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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Schnecken. Kammkiemer.
kurzen, plötzlich auf den Rücken gebogenen Kanal. Die Jnnenlippe zeigt einen stark entwickelten
Umschlag, welcher am Spindelrand gerunzelt oder gefaltet ist; die Außenlippe ist außen verdickt,
innen häufig gezähnt. Daß auch bei diesen Schnecken, wie bei den Cypräen das Wachsthum
[Abbildung] Sturmhaube (Cassis glauca).
mit einer Auflösung der
früher gebildeten Lippen-
wülste stattfinden kann,
wie wir oben ausführlicher
mit Pöppig's Worten
auseinander gesetzt, hat
ebenfalls schon Rumph
beobachtet. "Da die neu
anwachsenden Windun-
gen", heißt es bei ihm,
"sich über die alte Lippe
ansetzen, so muß das
Thier nothwendig durch
eine natürliche, doch wun-
derbare Eigenschaft alles,
was ihm im Wege ist,
wieder wegschaffen oder solches durchfressen können. Man kann dieß gar deutlich sehen, wenn
man die Schnecke entzweischlägt, denn man nimmt alsdann am inneren Theil der Windungen
nichts als lauter kleine Merkmale der alten Lippe wahr, welche an dem äußeren Theile der Win-
dungen deutlich zu sehen sind." Die Arten, unter denen sich Cassis cornuta durch Größe, Dicke
und Schwere der Schale auszeichnet, leben meist in geringeren Tiefen in der Nähe des Strandes
auf Sandgrund, wo sie sich, den verschiedenen Muscheln nachstellend ganz oder fast ganz eingraben.
Für die in den Raritätenkabinetten aufzuhebenden Stücke, empfahl man nur solche Eremplare, welche
ganz im Sand eingegraben waren, da "soweit sie mit dem Rücken aus dem Sand vorragen, sie
mit Seeschlamm bewachsen und unansehnlich sind".

Mit Aporrhais sind wir zu denjenigen zwei Familien gelangt, welche man früher bei alleiniger

[Abbildung] Der Pelikansfuß (Aporrhais pes policani).
Berücksichtigung des Gehäuses Flügelschnecken
nannte, welche jedoch, wie sich gleich zeigen wird, in
den Weichtheilen wesentlich verschieden sind. Das
Gehäus der wenigen Arten von Aporrhais, von
welchen jedoch Aporrhais pes pelicani, der Peli-
kansfuß
in den europäischen Meeren sehr gemein,
ist spindelförmig und geht am Grunde in einen
Kanal oder vielmehr in einen breiten gefurchten
Zipfel aus. Auch bei dieser, sowie bei den folgenden
Gattungen und überhaupt allen Flügelschnecken ist
die jugendliche Gestalt des Gehäuses sehr verschieden
von der fertigen. Die Außenlippe ist anfangs ganz-
randig; erst nach und nach entwickeln sich die ver-
schiedenen Flügel, Fortsätze und Finger mit ihren
Furchen und Umschlägen. Das Thier unserer Schnecke
hat den Kopf in eine flachgedrückte, vorn ausgerandete
Schnauze verlängert. Die langen fadenförmigen Fühler tragen die Augen außen auf einem Höcker.
Der Fuß ist klein, aber ganz zum Kriechen eingerichtet, beiderseits abgerundet. Der Mantel des
vollständig ausgewachsenen Thieres ist nicht sehr erweitert und, wo die Schale Finger hat, nur

Schnecken. Kammkiemer.
kurzen, plötzlich auf den Rücken gebogenen Kanal. Die Jnnenlippe zeigt einen ſtark entwickelten
Umſchlag, welcher am Spindelrand gerunzelt oder gefaltet iſt; die Außenlippe iſt außen verdickt,
innen häufig gezähnt. Daß auch bei dieſen Schnecken, wie bei den Cypräen das Wachsthum
[Abbildung] Sturmhaube (Cassis glauca).
mit einer Auflöſung der
früher gebildeten Lippen-
wülſte ſtattfinden kann,
wie wir oben ausführlicher
mit Pöppig’s Worten
auseinander geſetzt, hat
ebenfalls ſchon Rumph
beobachtet. „Da die neu
anwachſenden Windun-
gen“, heißt es bei ihm,
„ſich über die alte Lippe
anſetzen, ſo muß das
Thier nothwendig durch
eine natürliche, doch wun-
derbare Eigenſchaft alles,
was ihm im Wege iſt,
wieder wegſchaffen oder ſolches durchfreſſen können. Man kann dieß gar deutlich ſehen, wenn
man die Schnecke entzweiſchlägt, denn man nimmt alsdann am inneren Theil der Windungen
nichts als lauter kleine Merkmale der alten Lippe wahr, welche an dem äußeren Theile der Win-
dungen deutlich zu ſehen ſind.“ Die Arten, unter denen ſich Cassis cornuta durch Größe, Dicke
und Schwere der Schale auszeichnet, leben meiſt in geringeren Tiefen in der Nähe des Strandes
auf Sandgrund, wo ſie ſich, den verſchiedenen Muſcheln nachſtellend ganz oder faſt ganz eingraben.
Für die in den Raritätenkabinetten aufzuhebenden Stücke, empfahl man nur ſolche Eremplare, welche
ganz im Sand eingegraben waren, da „ſoweit ſie mit dem Rücken aus dem Sand vorragen, ſie
mit Seeſchlamm bewachſen und unanſehnlich ſind“.

