den Daphniden die fast ausschließliche Nahrung der geschätztesten Fische, der Saiblinge und Renken, ausmachen. Roussel de Vauzene berichtet von Cetochilus australis, daß sich diese Formen in der Südsee zu förmlichen Bänken anhäufen, durch welche das Wasser auf meilenweite Strecken röthlich gefärbt sei. Da diese Angaben von Goodsir bestätigt werden, so können wir uns kaum darüber wundern, wenn die kleinsten Kruster den größten Geschöpfen, die wir kennen, den Walen, die Nahrung liefern. Wie Goodsir mittheilt, bezeichnen die Fischer von Firth of Forth als "Maidre" Massen von ungeheurer Ausdehnung, welche neben Cirripedien, Quallen, Amphi- poden vorzugsweise aus Entomostraceen bestehen. Bei solchen Thatsachen bedarf es keiner Worte weiter, um die Bedeutung unserer kleinen Krebse für die Belebung und Erhaltung der Schöpfung darzulegen."
"Die Copepoden ernähren sich von thierischen Stoffen, entweder von Theilen abgestorbener größerer Thiere, oder von kleinern Geschöpfen, welche sie sich zur Beute machen. Selbst ihre eignen Larven und Nachkommen verschonen sie nicht, wovon man sich täglich am Darminhalt der Cyclopiden überzeugen kann. Die Art der Ortsbewegung und der Aufenthalt variirt nach den einzelnen Familien und nach der Ernährungsweise. Die langgestreckten, schlanken Calaniden und Pontelliden sind die besten Schwimmer und sind fast alle Meeresbewohner; bald durch- setzen dieselben pfeilschnell in behenden, durch gleichzeitigen Rückschlag der Ruderäste ausgeführten Sprüngen das Wasser, bald ruhen sie frei von den Bewegungen aus, zwar an einem Punkte fixirt, aber nur durch das Gleichgewicht ihres Körpers im Wasser getragen, und lassen ihre befie- derten Oberkieferplatten zur Herbeistrudelung kleinerer Geschöpfe in raschen Schwingungen spielen. Anders die Cyclopiden. Auch diese bewegen sich zwar in lebhaften Sprüngen, erzeugen aber keine Strudelung durch ihre Kiefertheile, sondern legen sich mit den Borsten ihrer kleinen Antennen an Wasserpflanzen an. Mehr als diese noch sind die Harpactiden und Peltidien auf das Leben an und zwischen Wasserpflanzen, Algen und Tangen angewiesen, daher findet man die Süß- wasserformen dieser Familien am häufigsten in seichten, pflanzenreichen Pfützen und Gräben, die Formen des Meeres weniger auf hoher See als nahe am Ufer zwischen Seegewächsen aller Art, auch an Brettern und faulendem Holze und endlich zwischen Sertularinen und Tubalarinen (polypenartigen niedern Thieren). Die Coricäiden leben wie die Calaniden als treffliche Schwimmer im freien Meere, allein die Gedrungenheit und Form der Mundtheile, die Klammer- antenne und ihr gelegentlicher Aufenthalt in Salpen verdächtigt sie als temporäre Parasiten."
