guten Darstellung von Salzwedel (im "Ausland", 1862) folgen können. Unsere Blutegel leben gern in Teichen mit Lehm oder Thonuntergrund, in Thälern und Sümpfen mit schlammigem Boden, können aber nie in solchen mit Sandboden gehalten werden. Alle diese Gewässer müssen sehr ruhig und mit Pflanzen bewachsen sein. Außer dem Wasser vermögen sie nicht lange zu leben und sterben sofort, sobald ihre Oberfläche trocken geworden ist, wogegen sie sich indeß durch die Schleimabsonderung von innen heraus eine kleine Weile zu schützen vermögen. Am Tage und namentlich bei warmem Wetter schwimmen sie lebhaft umher, während sie sich bei trübem, nebligem Wetter oder an kalten Tagen in der Art zusammenrollen, daß sie den Kopf in die Höhlung des Fußes stecken und so eine leierförmige Gestalt annehmen. Dasselbe geschieht Nachts und im Herbst, in welcher Jahreszeit sie sich so tief wie möglich in den Schlamm vergraben.
Jhre Nahrung finden sie ausschließlich im Blut der Wirbelthiere und ähnlichen Säften der wirbellosen. Man hat behauptet, daß sie sich im Nothfalle einander selbst angreifen sollen, jedoch können diese Fälle nur äußerst selten sein. Ebenso unsicher wie diese Behauptung ist auch die, ob sie das Blut todter Thiere einsaugen. Jedenfalls greifen sie in der Regel nur lebende Thiere an, die aber zum Theil wieder ihre eignen Feinde sind, wie unter anderen die Wasserschnecken, von denen sie sich zeitweilig nähren sollen, ihnen, namentlich den Jungen, nachstellend. Die Häutung, welche nach einigen Beobachtern in Zwischenräumen von einigen Tagen sich wiederholen soll, sah Martini bei alten, ausgewachsenen Thieren in mehreren Monaten nur einmal erfolgen. "Das Häutungsgeschäft dauerte gegen zwei Wochen, und die Egel waren dabei ruhig und matt, drängten sich dicht an einander, lagen oft auf dem Boden des Gefäßes und zwar auf dem Rücken, Mund und Afterende nach oben gekrümmt, gleich wie dieß in der Regel an todten Egeln zu sehen ist. Jch sah keinen während dieser Periode sterben; sämmtliche häuteten sich zu gleicher Zeit; oft erneuertes Wasser schien ihnen dabei nicht nachtheilig und nicht unangenehm. Die abgelöste Haut ist ein sehr feines, nach dem Reinigen fast durchsichtig weißes Oberhäutchen, welches bei näherer Betrachtung alle Erhöhungen und Vertiefungen des Egelkörpers darstellt und zuweilen in einzelnen Stücken, zuweilen fast in der ganzen Ausdehnung des Egels sich ablöst. Zu unterscheiden von der Häutung ist die ständig in Egelbehältern erfolgende Gerinnung des Schleims, welcher oft in Fäden und Streifen das Thier einhüllt."
"Nach der im Frühjahr erfolgenden Begattung sucht der Blutegel ein Lager höher als der Wasserspiegel in feuchter lockerer Erde, worin er mit dem Kopfe bohrend sich Gänge bildet. An den Ufern der Teiche und Sümpfe, in denen viele Egel sind, findet man oft mehrere Hunderte auf diese Weise beisammen, kaum einige Zoll unter der Oberfläche der Erde liegend. Sie bereiten sich einige Tage nach der letzten Begattung sogleich ihr Lager; man kann annehmen, daß sie von den letzten Wochen des Mai bis Aufang Juli diesem Geschäft obliegen. Zu Ende Juni fangen sie an, ihre Cocons oder Eikapseln zu formen, die ungefähr die Größe und Gestalt einer Eichel baben. Der Egel läßt zu diesem Zweck eine schleimige, zusammenhängende, grüne Feuchtigkeit aus seinem Munde fahren und zieht sich bis zur Mündung des Eierganges durch diese ringförmige Hülle durch, welche nur so lang ist, als die Kapsel werden soll. Jn dieselbe werden mit einer grünlichen oder bräunlichen schleimigen Masse 10 bis 16 kleine, mit bloßem Auge nicht bemerkbare Dotterchen gelassen. Zu gleicher Zeit macht er mit dem von der Schale befreiten Maule um jene herum einen weißen speichelähnlichen Schaum, der gewöhnlich den Umfang eines kleinen Hühner- eies einnimmt. Hierauf zieht er sich rückwärts in die Kapsel hinein, dreht die verlassene Oeffnung inwendig förmlich zusammen und zieht sich ganz aus dem Cocon heraus, wonach er wieder das eben verlassene Löchelchen von außen zudreht. Er bleibt hiernach noch einige Tage bei dem Cocon liegen." Derselbe nimmt nachher durch Eintrocknen des Schaumes zu einem schwammigen Ueber- zuge seine bleibende Größe an, und vier bis sechs Wochen nach dem Eierlegen kriechen die Jungen aus. Sie sind fadenförmig und hell, gleichen aber im Wesentlichen den Alten. Jhr Wachsthum geschieht sehr langsam. Frühestens im dritten Jahre sind sie zum medicinischen Gebrauch
Egel.
