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Breitscheid, Tony: Die Notwendigkeit der Forderung des allgemeinen, gleichen, direkten, geheimen Wahlrechts (= Schriften des Preußischen Landesvereins für Frauenstimmrecht, Bd. 4). Berlin, 1909.

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und die unverheirateten und Witwen mit eigenem Vermögen? Sie
machen in der Tat einen großen Teil der Frauen überhaupt aus,
wir müssen uns aber die Verteilung der 8243498 erwerbstätigen
Frauen etwas ansehen. Es waren beschäftigt
in der Landwirtschaft, Gärtnerei, Forstwirtschaft etc.
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in der Jndustrie, Bergbau, Baugewerbe
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als Gehilfinnen, Arbeiterinnen     605043

Gegenüber den 1052165 selbständigen oder sich in leitenden
Stellungen befindlichen Frauen sehen wir 6582118 Frauen in nicht
leitenden Stellungen, als Gehilfinnen, Arbeiterinnen etc. Dazu kom-
men noch die Frauen in häuslichen Diensten mit 320904 und die in
den sogen. freien Berufen mit 288311. Also insgesamt 7191333
Frauen in Stellungen, die schlecht oder immerhin mäßig besoldet
werden. Nur ein Sechstel aller berufstätigen Frauen befindet sich in
leitender Stellung oder ist selbständig, und es kann als sicher ange-
nommen werden, daß auch von diesen ein ziemlich hoher Prozentsatz
keine allzu großen Einkünfte bezieht.

Das sind die Ergebnisse der Berufszählung in Deutschland.
Für Preußen werden die Verhältnisse ähnlich sein; genaue Zahlen
liegen noch nicht vor, aber mehr als die Hälfte der arbeitenden
Frauen wird jedenfalls auf Preußen entfallen. Die große Mehrzahl
von ihnen würde der dritten Klasse zugeteilt werden, einige wenige
der zweiten. Ganz vereinzelt hätten natürlich auch berufstätige
Frauen die Möglichkeit in die erste Klasse aufzurücken, so z. B. selbst-
ständige Geschäftsinhaberinnen in Arbeitervierteln, aber es würden
Ausnahmen sein, die große Masse würde der dritten Klasse zufallen
und nur die Zahl der politisch Entrechteten verstärken. Die Frauen
in den besser besoldeten Stellen wohnen aber meist auch in den Stadt-
vierteln, in denen im allgemeinen die besser Situierten wohnen, und
in denen infolgedessen auch die zur Berechnung kommende Gesamt-
steuersumme eine höhere ist. Jhr besseres Gehalt würde also noch

und die unverheirateten und Witwen mit eigenem Vermögen? Sie
machen in der Tat einen großen Teil der Frauen überhaupt aus,
wir müssen uns aber die Verteilung der 8243498 erwerbstätigen
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in der Landwirtschaft, Gärtnerei, Forstwirtschaft ꝛc.
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Gegenüber den 1052165 selbständigen oder sich in leitenden
Stellungen befindlichen Frauen sehen wir 6582118 Frauen in nicht
leitenden Stellungen, als Gehilfinnen, Arbeiterinnen ꝛc. Dazu kom-
men noch die Frauen in häuslichen Diensten mit 320904 und die in
den sogen. freien Berufen mit 288311. Also insgesamt 7191333
Frauen in Stellungen, die schlecht oder immerhin mäßig besoldet
werden. Nur ein Sechstel aller berufstätigen Frauen befindet sich in
leitender Stellung oder ist selbständig, und es kann als sicher ange-
nommen werden, daß auch von diesen ein ziemlich hoher Prozentsatz
keine allzu großen Einkünfte bezieht.

Das sind die Ergebnisse der Berufszählung in Deutschland.
Für Preußen werden die Verhältnisse ähnlich sein; genaue Zahlen
liegen noch nicht vor, aber mehr als die Hälfte der arbeitenden
Frauen wird jedenfalls auf Preußen entfallen. Die große Mehrzahl
von ihnen würde der dritten Klasse zugeteilt werden, einige wenige
der zweiten. Ganz vereinzelt hätten natürlich auch berufstätige
Frauen die Möglichkeit in die erste Klasse aufzurücken, so z. B. selbst-
ständige Geschäftsinhaberinnen in Arbeitervierteln, aber es würden
Ausnahmen sein, die große Masse würde der dritten Klasse zufallen
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vierteln, in denen im allgemeinen die besser Situierten wohnen, und
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steuersumme eine höhere ist. Jhr besseres Gehalt würde also noch

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[5/0007] und die unverheirateten und Witwen mit eigenem Vermögen? Sie machen in der Tat einen großen Teil der Frauen überhaupt aus, wir müssen uns aber die Verteilung der 8243498 erwerbstätigen Frauen etwas ansehen. Es waren beschäftigt in der Landwirtschaft, Gärtnerei, Forstwirtschaft ꝛc. in selbständigen Stellen 328234 in nichtleitenden Stellen 16264 als Gehilfinnen, Arbeiterinnen ꝛc. 4254488 in der Jndustrie, Bergbau, Baugewerbe in selbständigen Stellen 477290 in nichtleitenden Stellen 63936 als Gehilfinnen, Arbeiterinnen 1562698 in Handel und Verkehr, Gast- und Schankwirtschaften in selbständigen Stellen 246641 in nichtleitenden Stellen 79689 als Gehilfinnen, Arbeiterinnen 605043 Gegenüber den 1052165 selbständigen oder sich in leitenden Stellungen befindlichen Frauen sehen wir 6582118 Frauen in nicht leitenden Stellungen, als Gehilfinnen, Arbeiterinnen ꝛc. Dazu kom- men noch die Frauen in häuslichen Diensten mit 320904 und die in den sogen. freien Berufen mit 288311. Also insgesamt 7191333 Frauen in Stellungen, die schlecht oder immerhin mäßig besoldet werden. Nur ein Sechstel aller berufstätigen Frauen befindet sich in leitender Stellung oder ist selbständig, und es kann als sicher ange- nommen werden, daß auch von diesen ein ziemlich hoher Prozentsatz keine allzu großen Einkünfte bezieht. Das sind die Ergebnisse der Berufszählung in Deutschland. Für Preußen werden die Verhältnisse ähnlich sein; genaue Zahlen liegen noch nicht vor, aber mehr als die Hälfte der arbeitenden Frauen wird jedenfalls auf Preußen entfallen. Die große Mehrzahl von ihnen würde der dritten Klasse zugeteilt werden, einige wenige der zweiten. Ganz vereinzelt hätten natürlich auch berufstätige Frauen die Möglichkeit in die erste Klasse aufzurücken, so z. B. selbst- ständige Geschäftsinhaberinnen in Arbeitervierteln, aber es würden Ausnahmen sein, die große Masse würde der dritten Klasse zufallen und nur die Zahl der politisch Entrechteten verstärken. Die Frauen in den besser besoldeten Stellen wohnen aber meist auch in den Stadt- vierteln, in denen im allgemeinen die besser Situierten wohnen, und in denen infolgedessen auch die zur Berechnung kommende Gesamt- steuersumme eine höhere ist. Jhr besseres Gehalt würde also noch

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-10-19T09:11:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-10-19T09:11:18Z)

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Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Breitscheid, Tony: Die Notwendigkeit der Forderung des allgemeinen, gleichen, direkten, geheimen Wahlrechts (= Schriften des Preußischen Landesvereins für Frauenstimmrecht, Bd. 4). Berlin, 1909, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/breitscheid_notwendigkeit_1909/7>, abgerufen am 21.11.2024.