daß bei Atlanta die Weibchen in entschiedener Minderzahl gegen ihre Gatten seien, ist wohl nicht viel zu geben, da Andere dieses Mißverhältniß nicht gefunden haben. Die Eier werden, wahr- scheinlich wie bei den übrigen Pteropoden in langen Schnüren frei ins Wasser gelegt. Die gefangen gehaltenen Jndividuen ließen sich, wie Gegenbaur gelegentlich seines Aufenthaltes und seiner Forschungen in Messina angibt, nie zum Eilegen herbei, doch fängt man die Larven auf den verschiedenen Stadien der Ausbildung mit dem feinen Netze an der Wasseroberfläche.
Carinaria ist eine in manchen Beziehungen sich an Atlanta anschließende, in wichtigen anderen aber den Uebergang zur dritten Hauptform der Kielfüßer bildende Gattung. Auch Carinaria hat ein Gehäus. Dasselbe ist überaus dünn, glasartig und sehr rasch in einer Ebene aufgewunden, so daß die letzte Mündung an Umfang und Raum weit das Gewinde überwiegt. Es ist darin aber nur für den sogenannten Kern Platz, der aus der Leber und dem Eingeweideknäuel besteht, während die Kiemen über den Rand hervorragen. Der größte Theil des Körpers bildet eine spindelförmige Masse, von welcher der vordere Theil dem Kopfe der Atlanta und der hintere demjenigen Fußtheile der Atlanta entspricht, welcher den Deckel trägt. Am Grunde des Kopfes sieht man zwei lange spitze Fühlfäden, hinter welchen die Augen liegen. Jn dem runden Anfange am Bauche erkennt man sogleich den Kiel oder die Flosse mit dem Saugnapf. "Die nach oben gekehrte Flosse", sagt Keferstein, "bewegt durch Hin- und Herschlagen, wobei sie sich windschief biegt, das Thier langsam aber stetig fort. Der Schwanz schlägt hin und her, der ganze Körper ist, so weit es seine Festigkeit zuläßt, ebenfalls in ähnlicher Thätigkeit, und hierdurch wird das Thier hin und her geworfen, wobei es allerdings fortrückt, aber in seiner Bewegung zugleich alles Zierliche einbüßt. Wie aus dieser Beschreibung schon hervorgeht, ist es dem Thier fast gleich bequem, sich vorwärts oder rückwärts zu bewegen und man beobachtet auch wirklich beide Richtungen des Ortswechsels."
Können sich die Atlanten durch gänzliches Zurückziehen in die Schale noch einigermaßen, namentlich vor den Angriffen kleinerer nagender Krebschen schützen, so sind die Carinarien in ihrer fast gänzlichen Nacktheit und Hülflosigkeit den vielfachsten Angriffen der nach ihnen lüsternen Krebse, Fische und der eigenen Verwandtschaft ausgesetzt. Diese Feinde scheinen es am öftersten auf den Eingeweidekern abgesehen zu haben, was sich sehr leicht aus der fast vollständigen Durch- sichtigkeit des übrigen Körpers erklärt. Auch die Angabe, daß nicht selten außer dem Kern auch der Kopf fehle, in welchem Zustande der Verstümmelung das übrig gebliebene Wrack noch lange sich fortbewegt, wird in den den Feinden als glänzende und gefärbte Kügelchen auffallenden Augen ihre Erklärung finden. Da, wie gesagt, die verstümmelten Exemplare lange, tagelang fortleben und nach geschlossenen Wundrändern noch ihre Bewegungen ausführen, so wird der Jrrthum einiger Naturforscher begreiflich, welche solche verunglückte halbe und Viertelskörper als neue Gattungen begrüßten.
Zahlreiche Carinarien, welche Gegenbaur im März einfing, legten massenhaft Eier, so daß er die von einem einzigen Weibchen binnen 24 Stunden gelieferten auf mehrere Tausend berechnet. Die Eier werden in Schnüren abgesetzt, die aus einer eiweißartigen Substanz bestehen und äußerlich eine etwas erhärtete und daher spröde Schichte besitzen. Diese Schnüre sind drehrund, bis Linien dick, auf ihrer Oberfläche vollkommen glatt und enthalten die Eier in einer einzigen Reihe meist sehr nahe bei einander liegend. Schon 18 Stunden nach dem Legen dreht sich der Embryo mit Hülfe der Wimpern im Ei; auch konnte Gegenbaur die Weiterentwicklung bis zur Bildung des in zwei Lappen ausgedehnten Segels verfolgen, welches Stadium etwa am dritten Tage sich zeigt, aber dann gingen allemal, so oft er auch die sorgfältigste Pflege versuchte, die Embryonen zu Grunde.
Unter den ehemals im höchsten Preise stehenden Conchylien figurirt auch eine indische Carinarie, welche 100 Guineen gegolten hat.