Wir sind im Obigen mit einer Reihe familienartiger Gruppen bekannt geworden. Die Bewohner des süßen Wassers wurden früher unter dem Gattungsnamen Cyclops zusammen- gefaßt, ausgezeichnet durch das einzelne Stirnauge. Die Weibchen tragen gewöhnlich einen oder zwei Eiersäcke an sich. Sie kommen überall im stehenden Wasser vor. Eine vorzugsweise im Meere lebende nahe verwandte Gattung ist Harpacticus. Nach einem englischen Journal hat das "Ausland" den Fund einer sonst im salzigen Wasser lebenden Art dieser Gattung mitgetheilt. Der norwegische Zoolog Sars d. j. zog aus den tiefsten Theilen eines Binnensees einigen Schlamm mit herauf und fand ihn zu seinem Erstaunen voll von einem kleinen rothen Copepoden, in welchem er sogleich die See-Species Harpacticus chelifer erkannte. Das Vorhandensein dieser Crustacee war ihm so unerwartet, daß er trotz der von ihm ebenfalls gefundenen Süßwasserformen sich durch Kosten des Wassers überzeugen mußte, ob es nicht brakisch sei. Die Analogie mit den von Loven in den Binnenseen Schwedens entdeckten, mit den hochnordischen Salzwasser-Formen korrespondirenden Krustern ist augenfällig, ein weiterer Beleg, daß eigentliche Meeres- bewohner unter gewissen Umständen sich an das Leben im vollständig süßen Wasser gewöhnen können. Der See, in welchem Sars fischte, liegt so nahe an der Küste, daß irgend eine sehr hohe Fluth oder ein wüthender Sturm aus Westen seine Becken füllen konnte. Andere Salzwasserspecies mögen wahrscheinlich zu derselben Zeit in den See geführt worden und
Cyclops. Harpacticus. Cetochilus.
den Daphniden die faſt ausſchließliche Nahrung der geſchätzteſten Fiſche, der Saiblinge und Renken, ausmachen. Rouſſel de Vauzene berichtet von Cetochilus australis, daß ſich dieſe Formen in der Südſee zu förmlichen Bänken anhäufen, durch welche das Waſſer auf meilenweite Strecken röthlich gefärbt ſei. Da dieſe Angaben von Goodſir beſtätigt werden, ſo können wir uns kaum darüber wundern, wenn die kleinſten Kruſter den größten Geſchöpfen, die wir kennen, den Walen, die Nahrung liefern. Wie Goodſir mittheilt, bezeichnen die Fiſcher von Firth of Forth als „Maidre“ Maſſen von ungeheurer Ausdehnung, welche neben Cirripedien, Quallen, Amphi- poden vorzugsweiſe aus Entomoſtraceen beſtehen. Bei ſolchen Thatſachen bedarf es keiner Worte weiter, um die Bedeutung unſerer kleinen Krebſe für die Belebung und Erhaltung der Schöpfung darzulegen.“
„Die Copepoden ernähren ſich von thieriſchen Stoffen, entweder von Theilen abgeſtorbener größerer Thiere, oder von kleinern Geſchöpfen, welche ſie ſich zur Beute machen. Selbſt ihre eignen Larven und Nachkommen verſchonen ſie nicht, wovon man ſich täglich am Darminhalt der Cyclopiden überzeugen kann. Die Art der Ortsbewegung und der Aufenthalt variirt nach den einzelnen Familien und nach der Ernährungsweiſe. Die langgeſtreckten, ſchlanken Calaniden und Pontelliden ſind die beſten Schwimmer und ſind faſt alle Meeresbewohner; bald durch- ſetzen dieſelben pfeilſchnell in behenden, durch gleichzeitigen Rückſchlag der Ruderäſte ausgeführten Sprüngen das Waſſer, bald ruhen ſie frei von den Bewegungen aus, zwar an einem Punkte fixirt, aber nur durch das Gleichgewicht ihres Körpers im Waſſer getragen, und laſſen ihre befie- derten Oberkieferplatten zur Herbeiſtrudelung kleinerer Geſchöpfe in raſchen Schwingungen ſpielen. Anders die Cyclopiden. Auch dieſe bewegen ſich zwar in lebhaften Sprüngen, erzeugen aber keine Strudelung durch ihre Kiefertheile, ſondern legen ſich mit den Borſten ihrer kleinen Antennen an Waſſerpflanzen an. Mehr als dieſe noch ſind die Harpactiden und Peltidien auf das Leben an und zwiſchen Waſſerpflanzen, Algen und Tangen angewieſen, daher findet man die Süß- waſſerformen dieſer Familien am häufigſten in ſeichten, pflanzenreichen Pfützen und Gräben, die Formen des Meeres weniger auf hoher See als nahe am Ufer zwiſchen Seegewächſen aller Art, auch an Brettern und faulendem Holze und endlich zwiſchen Sertularinen und Tubalarinen (polypenartigen niedern Thieren). Die Coricäiden leben wie die Calaniden als treffliche Schwimmer im freien Meere, allein die Gedrungenheit und Form der Mundtheile, die Klammer- antenne und ihr gelegentlicher Aufenthalt in Salpen verdächtigt ſie als temporäre Paraſiten.“