guten Darſtellung von Salzwedel (im „Ausland“, 1862) folgen können. Unſere Blutegel leben gern in Teichen mit Lehm oder Thonuntergrund, in Thälern und Sümpfen mit ſchlammigem Boden, können aber nie in ſolchen mit Sandboden gehalten werden. Alle dieſe Gewäſſer müſſen ſehr ruhig und mit Pflanzen bewachſen ſein. Außer dem Waſſer vermögen ſie nicht lange zu leben und ſterben ſofort, ſobald ihre Oberfläche trocken geworden iſt, wogegen ſie ſich indeß durch die Schleimabſonderung von innen heraus eine kleine Weile zu ſchützen vermögen. Am Tage und namentlich bei warmem Wetter ſchwimmen ſie lebhaft umher, während ſie ſich bei trübem, nebligem Wetter oder an kalten Tagen in der Art zuſammenrollen, daß ſie den Kopf in die Höhlung des Fußes ſtecken und ſo eine leierförmige Geſtalt annehmen. Daſſelbe geſchieht Nachts und im Herbſt, in welcher Jahreszeit ſie ſich ſo tief wie möglich in den Schlamm vergraben.
Jhre Nahrung finden ſie ausſchließlich im Blut der Wirbelthiere und ähnlichen Säften der wirbelloſen. Man hat behauptet, daß ſie ſich im Nothfalle einander ſelbſt angreifen ſollen, jedoch können dieſe Fälle nur äußerſt ſelten ſein. Ebenſo unſicher wie dieſe Behauptung iſt auch die, ob ſie das Blut todter Thiere einſaugen. Jedenfalls greifen ſie in der Regel nur lebende Thiere an, die aber zum Theil wieder ihre eignen Feinde ſind, wie unter anderen die Waſſerſchnecken, von denen ſie ſich zeitweilig nähren ſollen, ihnen, namentlich den Jungen, nachſtellend. Die Häutung, welche nach einigen Beobachtern in Zwiſchenräumen von einigen Tagen ſich wiederholen ſoll, ſah Martini bei alten, ausgewachſenen Thieren in mehreren Monaten nur einmal erfolgen. „Das Häutungsgeſchäft dauerte gegen zwei Wochen, und die Egel waren dabei ruhig und matt, drängten ſich dicht an einander, lagen oft auf dem Boden des Gefäßes und zwar auf dem Rücken, Mund und Afterende nach oben gekrümmt, gleich wie dieß in der Regel an todten Egeln zu ſehen iſt. Jch ſah keinen während dieſer Periode ſterben; ſämmtliche häuteten ſich zu gleicher Zeit; oft erneuertes Waſſer ſchien ihnen dabei nicht nachtheilig und nicht unangenehm. Die abgelöſte Haut iſt ein ſehr feines, nach dem Reinigen faſt durchſichtig weißes Oberhäutchen, welches bei näherer Betrachtung alle Erhöhungen und Vertiefungen des Egelkörpers darſtellt und zuweilen in einzelnen Stücken, zuweilen faſt in der ganzen Ausdehnung des Egels ſich ablöſt. Zu unterſcheiden von der Häutung iſt die ſtändig in Egelbehältern erfolgende Gerinnung des Schleims, welcher oft in Fäden und Streifen das Thier einhüllt.“