Atlanta. Carinaria.
daß bei Atlanta die Weibchen in entſchiedener Minderzahl gegen ihre Gatten ſeien, iſt wohl nicht viel zu geben, da Andere dieſes Mißverhältniß nicht gefunden haben. Die Eier werden, wahr- ſcheinlich wie bei den übrigen Pteropoden in langen Schnüren frei ins Waſſer gelegt. Die gefangen gehaltenen Jndividuen ließen ſich, wie Gegenbaur gelegentlich ſeines Aufenthaltes und ſeiner Forſchungen in Meſſina angibt, nie zum Eilegen herbei, doch fängt man die Larven auf den verſchiedenen Stadien der Ausbildung mit dem feinen Netze an der Waſſeroberfläche.
Carinaria iſt eine in manchen Beziehungen ſich an Atlanta anſchließende, in wichtigen anderen aber den Uebergang zur dritten Hauptform der Kielfüßer bildende Gattung. Auch Carinaria hat ein Gehäus. Daſſelbe iſt überaus dünn, glasartig und ſehr raſch in einer Ebene aufgewunden, ſo daß die letzte Mündung an Umfang und Raum weit das Gewinde überwiegt. Es iſt darin aber nur für den ſogenannten Kern Platz, der aus der Leber und dem Eingeweideknäuel beſteht, während die Kiemen über den Rand hervorragen. Der größte Theil des Körpers bildet eine ſpindelförmige Maſſe, von welcher der vordere Theil dem Kopfe der Atlanta und der hintere demjenigen Fußtheile der Atlanta entſpricht, welcher den Deckel trägt. Am Grunde des Kopfes ſieht man zwei lange ſpitze Fühlfäden, hinter welchen die Augen liegen. Jn dem runden Anfange am Bauche erkennt man ſogleich den Kiel oder die Floſſe mit dem Saugnapf. „Die nach oben gekehrte Floſſe“, ſagt Keferſtein, „bewegt durch Hin- und Herſchlagen, wobei ſie ſich windſchief biegt, das Thier langſam aber ſtetig fort. Der Schwanz ſchlägt hin und her, der ganze Körper iſt, ſo weit es ſeine Feſtigkeit zuläßt, ebenfalls in ähnlicher Thätigkeit, und hierdurch wird das Thier hin und her geworfen, wobei es allerdings fortrückt, aber in ſeiner Bewegung zugleich alles Zierliche einbüßt. Wie aus dieſer Beſchreibung ſchon hervorgeht, iſt es dem Thier faſt gleich bequem, ſich vorwärts oder rückwärts zu bewegen und man beobachtet auch wirklich beide Richtungen des Ortswechſels.“
Können ſich die Atlanten durch gänzliches Zurückziehen in die Schale noch einigermaßen, namentlich vor den Angriffen kleinerer nagender Krebschen ſchützen, ſo ſind die Carinarien in ihrer faſt gänzlichen Nacktheit und Hülfloſigkeit den vielfachſten Angriffen der nach ihnen lüſternen Krebſe, Fiſche und der eigenen Verwandtſchaft ausgeſetzt. Dieſe Feinde ſcheinen es am öfterſten auf den Eingeweidekern abgeſehen zu haben, was ſich ſehr leicht aus der faſt vollſtändigen Durch- ſichtigkeit des übrigen Körpers erklärt. Auch die Angabe, daß nicht ſelten außer dem Kern auch der Kopf fehle, in welchem Zuſtande der Verſtümmelung das übrig gebliebene Wrack noch lange ſich fortbewegt, wird in den den Feinden als glänzende und gefärbte Kügelchen auffallenden Augen ihre Erklärung finden. Da, wie geſagt, die verſtümmelten Exemplare lange, tagelang fortleben und nach geſchloſſenen Wundrändern noch ihre Bewegungen ausführen, ſo wird der Jrrthum einiger Naturforſcher begreiflich, welche ſolche verunglückte halbe und Viertelskörper als neue Gattungen begrüßten.
Zahlreiche Carinarien, welche Gegenbaur im März einfing, legten maſſenhaft Eier, ſo daß er die von einem einzigen Weibchen binnen 24 Stunden gelieferten auf mehrere Tauſend berechnet. Die Eier werden in Schnüren abgeſetzt, die aus einer eiweißartigen Subſtanz beſtehen und äußerlich eine etwas erhärtete und daher ſpröde Schichte beſitzen. Dieſe Schnüre ſind drehrund, bis Linien dick, auf ihrer Oberfläche vollkommen glatt und enthalten die Eier in einer einzigen Reihe meiſt ſehr nahe bei einander liegend. Schon 18 Stunden nach dem Legen dreht ſich der Embryo mit Hülfe der Wimpern im Ei; auch konnte Gegenbaur die Weiterentwicklung bis zur Bildung des in zwei Lappen ausgedehnten Segels verfolgen, welches Stadium etwa am dritten Tage ſich zeigt, aber dann gingen allemal, ſo oft er auch die ſorgfältigſte Pflege verſuchte, die Embryonen zu Grunde.
Unter den ehemals im höchſten Preiſe ſtehenden Conchylien figurirt auch eine indiſche Carinarie, welche 100 Guineen gegolten hat.