Wir ſind im Obigen mit einer Reihe familienartiger Gruppen bekannt geworden. Die Bewohner des ſüßen Waſſers wurden früher unter dem Gattungsnamen Cyclops zuſammen- gefaßt, ausgezeichnet durch das einzelne Stirnauge. Die Weibchen tragen gewöhnlich einen oder zwei Eierſäcke an ſich. Sie kommen überall im ſtehenden Waſſer vor. Eine vorzugsweiſe im Meere lebende nahe verwandte Gattung iſt Harpacticus. Nach einem engliſchen Journal hat das „Ausland“ den Fund einer ſonſt im ſalzigen Waſſer lebenden Art dieſer Gattung mitgetheilt. Der norwegiſche Zoolog Sars d. j. zog aus den tiefſten Theilen eines Binnenſees einigen Schlamm mit herauf und fand ihn zu ſeinem Erſtaunen voll von einem kleinen rothen Copepoden, in welchem er ſogleich die See-Species Harpacticus chelifer erkannte. Das Vorhandenſein dieſer Cruſtacee war ihm ſo unerwartet, daß er trotz der von ihm ebenfalls gefundenen Süßwaſſerformen ſich durch Koſten des Waſſers überzeugen mußte, ob es nicht brakiſch ſei. Die Analogie mit den von Lovén in den Binnenſeen Schwedens entdeckten, mit den hochnordiſchen Salzwaſſer-Formen korreſpondirenden Kruſtern iſt augenfällig, ein weiterer Beleg, daß eigentliche Meeres- bewohner unter gewiſſen Umſtänden ſich an das Leben im vollſtändig ſüßen Waſſer gewöhnen können. Der See, in welchem Sars fiſchte, liegt ſo nahe an der Küſte, daß irgend eine ſehr hohe Fluth oder ein wüthender Sturm aus Weſten ſeine Becken füllen konnte. Andere Salzwaſſerſpecies mögen wahrſcheinlich zu derſelben Zeit in den See geführt worden und
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Cyclops. Harpacticus. Cetochilus.
den Daphniden die faſt ausſchließliche Nahrung der geſchätzteſten Fiſche, der Saiblinge und Renken,
ausmachen. Rouſſel de Vauzene berichtet von Cetochilus australis, daß ſich dieſe Formen
in der Südſee zu förmlichen Bänken anhäufen, durch welche das Waſſer auf meilenweite Strecken
röthlich gefärbt ſei. Da dieſe Angaben von Goodſir beſtätigt werden, ſo können wir uns kaum
darüber wundern, wenn die kleinſten Kruſter den größten Geſchöpfen, die wir kennen, den Walen,
die Nahrung liefern. Wie Goodſir mittheilt, bezeichnen die Fiſcher von Firth of Forth als
„Maidre“ Maſſen von ungeheurer Ausdehnung, welche neben Cirripedien, Quallen, Amphi-
poden vorzugsweiſe aus Entomoſtraceen beſtehen. Bei ſolchen Thatſachen bedarf es keiner Worte
weiter, um die Bedeutung unſerer kleinen Krebſe für die Belebung und Erhaltung der Schöpfung
darzulegen.“
„Die Copepoden ernähren ſich von thieriſchen Stoffen, entweder von Theilen abgeſtorbener
größerer Thiere, oder von kleinern Geſchöpfen, welche ſie ſich zur Beute machen. Selbſt ihre
eignen Larven und Nachkommen verſchonen ſie nicht, wovon man ſich täglich am Darminhalt der
Cyclopiden überzeugen kann. Die Art der Ortsbewegung und der Aufenthalt variirt nach den
einzelnen Familien und nach der Ernährungsweiſe. Die langgeſtreckten, ſchlanken Calaniden
und Pontelliden ſind die beſten Schwimmer und ſind faſt alle Meeresbewohner; bald durch-
ſetzen dieſelben pfeilſchnell in behenden, durch gleichzeitigen Rückſchlag der Ruderäſte ausgeführten
Sprüngen das Waſſer, bald ruhen ſie frei von den Bewegungen aus, zwar an einem Punkte
fixirt, aber nur durch das Gleichgewicht ihres Körpers im Waſſer getragen, und laſſen ihre befie-
derten Oberkieferplatten zur Herbeiſtrudelung kleinerer Geſchöpfe in raſchen Schwingungen ſpielen.