„Nach der im Frühjahr erfolgenden Begattung ſucht der Blutegel ein Lager höher als der Waſſerſpiegel in feuchter lockerer Erde, worin er mit dem Kopfe bohrend ſich Gänge bildet. An den Ufern der Teiche und Sümpfe, in denen viele Egel ſind, findet man oft mehrere Hunderte auf dieſe Weiſe beiſammen, kaum einige Zoll unter der Oberfläche der Erde liegend. Sie bereiten ſich einige Tage nach der letzten Begattung ſogleich ihr Lager; man kann annehmen, daß ſie von den letzten Wochen des Mai bis Aufang Juli dieſem Geſchäft obliegen. Zu Ende Juni fangen ſie an, ihre Cocons oder Eikapſeln zu formen, die ungefähr die Größe und Geſtalt einer Eichel baben. Der Egel läßt zu dieſem Zweck eine ſchleimige, zuſammenhängende, grüne Feuchtigkeit aus ſeinem Munde fahren und zieht ſich bis zur Mündung des Eierganges durch dieſe ringförmige Hülle durch, welche nur ſo lang iſt, als die Kapſel werden ſoll. Jn dieſelbe werden mit einer grünlichen oder bräunlichen ſchleimigen Maſſe 10 bis 16 kleine, mit bloßem Auge nicht bemerkbare Dotterchen gelaſſen. Zu gleicher Zeit macht er mit dem von der Schale befreiten Maule um jene herum einen weißen ſpeichelähnlichen Schaum, der gewöhnlich den Umfang eines kleinen Hühner- eies einnimmt. Hierauf zieht er ſich rückwärts in die Kapſel hinein, dreht die verlaſſene Oeffnung inwendig förmlich zuſammen und zieht ſich ganz aus dem Cocon heraus, wonach er wieder das eben verlaſſene Löchelchen von außen zudreht. Er bleibt hiernach noch einige Tage bei dem Cocon liegen.“ Derſelbe nimmt nachher durch Eintrocknen des Schaumes zu einem ſchwammigen Ueber- zuge ſeine bleibende Größe an, und vier bis ſechs Wochen nach dem Eierlegen kriechen die Jungen aus. Sie ſind fadenförmig und hell, gleichen aber im Weſentlichen den Alten. Jhr Wachsthum geſchieht ſehr langſam. Früheſtens im dritten Jahre ſind ſie zum mediciniſchen Gebrauch
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Egel.
guten Darſtellung von Salzwedel (im „Ausland“, 1862) folgen können. Unſere Blutegel leben
gern in Teichen mit Lehm oder Thonuntergrund, in Thälern und Sümpfen mit ſchlammigem
Boden, können aber nie in ſolchen mit Sandboden gehalten werden. Alle dieſe Gewäſſer müſſen
ſehr ruhig und mit Pflanzen bewachſen ſein. Außer dem Waſſer vermögen ſie nicht lange zu
leben und ſterben ſofort, ſobald ihre Oberfläche trocken geworden iſt, wogegen ſie ſich indeß durch
die Schleimabſonderung von innen heraus eine kleine Weile zu ſchützen vermögen. Am Tage und
namentlich bei warmem Wetter ſchwimmen ſie lebhaft umher, während ſie ſich bei trübem, nebligem
Wetter oder an kalten Tagen in der Art zuſammenrollen, daß ſie den Kopf in die Höhlung des
Fußes ſtecken und ſo eine leierförmige Geſtalt annehmen. Daſſelbe geſchieht Nachts und im Herbſt,
in welcher Jahreszeit ſie ſich ſo tief wie möglich in den Schlamm vergraben.
