schwimmenden Formen hervorzuheben, daß ihre vorderen Fühlhörner ein Paar mächtige Ruder- organe bilden und der Körper mit zwei gablig auseinander stehenden Platten endigt, an deren Spitze mehrere lange Schwanzborsten aufsitzen.
Die Entwicklung ist mit einer auffallenden, bei vielen Schmarotzerkrebsen rückschreitenden, d. h. in einer Verkümmerung gewisser Körpertheile sich aussprechenden Verwandlung verbunden. Die Larven von ovalem Körper, mit einpaarem Stirnauge und drei Paaren von Gliedmaßen in der Umgebung des Mundes, wurden, wie dieß gar manchen Jugendformen niederer Thiere begegnet, für eine eigne Thiergattung gehalten und mit dem Namen Nauplius belegt. Mit einer Reihe von Häutungen ist ein allmäliges, knospenartiges Hervorsprossen der Leibes- und Hinterleibsringe und ihrer Gliedmaßen verbunden. Manche Schmarotzerkrebse setzen sich aber unmittelbar nach der ersten Häutung fest oder nachdem ihre Gliederung nach einigen Häutungen schon weiter vor- geschritten ist, verlieren alsdann an ihrem ganz eiförmig werdenden Körper alle Gliederung und ihre Ruderfüße bleiben entweder als kleine Stummel erhalten oder gerathen auch, wie der öster- reichische Canzleistil sagt: "in Verstoß". Bei diesen, für ihre ganze Lebenszeit an einer Stelle ihres gastlichen und von ihnen geplagten Wohnthieres festgehefteten Schmarotzern ist auch das Auge geschwunden, das ihnen während der schwärmerischen Jugendzeit von Nutzen war. Die
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Larven von Cyclops.
schönen Anlagen der Jugend sind eben nicht entfaltet; es hätte etwas Rechtes, nämlich ein wirklicher, bis zu seinem Tode sich munter tummelnder Spaltfüßler werden können, es wurde aber nur ein elender, seine Jugend Lügen strafender, einem seiner Mitthiere zur Last fallender Taugenichts und unbehülflicher Freßsack daraus.
Man spricht jetzt in der wissenschaftlichen Welt schlechthin von der Nauplius-Entwicklung dieser und anderer niederer Krebse und von der Zoea-Entwicklung der höheren, die uns oben bei den Krabben bekannt geworden. Unser Freund Fr. Müller, dessen feine Beobachtungen und Bemerkungen wir wiederholt angezogen, hat die Meinung ausgesprochen, daß die niedrigsten Krebse, mit denen in den ältesten, vorweltlichen Zeiten das Leben der Klasse begonnen, diese Naupliusform gehabt hätten. Wir dürfen zwar nicht hoffen, solche zarte Körperchen einst noch zur Bestätigung jenes Gedankens konservirt zu finden. Allein eine merkwürdige Entdeckung Müllers hat wirklich zur Bewahrheitung wesentlich beigetragen. Unter der von vielen positiven Thatsachen gestützten Voraussetzung, daß die Entwicklungs- und Jugendzustände der heute lebenden Thiere an die vorweltlichen Vorläufer und Voreltern derselben erinnern, hoffte der nach Bestätigungen der Darwinschen Lehre suchende Naturforscher wenigstens den einen und den anderen höheren Krebs zu finden, dessen Entwicklung nicht blos durch die Zoeaform ginge, sondern, mit der Nau- pliusform beginnend, eine nun vollständige, kurze Rekapitulation seiner ganzen Urgeschichte und urhistorischen Entwicklung vor Augen führte. Er suchte und fand: eine bei Desterro lebende Garneele kommt in der Naupliusform aus dem Ei und geht erst aus dieser in die Zoeaform über.
Die freischwimmenden Spaltfüßler (Copepoda) haben kauende Mundwerkzeuge. Ueber ihre Lebensweise läßt sich Claus, ihr genanester Kenner, so vernehmen. "Sie beleben sowohl die mit Pflanzenwuchs erfüllten süßen Gewässer, als die Seen und das offene Meer, in deren unendlich reicher, unerschöpflichen Fauna diesen Thieren eine wesentliche Bedeutung für den Haushalt des Lebens zufällt. Hier treten sie nicht nur in weit manchfaltigern Formen und unter äußerst wechselnden Bedingungen des Baues auf, sondern zugleich massenhaft in ungeheuern Schaaren, von denen Fische und selbst die größten Wasserthiere ihren Unterhalt nehmen können. Schon in Landseen, in den Gebirgsseen Baierns und im Bodensee sollen nach Leydig die Cyclopiden neben
Spaltfüßler. Copepoden.
ſchwimmenden Formen hervorzuheben, daß ihre vorderen Fühlhörner ein Paar mächtige Ruder- organe bilden und der Körper mit zwei gablig auseinander ſtehenden Platten endigt, an deren Spitze mehrere lange Schwanzborſten aufſitzen.