Anders die Cyclopiden. Auch dieſe bewegen ſich zwar in lebhaften Sprüngen, erzeugen aber
keine Strudelung durch ihre Kiefertheile, ſondern legen ſich mit den Borſten ihrer kleinen Antennen
an Waſſerpflanzen an. Mehr als dieſe noch ſind die Harpactiden und Peltidien auf das
Leben an und zwiſchen Waſſerpflanzen, Algen und Tangen angewieſen, daher findet man die Süß-
waſſerformen dieſer Familien am häufigſten in ſeichten, pflanzenreichen Pfützen und Gräben, die
Formen des Meeres weniger auf hoher See als nahe am Ufer zwiſchen Seegewächſen aller Art,
auch an Brettern und faulendem Holze und endlich zwiſchen Sertularinen und Tubalarinen
(polypenartigen niedern Thieren). Die Coricäiden leben wie die Calaniden als treffliche
Schwimmer im freien Meere, allein die Gedrungenheit und Form der Mundtheile, die Klammer-
antenne und ihr gelegentlicher Aufenthalt in Salpen verdächtigt ſie als temporäre Paraſiten.“
Wir ſind im Obigen mit einer Reihe familienartiger Gruppen bekannt geworden. Die
Bewohner des ſüßen Waſſers wurden früher unter dem Gattungsnamen Cyclops zuſammen-
gefaßt, ausgezeichnet durch das einzelne Stirnauge. Die Weibchen tragen gewöhnlich einen oder
zwei Eierſäcke an ſich. Sie kommen überall im ſtehenden Waſſer vor. Eine vorzugsweiſe im
Meere lebende nahe verwandte Gattung iſt Harpacticus. Nach einem engliſchen Journal hat das
„Ausland“ den Fund einer ſonſt im ſalzigen Waſſer lebenden Art dieſer Gattung mitgetheilt. Der
norwegiſche Zoolog Sars d. j. zog aus den tiefſten Theilen eines Binnenſees einigen Schlamm
mit herauf und fand ihn zu ſeinem Erſtaunen voll von einem kleinen rothen Copepoden, in welchem
er ſogleich die See-Species Harpacticus chelifer erkannte. Das Vorhandenſein dieſer Cruſtacee
war ihm ſo unerwartet, daß er trotz der von ihm ebenfalls gefundenen Süßwaſſerformen ſich
durch Koſten des Waſſers überzeugen mußte, ob es nicht brakiſch ſei. Die Analogie mit den
von Lovén in den Binnenſeen Schwedens entdeckten, mit den hochnordiſchen Salzwaſſer-Formen
korreſpondirenden Kruſtern iſt augenfällig, ein weiterer Beleg, daß eigentliche Meeres-
bewohner unter gewiſſen Umſtänden ſich an das Leben im vollſtändig ſüßen Waſſer
gewöhnen können. Der See, in welchem Sars fiſchte, liegt ſo nahe an der Küſte, daß
irgend eine ſehr hohe Fluth oder ein wüthender Sturm aus Weſten ſeine Becken füllen konnte.
Andere Salzwaſſerſpecies mögen wahrſcheinlich zu derſelben Zeit in den See geführt worden und
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 665. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/709>, abgerufen am 23.11.2024.
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