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Atlanta. Carinaria.
daß bei Atlanta die Weibchen in entſchiedener Minderzahl gegen ihre Gatten ſeien, iſt wohl nicht
viel zu geben, da Andere dieſes Mißverhältniß nicht gefunden haben. Die Eier werden, wahr-
ſcheinlich wie bei den übrigen Pteropoden in langen Schnüren frei ins Waſſer gelegt. Die
gefangen gehaltenen Jndividuen ließen ſich, wie Gegenbaur gelegentlich ſeines Aufenthaltes und
ſeiner Forſchungen in Meſſina angibt, nie zum Eilegen herbei, doch fängt man die Larven auf
den verſchiedenen Stadien der Ausbildung mit dem feinen Netze an der Waſſeroberfläche.
Carinaria iſt eine in manchen Beziehungen ſich an Atlanta anſchließende, in wichtigen anderen
aber den Uebergang zur dritten Hauptform der Kielfüßer bildende Gattung. Auch Carinaria hat
ein Gehäus. Daſſelbe iſt überaus dünn, glasartig und ſehr raſch in einer Ebene aufgewunden,
ſo daß die letzte Mündung an Umfang und Raum weit das Gewinde überwiegt. Es iſt darin
aber nur für den ſogenannten Kern Platz, der aus der Leber und dem Eingeweideknäuel beſteht,
während die Kiemen über den Rand hervorragen. Der größte Theil des Körpers bildet eine
ſpindelförmige Maſſe, von welcher der vordere Theil dem Kopfe der Atlanta und der hintere
demjenigen Fußtheile der Atlanta entſpricht, welcher den Deckel trägt. Am Grunde des Kopfes
ſieht man zwei lange ſpitze Fühlfäden, hinter welchen die Augen liegen. Jn dem runden Anfange am
Bauche erkennt man ſogleich den Kiel oder die Floſſe mit dem Saugnapf. „Die nach oben gekehrte
Floſſe“, ſagt Keferſtein, „bewegt durch Hin- und Herſchlagen, wobei ſie ſich windſchief biegt,
das Thier langſam aber ſtetig fort. Der Schwanz ſchlägt hin und her, der ganze Körper iſt,
ſo weit es ſeine Feſtigkeit zuläßt, ebenfalls in ähnlicher Thätigkeit, und hierdurch wird das Thier
hin und her geworfen, wobei es allerdings fortrückt, aber in ſeiner Bewegung zugleich alles
Zierliche einbüßt. Wie aus dieſer Beſchreibung ſchon hervorgeht, iſt es dem Thier faſt gleich
bequem, ſich vorwärts oder rückwärts zu bewegen und man beobachtet auch wirklich beide
Richtungen des Ortswechſels.“
Können ſich die Atlanten durch gänzliches Zurückziehen in die Schale noch einigermaßen,
namentlich vor den Angriffen kleinerer nagender Krebschen ſchützen, ſo ſind die Carinarien in
ihrer faſt gänzlichen Nacktheit und Hülfloſigkeit den vielfachſten Angriffen der nach ihnen lüſternen
Krebſe, Fiſche und der eigenen Verwandtſchaft ausgeſetzt. Dieſe Feinde ſcheinen es am öfterſten
auf den Eingeweidekern abgeſehen zu haben, was ſich ſehr leicht aus der faſt vollſtändigen Durch-
ſichtigkeit des übrigen Körpers erklärt. Auch die Angabe, daß nicht ſelten außer dem Kern auch
der Kopf fehle, in welchem Zuſtande der Verſtümmelung das übrig gebliebene Wrack noch lange
ſich fortbewegt, wird in den den Feinden als glänzende und gefärbte Kügelchen auffallenden
Augen ihre Erklärung finden. Da, wie geſagt, die verſtümmelten Exemplare lange, tagelang
fortleben und nach geſchloſſenen Wundrändern noch ihre Bewegungen ausführen, ſo wird der
Jrrthum einiger Naturforſcher begreiflich, welche ſolche verunglückte halbe und Viertelskörper als
neue Gattungen begrüßten.
Zahlreiche Carinarien, welche Gegenbaur im März einfing, legten maſſenhaft Eier, ſo daß
er die von einem einzigen Weibchen binnen 24 Stunden gelieferten auf mehrere Tauſend berechnet.
Die Eier werden in Schnüren abgeſetzt, die aus einer eiweißartigen Subſtanz beſtehen und
äußerlich eine etwas erhärtete und daher ſpröde Schichte beſitzen. Dieſe Schnüre ſind drehrund,
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einzigen Reihe meiſt ſehr nahe bei einander liegend. Schon 18 Stunden nach dem Legen dreht
ſich der Embryo mit Hülfe der Wimpern im Ei; auch konnte Gegenbaur die Weiterentwicklung
bis zur Bildung des in zwei Lappen ausgedehnten Segels verfolgen, welches Stadium etwa am
dritten Tage ſich zeigt, aber dann gingen allemal, ſo oft er auch die ſorgfältigſte Pflege verſuchte,
die Embryonen zu Grunde.
Unter den ehemals im höchſten Preiſe ſtehenden Conchylien figurirt auch eine indiſche
Carinarie, welche 100 Guineen gegolten hat.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 855. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/903>, abgerufen am 23.11.2024.
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