Die Entwicklung iſt mit einer auffallenden, bei vielen Schmarotzerkrebſen rückſchreitenden, d. h. in einer Verkümmerung gewiſſer Körpertheile ſich ausſprechenden Verwandlung verbunden. Die Larven von ovalem Körper, mit einpaarem Stirnauge und drei Paaren von Gliedmaßen in der Umgebung des Mundes, wurden, wie dieß gar manchen Jugendformen niederer Thiere begegnet, für eine eigne Thiergattung gehalten und mit dem Namen Nauplius belegt. Mit einer Reihe von Häutungen iſt ein allmäliges, knospenartiges Hervorſproſſen der Leibes- und Hinterleibsringe und ihrer Gliedmaßen verbunden. Manche Schmarotzerkrebſe ſetzen ſich aber unmittelbar nach der erſten Häutung feſt oder nachdem ihre Gliederung nach einigen Häutungen ſchon weiter vor- geſchritten iſt, verlieren alsdann an ihrem ganz eiförmig werdenden Körper alle Gliederung und ihre Ruderfüße bleiben entweder als kleine Stummel erhalten oder gerathen auch, wie der öſter- reichiſche Canzleiſtil ſagt: „in Verſtoß“. Bei dieſen, für ihre ganze Lebenszeit an einer Stelle ihres gaſtlichen und von ihnen geplagten Wohnthieres feſtgehefteten Schmarotzern iſt auch das Auge geſchwunden, das ihnen während der ſchwärmeriſchen Jugendzeit von Nutzen war. Die
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Larven von Cyclops.
ſchönen Anlagen der Jugend ſind eben nicht entfaltet; es hätte etwas Rechtes, nämlich ein wirklicher, bis zu ſeinem Tode ſich munter tummelnder Spaltfüßler werden können, es wurde aber nur ein elender, ſeine Jugend Lügen ſtrafender, einem ſeiner Mitthiere zur Laſt fallender Taugenichts und unbehülflicher Freßſack daraus.
Man ſpricht jetzt in der wiſſenſchaftlichen Welt ſchlechthin von der Nauplius-Entwicklung dieſer und anderer niederer Krebſe und von der Zoea-Entwicklung der höheren, die uns oben bei den Krabben bekannt geworden. Unſer Freund Fr. Müller, deſſen feine Beobachtungen und Bemerkungen wir wiederholt angezogen, hat die Meinung ausgeſprochen, daß die niedrigſten Krebſe, mit denen in den älteſten, vorweltlichen Zeiten das Leben der Klaſſe begonnen, dieſe Naupliusform gehabt hätten. Wir dürfen zwar nicht hoffen, ſolche zarte Körperchen einſt noch zur Beſtätigung jenes Gedankens konſervirt zu finden. Allein eine merkwürdige Entdeckung Müllers hat wirklich zur Bewahrheitung weſentlich beigetragen. Unter der von vielen poſitiven Thatſachen geſtützten Vorausſetzung, daß die Entwicklungs- und Jugendzuſtände der heute lebenden Thiere an die vorweltlichen Vorläufer und Voreltern derſelben erinnern, hoffte der nach Beſtätigungen der Darwinſchen Lehre ſuchende Naturforſcher wenigſtens den einen und den anderen höheren Krebs zu finden, deſſen Entwicklung nicht blos durch die Zoeaform ginge, ſondern, mit der Nau- pliusform beginnend, eine nun vollſtändige, kurze Rekapitulation ſeiner ganzen Urgeſchichte und urhiſtoriſchen Entwicklung vor Augen führte. Er ſuchte und fand: eine bei Desterro lebende Garneele kommt in der Naupliusform aus dem Ei und geht erſt aus dieſer in die Zoeaform über.
Die freiſchwimmenden Spaltfüßler (Copepoda) haben kauende Mundwerkzeuge. Ueber ihre Lebensweiſe läßt ſich Claus, ihr genaneſter Kenner, ſo vernehmen. „Sie beleben ſowohl die mit Pflanzenwuchs erfüllten ſüßen Gewäſſer, als die Seen und das offene Meer, in deren unendlich reicher, unerſchöpflichen Fauna dieſen Thieren eine weſentliche Bedeutung für den Haushalt des Lebens zufällt. Hier treten ſie nicht nur in weit manchfaltigern Formen und unter äußerſt wechſelnden Bedingungen des Baues auf, ſondern zugleich maſſenhaft in ungeheuern Schaaren, von denen Fiſche und ſelbſt die größten Waſſerthiere ihren Unterhalt nehmen können. Schon in Landſeen, in den Gebirgsſeen Baierns und im Bodenſee ſollen nach Leydig die Cyclopiden neben
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Spaltfüßler. Copepoden.
ſchwimmenden Formen hervorzuheben, daß ihre vorderen Fühlhörner ein Paar mächtige Ruder-
organe bilden und der Körper mit zwei gablig auseinander ſtehenden Platten endigt, an deren
Spitze mehrere lange Schwanzborſten aufſitzen.