Mit Aporrhais ſind wir zu denjenigen zwei Familien gelangt, welche man früher bei alleiniger

[Abbildung] Der Pelikansfuß (Aporrhais pes policani).
Berückſichtigung des Gehäuſes Flügelſchnecken
nannte, welche jedoch, wie ſich gleich zeigen wird, in
den Weichtheilen weſentlich verſchieden ſind. Das
Gehäus der wenigen Arten von Aporrhais, von
welchen jedoch Aporrhais pes pelicani, der Peli-
kansfuß
in den europäiſchen Meeren ſehr gemein,
iſt ſpindelförmig und geht am Grunde in einen
Kanal oder vielmehr in einen breiten gefurchten
Zipfel aus. Auch bei dieſer, ſowie bei den folgenden
Gattungen und überhaupt allen Flügelſchnecken iſt
die jugendliche Geſtalt des Gehäuſes ſehr verſchieden
von der fertigen. Die Außenlippe iſt anfangs ganz-
randig; erſt nach und nach entwickeln ſich die ver-
ſchiedenen Flügel, Fortſätze und Finger mit ihren
Furchen und Umſchlägen. Das Thier unſerer Schnecke
hat den Kopf in eine flachgedrückte, vorn ausgerandete
Schnauze verlängert. Die langen fadenförmigen Fühler tragen die Augen außen auf einem Höcker.
Der Fuß iſt klein, aber ganz zum Kriechen eingerichtet, beiderſeits abgerundet. Der Mantel des
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[844/0892] Schnecken. Kammkiemer. kurzen, plötzlich auf den Rücken gebogenen Kanal. Die Jnnenlippe zeigt einen ſtark entwickelten Umſchlag, welcher am Spindelrand gerunzelt oder gefaltet iſt; die Außenlippe iſt außen verdickt, innen häufig gezähnt. Daß auch bei dieſen Schnecken, wie bei den Cypräen das Wachsthum [Abbildung Sturmhaube (Cassis glauca).] mit einer Auflöſung der früher gebildeten Lippen- wülſte ſtattfinden kann, wie wir oben ausführlicher mit Pöppig’s Worten auseinander geſetzt, hat ebenfalls ſchon Rumph beobachtet. „Da die neu anwachſenden Windun- gen“, heißt es bei ihm, „ſich über die alte Lippe anſetzen, ſo muß das Thier nothwendig durch eine natürliche, doch wun- derbare Eigenſchaft alles, was ihm im Wege iſt, wieder wegſchaffen oder ſolches durchfreſſen können. Man kann dieß gar deutlich ſehen, wenn man die Schnecke entzweiſchlägt, denn man nimmt alsdann am inneren Theil der Windungen nichts als lauter kleine Merkmale der alten Lippe wahr, welche an dem äußeren Theile der Win- dungen deutlich zu ſehen ſind.“ Die Arten, unter denen ſich Cassis cornuta durch Größe, Dicke und Schwere der Schale auszeichnet, leben meiſt in geringeren Tiefen in der Nähe des Strandes auf Sandgrund, wo ſie ſich, den verſchiedenen Muſcheln nachſtellend ganz oder faſt ganz eingraben. Für die in den Raritätenkabinetten aufzuhebenden Stücke, empfahl man nur ſolche Eremplare, welche ganz im Sand eingegraben waren, da „ſoweit ſie mit dem Rücken aus dem Sand vorragen, ſie mit Seeſchlamm bewachſen und unanſehnlich ſind“. Mit Aporrhais ſind wir zu denjenigen zwei Familien gelangt, welche man früher bei alleiniger [Abbildung Der Pelikansfuß (Aporrhais pes policani).] Berückſichtigung des Gehäuſes Flügelſchnecken nannte, welche jedoch, wie ſich gleich zeigen wird, in den Weichtheilen weſentlich verſchieden ſind. Das Gehäus der wenigen Arten von Aporrhais, von welchen jedoch Aporrhais pes pelicani, der Peli- kansfuß in den europäiſchen Meeren ſehr gemein, iſt ſpindelförmig und geht am Grunde in einen Kanal oder vielmehr in einen breiten gefurchten Zipfel aus. Auch bei dieſer, ſowie bei den folgenden Gattungen und überhaupt allen Flügelſchnecken iſt die jugendliche Geſtalt des Gehäuſes ſehr verſchieden von der fertigen. Die Außenlippe iſt anfangs ganz- randig; erſt nach und nach entwickeln ſich die ver- ſchiedenen Flügel, Fortſätze und Finger mit ihren Furchen und Umſchlägen. Das Thier unſerer Schnecke hat den Kopf in eine flachgedrückte, vorn ausgerandete Schnauze verlängert. Die langen fadenförmigen Fühler tragen die Augen außen auf einem Höcker. Der Fuß iſt klein, aber ganz zum Kriechen eingerichtet, beiderſeits abgerundet. Der Mantel des vollſtändig ausgewachſenen Thieres iſt nicht ſehr erweitert und, wo die Schale Finger hat, nur

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 844. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/892>, abgerufen am 23.11.2024.