Jhre Nahrung finden ſie ausſchließlich im Blut der Wirbelthiere und ähnlichen Säften der
wirbelloſen. Man hat behauptet, daß ſie ſich im Nothfalle einander ſelbſt angreifen ſollen, jedoch
können dieſe Fälle nur äußerſt ſelten ſein. Ebenſo unſicher wie dieſe Behauptung iſt auch die,
ob ſie das Blut todter Thiere einſaugen. Jedenfalls greifen ſie in der Regel nur lebende Thiere
an, die aber zum Theil wieder ihre eignen Feinde ſind, wie unter anderen die Waſſerſchnecken,
von denen ſie ſich zeitweilig nähren ſollen, ihnen, namentlich den Jungen, nachſtellend. Die
Häutung, welche nach einigen Beobachtern in Zwiſchenräumen von einigen Tagen ſich wiederholen
ſoll, ſah Martini bei alten, ausgewachſenen Thieren in mehreren Monaten nur einmal erfolgen.
„Das Häutungsgeſchäft dauerte gegen zwei Wochen, und die Egel waren dabei ruhig und matt,
drängten ſich dicht an einander, lagen oft auf dem Boden des Gefäßes und zwar auf dem Rücken,
Mund und Afterende nach oben gekrümmt, gleich wie dieß in der Regel an todten Egeln zu ſehen
iſt. Jch ſah keinen während dieſer Periode ſterben; ſämmtliche häuteten ſich zu gleicher Zeit; oft
erneuertes Waſſer ſchien ihnen dabei nicht nachtheilig und nicht unangenehm. Die abgelöſte Haut
iſt ein ſehr feines, nach dem Reinigen faſt durchſichtig weißes Oberhäutchen, welches bei näherer
Betrachtung alle Erhöhungen und Vertiefungen des Egelkörpers darſtellt und zuweilen in einzelnen
Stücken, zuweilen faſt in der ganzen Ausdehnung des Egels ſich ablöſt. Zu unterſcheiden von der
Häutung iſt die ſtändig in Egelbehältern erfolgende Gerinnung des Schleims, welcher oft in
Fäden und Streifen das Thier einhüllt.“
„Nach der im Frühjahr erfolgenden Begattung ſucht der Blutegel ein Lager höher als der
Waſſerſpiegel in feuchter lockerer Erde, worin er mit dem Kopfe bohrend ſich Gänge bildet. An
den Ufern der Teiche und Sümpfe, in denen viele Egel ſind, findet man oft mehrere Hunderte
auf dieſe Weiſe beiſammen, kaum einige Zoll unter der Oberfläche der Erde liegend. Sie bereiten
ſich einige Tage nach der letzten Begattung ſogleich ihr Lager; man kann annehmen, daß ſie von
den letzten Wochen des Mai bis Aufang Juli dieſem Geſchäft obliegen. Zu Ende Juni fangen
ſie an, ihre Cocons oder Eikapſeln zu formen, die ungefähr die Größe und Geſtalt einer Eichel
baben. Der Egel läßt zu dieſem Zweck eine ſchleimige, zuſammenhängende, grüne Feuchtigkeit aus
ſeinem Munde fahren und zieht ſich bis zur Mündung des Eierganges durch dieſe ringförmige
Hülle durch, welche nur ſo lang iſt, als die Kapſel werden ſoll. Jn dieſelbe werden mit einer
grünlichen oder bräunlichen ſchleimigen Maſſe 10 bis 16 kleine, mit bloßem Auge nicht bemerkbare
Dotterchen gelaſſen. Zu gleicher Zeit macht er mit dem von der Schale befreiten Maule um jene
herum einen weißen ſpeichelähnlichen Schaum, der gewöhnlich den Umfang eines kleinen Hühner-
eies einnimmt. Hierauf zieht er ſich rückwärts in die Kapſel hinein, dreht die verlaſſene Oeffnung
inwendig förmlich zuſammen und zieht ſich ganz aus dem Cocon heraus, wonach er wieder das
eben verlaſſene Löchelchen von außen zudreht. Er bleibt hiernach noch einige Tage bei dem Cocon
liegen.“ Derſelbe nimmt nachher durch Eintrocknen des Schaumes zu einem ſchwammigen Ueber-
zuge ſeine bleibende Größe an, und vier bis ſechs Wochen nach dem Eierlegen kriechen die Jungen
aus. Sie ſind fadenförmig und hell, gleichen aber im Weſentlichen den Alten. Jhr Wachsthum
geſchieht ſehr langſam. Früheſtens im dritten Jahre ſind ſie zum mediciniſchen Gebrauch
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 700. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/744>, abgerufen am 23.11.2024.
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