Die Entwicklung iſt mit einer auffallenden, bei vielen Schmarotzerkrebſen rückſchreitenden,
d. h. in einer Verkümmerung gewiſſer Körpertheile ſich ausſprechenden Verwandlung verbunden.
Die Larven von ovalem Körper, mit einpaarem Stirnauge und drei Paaren von Gliedmaßen in
der Umgebung des Mundes, wurden, wie dieß gar manchen Jugendformen niederer Thiere begegnet,
für eine eigne Thiergattung gehalten und mit dem Namen Nauplius belegt. Mit einer Reihe
von Häutungen iſt ein allmäliges, knospenartiges Hervorſproſſen der Leibes- und Hinterleibsringe
und ihrer Gliedmaßen verbunden. Manche Schmarotzerkrebſe ſetzen ſich aber unmittelbar nach
der erſten Häutung feſt oder nachdem ihre Gliederung nach einigen Häutungen ſchon weiter vor-
geſchritten iſt, verlieren alsdann an ihrem ganz eiförmig werdenden Körper alle Gliederung und
ihre Ruderfüße bleiben entweder als kleine Stummel erhalten oder gerathen auch, wie der öſter-
reichiſche Canzleiſtil ſagt: „in Verſtoß“. Bei dieſen, für ihre ganze Lebenszeit an einer Stelle
ihres gaſtlichen und von ihnen geplagten Wohnthieres feſtgehefteten Schmarotzern iſt auch das
Auge geſchwunden, das ihnen während der ſchwärmeriſchen Jugendzeit von Nutzen war. Die
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ſchönen Anlagen der Jugend ſind eben nicht entfaltet; es hätte
etwas Rechtes, nämlich ein wirklicher, bis zu ſeinem Tode ſich
munter tummelnder Spaltfüßler werden können, es wurde aber
nur ein elender, ſeine Jugend Lügen ſtrafender, einem ſeiner
Mitthiere zur Laſt fallender Taugenichts und unbehülflicher
Freßſack daraus.
Man ſpricht jetzt in der wiſſenſchaftlichen Welt ſchlechthin von
der Nauplius-Entwicklung dieſer und anderer niederer Krebſe
und von der Zoea-Entwicklung der höheren, die uns oben bei
den Krabben bekannt geworden. Unſer Freund Fr. Müller,
deſſen feine Beobachtungen und Bemerkungen wir wiederholt
angezogen, hat die Meinung ausgeſprochen, daß die niedrigſten
Krebſe, mit denen in den älteſten, vorweltlichen Zeiten das Leben der Klaſſe begonnen, dieſe
Naupliusform gehabt hätten. Wir dürfen zwar nicht hoffen, ſolche zarte Körperchen einſt noch zur
Beſtätigung jenes Gedankens konſervirt zu finden. Allein eine merkwürdige Entdeckung Müllers
hat wirklich zur Bewahrheitung weſentlich beigetragen. Unter der von vielen poſitiven Thatſachen
geſtützten Vorausſetzung, daß die Entwicklungs- und Jugendzuſtände der heute lebenden Thiere
an die vorweltlichen Vorläufer und Voreltern derſelben erinnern, hoffte der nach Beſtätigungen
der Darwinſchen Lehre ſuchende Naturforſcher wenigſtens den einen und den anderen höheren
Krebs zu finden, deſſen Entwicklung nicht blos durch die Zoeaform ginge, ſondern, mit der Nau-
pliusform beginnend, eine nun vollſtändige, kurze Rekapitulation ſeiner ganzen Urgeſchichte und
urhiſtoriſchen Entwicklung vor Augen führte. Er ſuchte und fand: eine bei Desterro lebende
Garneele kommt in der Naupliusform aus dem Ei und geht erſt aus dieſer in die Zoeaform über.
Die freiſchwimmenden Spaltfüßler (Copepoda) haben kauende Mundwerkzeuge.
Ueber ihre Lebensweiſe läßt ſich Claus, ihr genaneſter Kenner, ſo vernehmen. „Sie beleben
ſowohl die mit Pflanzenwuchs erfüllten ſüßen Gewäſſer, als die Seen und das offene Meer, in
deren unendlich reicher, unerſchöpflichen Fauna dieſen Thieren eine weſentliche Bedeutung für den
Haushalt des Lebens zufällt. Hier treten ſie nicht nur in weit manchfaltigern Formen und unter
äußerſt wechſelnden Bedingungen des Baues auf, ſondern zugleich maſſenhaft in ungeheuern Schaaren,
von denen Fiſche und ſelbſt die größten Waſſerthiere ihren Unterhalt nehmen können. Schon in
Landſeen, in den Gebirgsſeen Baierns und im Bodenſee ſollen nach Leydig die Cyclopiden neben
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 664. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/708>, abgerufen am 23.11.2024.
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