstehung der Aphrodite zu Grunde liegen kann, und zwar um so mehr, als

Kiemenfüßer. Blattfüßer. Waſſerflöhe.
„ſchaumgebornen“ Aphrodite gebracht worden iſt. Auf ſeiner Reiſe in Cypern beſuchte er auch
die wenigen Ruinen der Stätten, welche berühmte Heiligthümer der cypriſchen Liebesgöttin waren.
Angeregt in dieſen klaſſiſchen Umgebungen zur Nachforſchung, welche phyſikaliſche, natürliche
Erſcheinungen etwa zur Entſtehung der Sage beigetragen hätten, wurde die Aufmerkſamkeit auf die
wirkliche Schaumbildung gelenkt. „Vor Allem ſteht feſt“, ſagt Unger in ſeiner Beſchreibung der
Jnſel Cypern, „daß eine Schaumbildung, wie ſie an den Küſten von Paphos — dem einſtigen
berühmten Heiligthum der Aphrodite — wahrgenommen wird, kaum irgend wo anders in dieſem
Grade und in dieſer Beſchaffenheit vorkommt und daher wohl zur Entſtehung jener Vorſtellung
weſentlich beigetragen haben mag.“

„Schon während meines erſten Aufenthaltes in Larnaka habe ich es nicht unterlaſſen, an dem
nahen Salzſee dem im Monate März und Anfangs April in großer Menge an ſeine Ufer heran-
getriebenen Schaume meine Aufmerkſamkeit zuzuwenden. Derſelbe umſäumt einen Theil des Ufers
mit einem weißen beweglichen Streifen und erſcheint bei einer näheren Betrachtung aus kleinen
blendend weißen, dicht aneinander liegenden und nicht leicht vergänglichen Bläschen zuſammen-
geſetzt.“ — „Schon beim Aufleſen, was mit einem Jnſektenfänger geſchah, und dem Zuſammen-
ballen des Schaumes mit den Händen, gewahrte ich, daß der feine Schaum eine Menge kleiner,
wie Sand anzufühlender Körnchen enthielt. Die Unterſuchung des nach Hauſe gebrachten Schaumes
zeigte zu meiner Verwunderung ſtatt des muthmaßlichen Uferſandes Myriaden von Eiern, die an
Volumen die andre weißliche zwiſchen ihnen vorhandene Subſtanz bei weitem übertraf. Es unterlag
nicht großen Schwierigkeiten, dieſe Eier, die vollkommen gut und lebensfähig waren, als diejenigen
eines Kruſters und zwar der in dieſer Gegend häufigen kleinen Krabbe Pilumnus hirtellus (eine
Bogenkrabbe) zu erkennen. Die ungeheure Menge dieſer Eier läßt vermuthen, daß dieſe Krabbe
zur Brutzeit von dem nahen Meere nach dem Salzſee kommt, um da ihre Eier abzuſetzen. Da
ein Kubikzoll über eine Million ſolcher Eier enthält, der flache Rand des Sees aber auf Strecken
von einer halben Meile 1 Zoll hoch blos mit ſolchen Eiern bedeckt iſt, ſo läßt ſich daraus auf die
unendliche Fruchtbarkeit dieſer Thiere ein Schluß ziehen.“

„Außer dieſen Eiern von Pilumnus war der Schaum indeß noch von einer weißen häutigen
und einer mehr formloſen ſchleimigen Subſtanz gebildet, ja dieſe ſchleimige Maſſe iſt als das
eigentliche Subſtrat des Schaumes anzuſehn, ohne welchen ſeine Bildung unmöglich wäre.“ —
„Den bei weitem größten Antheil daran hatten zwei Thiere, die gleichfalls zu den Krebſen
gehören und dort, wo ſie vorkommen, ſich ſtets einer ungeheuren Verbreitung erfreuen, d. i. Artemia
salina
und eine Cypridina (ſiehe dieſe Gattung weiter unten S. 662.). Es gelang mir ſowohl von
der einen wie von der andern ziemlich unverletzte Thierkörper herauszufinden, meiſtentheils jedoch
nur Bruchſtücke, die ſich leicht deuten ließen, nachdem einmal die Vergleichungspunkte gefunden
waren. Wenn man weiß, daß die Artemie ſowohl in künſtlichen, als in natürlichen Salinen
zuweilen in ſolcher Menge vorkömmt, daß mehr Thierkörper als Waſſertropfen vorhanden ſind, wenn
man erfährt, daß dieſelbe, obgleich ein kleines faſt mikroſkopiſches Thierchen, im Jnnern Afrikas
durch ſeine ungeheure Menge ſogar als Nahrungsmittel benutzt werden kann, ſo ergab ſich wohl
von ſelbſt, daß ihr Auftreten und ihre Zerſetzung in dem ſeichten Salzſee von Larnaka eine große
Menge ſchleimiger Subſtanzen liefern konnte. Das Gleiche kann auch von Cypridina geſagt
werden, die jedoch eigentlich ein Meeresthier iſt und ſich in dieſem Salzſee nur nebenbei findet.“

Nachdem unſer berühmter Gewährsmann auf die analogen Uferbildungen in der unmittel-
baren Nähe von Paphos hingewieſen, wo ſich „jährlich zur Zeit der Winterſtürme vorzüglich an
dem Hügel, worauf einſt der Tempel der Schaumgebornen ſtand, halbmannshohe dichte weiße
Schaummaſſen ſammeln, die nicht ſelten vom Winde landeinwärts getragen werden“, ſchließt er ſo:
„Daraus iſt demnach erſichtlich, daß die Anſammlung von Meeresſchaum an dieſem Geſtade eine
ſehr in die Augen ſpringende Erſcheinung iſt, es auch früherhin war, und daher allerdings der
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[658/0702] Kiemenfüßer. Blattfüßer. Waſſerflöhe. „ſchaumgebornen“ Aphrodite gebracht worden iſt. Auf ſeiner Reiſe in Cypern beſuchte er auch die wenigen Ruinen der Stätten, welche berühmte Heiligthümer der cypriſchen Liebesgöttin waren. Angeregt in dieſen klaſſiſchen Umgebungen zur Nachforſchung, welche phyſikaliſche, natürliche Erſcheinungen etwa zur Entſtehung der Sage beigetragen hätten, wurde die Aufmerkſamkeit auf die wirkliche Schaumbildung gelenkt. „Vor Allem ſteht feſt“, ſagt Unger in ſeiner Beſchreibung der Jnſel Cypern, „daß eine Schaumbildung, wie ſie an den Küſten von Paphos — dem einſtigen berühmten Heiligthum der Aphrodite — wahrgenommen wird, kaum irgend wo anders in dieſem Grade und in dieſer Beſchaffenheit vorkommt und daher wohl zur Entſtehung jener Vorſtellung weſentlich beigetragen haben mag.“ „Schon während meines erſten Aufenthaltes in Larnaka habe ich es nicht unterlaſſen, an dem nahen Salzſee dem im Monate März und Anfangs April in großer Menge an ſeine Ufer heran- getriebenen Schaume meine Aufmerkſamkeit zuzuwenden. Derſelbe umſäumt einen Theil des Ufers mit einem weißen beweglichen Streifen und erſcheint bei einer näheren Betrachtung aus kleinen blendend weißen, dicht aneinander liegenden und nicht leicht vergänglichen Bläschen zuſammen- geſetzt.“ — „Schon beim Aufleſen, was mit einem Jnſektenfänger geſchah, und dem Zuſammen- ballen des Schaumes mit den Händen, gewahrte ich, daß der feine Schaum eine Menge kleiner, wie Sand anzufühlender Körnchen enthielt. Die Unterſuchung des nach Hauſe gebrachten Schaumes zeigte zu meiner Verwunderung ſtatt des muthmaßlichen Uferſandes Myriaden von Eiern, die an Volumen die andre weißliche zwiſchen ihnen vorhandene Subſtanz bei weitem übertraf. Es unterlag nicht großen Schwierigkeiten, dieſe Eier, die vollkommen gut und lebensfähig waren, als diejenigen eines Kruſters und zwar der in dieſer Gegend häufigen kleinen Krabbe Pilumnus hirtellus (eine Bogenkrabbe) zu erkennen. Die ungeheure Menge dieſer Eier läßt vermuthen, daß dieſe Krabbe zur Brutzeit von dem nahen Meere nach dem Salzſee kommt, um da ihre Eier abzuſetzen. Da ein Kubikzoll über eine Million ſolcher Eier enthält, der flache Rand des Sees aber auf Strecken von einer halben Meile 1 Zoll hoch blos mit ſolchen Eiern bedeckt iſt, ſo läßt ſich daraus auf die unendliche Fruchtbarkeit dieſer Thiere ein Schluß ziehen.“ „Außer dieſen Eiern von Pilumnus war der Schaum indeß noch von einer weißen häutigen und einer mehr formloſen ſchleimigen Subſtanz gebildet, ja dieſe ſchleimige Maſſe iſt als das eigentliche Subſtrat des Schaumes anzuſehn, ohne welchen ſeine Bildung unmöglich wäre.“ — „Den bei weitem größten Antheil daran hatten zwei Thiere, die gleichfalls zu den Krebſen gehören und dort, wo ſie vorkommen, ſich ſtets einer ungeheuren Verbreitung erfreuen, d. i. Artemia salina und eine Cypridina (ſiehe dieſe Gattung weiter unten S. 662.). Es gelang mir ſowohl von der einen wie von der andern ziemlich unverletzte Thierkörper herauszufinden, meiſtentheils jedoch nur Bruchſtücke, die ſich leicht deuten ließen, nachdem einmal die Vergleichungspunkte gefunden waren. Wenn man weiß, daß die Artemie ſowohl in künſtlichen, als in natürlichen Salinen zuweilen in ſolcher Menge vorkömmt, daß mehr Thierkörper als Waſſertropfen vorhanden ſind, wenn man erfährt, daß dieſelbe, obgleich ein kleines faſt mikroſkopiſches Thierchen, im Jnnern Afrikas durch ſeine ungeheure Menge ſogar als Nahrungsmittel benutzt werden kann, ſo ergab ſich wohl von ſelbſt, daß ihr Auftreten und ihre Zerſetzung in dem ſeichten Salzſee von Larnaka eine große Menge ſchleimiger Subſtanzen liefern konnte. Das Gleiche kann auch von Cypridina geſagt werden, die jedoch eigentlich ein Meeresthier iſt und ſich in dieſem Salzſee nur nebenbei findet.“ Nachdem unſer berühmter Gewährsmann auf die analogen Uferbildungen in der unmittel- baren Nähe von Paphos hingewieſen, wo ſich „jährlich zur Zeit der Winterſtürme vorzüglich an dem Hügel, worauf einſt der Tempel der Schaumgebornen ſtand, halbmannshohe dichte weiße Schaummaſſen ſammeln, die nicht ſelten vom Winde landeinwärts getragen werden“, ſchließt er ſo: „Daraus iſt demnach erſichtlich, daß die Anſammlung von Meeresſchaum an dieſem Geſtade eine ſehr in die Augen ſpringende Erſcheinung iſt, es auch früherhin war, und daher allerdings der Anſicht von der Entſtehung der Aphrodite zu Grunde liegen kann, und zwar um ſo mehr, als

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 658. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/702>, abgerufen am 23.11.2024.