Breitscheid, Tony: Die Notwendigkeit der Forderung des allgemeinen, gleichen, direkten, geheimen Wahlrechts (= Schriften des Preußischen Landesvereins für Frauenstimmrecht, Bd. 4). Berlin, 1909.nur eine Erschwerung ihrer Erwerbstätigkeit zur Folge haben würde. Wir brauchen hier nicht weiter alle Gründe anzuführen, aus nur eine Erschwerung ihrer Erwerbstätigkeit zur Folge haben würde. Wir brauchen hier nicht weiter alle Gründe anzuführen, aus <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0009" n="7"/> nur eine Erschwerung ihrer Erwerbstätigkeit zur Folge haben würde.<lb/> Man möge nicht glauben, daß wir den besonderen Arbeiterinnenschutz<lb/> überhaupt ablehnen. Wir treten ein für die verkürzte Arbeitszeit<lb/> und für das Verbot der Frauenarbeit in gesundheitsschädlichen Be-<lb/> trieben, Bergwerken ꝛc., aber wir können nicht zustimmen, wenn man<lb/> verlangt, daß die verheiratete Arbeiterin einen kürzeren Arbeitstag<lb/> haben soll wie die unverheiratete. Das würde nichts anderes be-<lb/> deuten, als das allmähliche Herausdrängen der verheirateten Arbeiterin<lb/> aus dem Fabrik- und Werkstättenbetrieb und eine Verstärkung der<lb/> ohnehin allzu großen Schar der Heimarbeiterinnen. Dem können<lb/> wir selbstverständlich nicht zustimmen, und dem müssen und würden<lb/> sich die Arbeiterinnen selbst ganz entschieden widersetzen. Haben sie<lb/> aber politische Macht, so können sie auch mit dafür sorgen, auf andere<lb/> Weise den Schäden vorzubeugen, die der Familie aus einer zu langen<lb/> Erwerbsarbeitszeit der Frau erwachsen. Hier gibt es außerordentlich<lb/> viel zu tun, es ist ein weites Feld, und eins das grade für die Mit-<lb/> arbeit der Frau sehr geeignet ist. </p><lb/> <p>Wir brauchen hier nicht weiter alle Gründe anzuführen, aus<lb/> denen heraus das Frauenstimmrecht überhaupt verlangt werden muß.<lb/> Diese Gründe sind schon so oft dargelegt und werden immer wieder<lb/> vorgetragen werden. Hier wollen wir nur feststellen, daß alle<lb/> arbeitenden und die in minder guten Verhältnissen lebenden Frauen<lb/> einen ganz besonderen Anspruch auf politische Rechte haben. Diese<lb/> Rechte werden sie erst dann erhalten, wenn sie geschlossen von ihnen<lb/> selbst gefordert werden, wenn nicht nur einige wenige Frauen, sondern<lb/> die große Masse sie in aller Oeffentlichkeit und mit Nachdruck verlangt.<lb/> Mit der Parole: „<hi rendition="#g">Das Dreiklassenwahlrecht für die<lb/> Frauen</hi>“ sind aber die erwerbstätigen Frauen – die Fabrik-<lb/> arbeiterinnen, Heimarbeiterinnen, Hausangestellten, kaufmännischen<lb/> Angestellten, Post- und Eisenbahnbeamtinnen, Lehrerinnen ꝛc. ꝛc.<lb/> nicht zu gewinnen. Weshalb sollten sie sich auch einsetzen für etwas,<lb/> das absolut keinen Gewinn für sie bedeuten würde? Jhnen geht<lb/> es doch nicht darum, nur am Wahltage ihre Stimme abgeben zu<lb/> können, sondern darum, politischen Einfluß zu erlangen. Jetzt schon<lb/> sind ein Drittel aller Frauen erwerbstätig, und die Zahl wird aller<lb/> Voraussicht nach stetig anwachsen. Soll sich die Stimmrechtsbewegung<lb/> diese Frauen entgehen lassen dadurch, daß sie von ihrer Grundforderung<lb/> abgeht, daß sie sich zufrieden gibt mit einer kleinen Abschlagszahlung,<lb/> die zu erreichen vielleicht weniger mühevoll wäre? Das kann sie<lb/> nicht. <hi rendition="#g">Will die Frauenstimmrechtsbewegung über-<lb/></hi></p> </body> </text> </TEI> [7/0009]
nur eine Erschwerung ihrer Erwerbstätigkeit zur Folge haben würde.
Man möge nicht glauben, daß wir den besonderen Arbeiterinnenschutz
überhaupt ablehnen. Wir treten ein für die verkürzte Arbeitszeit
und für das Verbot der Frauenarbeit in gesundheitsschädlichen Be-
trieben, Bergwerken ꝛc., aber wir können nicht zustimmen, wenn man
verlangt, daß die verheiratete Arbeiterin einen kürzeren Arbeitstag
haben soll wie die unverheiratete. Das würde nichts anderes be-
deuten, als das allmähliche Herausdrängen der verheirateten Arbeiterin
aus dem Fabrik- und Werkstättenbetrieb und eine Verstärkung der
ohnehin allzu großen Schar der Heimarbeiterinnen. Dem können
wir selbstverständlich nicht zustimmen, und dem müssen und würden
sich die Arbeiterinnen selbst ganz entschieden widersetzen. Haben sie
aber politische Macht, so können sie auch mit dafür sorgen, auf andere
Weise den Schäden vorzubeugen, die der Familie aus einer zu langen
Erwerbsarbeitszeit der Frau erwachsen. Hier gibt es außerordentlich
viel zu tun, es ist ein weites Feld, und eins das grade für die Mit-
arbeit der Frau sehr geeignet ist.
Wir brauchen hier nicht weiter alle Gründe anzuführen, aus
denen heraus das Frauenstimmrecht überhaupt verlangt werden muß.
Diese Gründe sind schon so oft dargelegt und werden immer wieder
vorgetragen werden. Hier wollen wir nur feststellen, daß alle
arbeitenden und die in minder guten Verhältnissen lebenden Frauen
einen ganz besonderen Anspruch auf politische Rechte haben. Diese
Rechte werden sie erst dann erhalten, wenn sie geschlossen von ihnen
selbst gefordert werden, wenn nicht nur einige wenige Frauen, sondern
die große Masse sie in aller Oeffentlichkeit und mit Nachdruck verlangt.
Mit der Parole: „Das Dreiklassenwahlrecht für die
Frauen“ sind aber die erwerbstätigen Frauen – die Fabrik-
arbeiterinnen, Heimarbeiterinnen, Hausangestellten, kaufmännischen
Angestellten, Post- und Eisenbahnbeamtinnen, Lehrerinnen ꝛc. ꝛc.
nicht zu gewinnen. Weshalb sollten sie sich auch einsetzen für etwas,
das absolut keinen Gewinn für sie bedeuten würde? Jhnen geht
es doch nicht darum, nur am Wahltage ihre Stimme abgeben zu
können, sondern darum, politischen Einfluß zu erlangen. Jetzt schon
sind ein Drittel aller Frauen erwerbstätig, und die Zahl wird aller
Voraussicht nach stetig anwachsen. Soll sich die Stimmrechtsbewegung
diese Frauen entgehen lassen dadurch, daß sie von ihrer Grundforderung
abgeht, daß sie sich zufrieden gibt mit einer kleinen Abschlagszahlung,
die zu erreichen vielleicht weniger mühevoll wäre? Das kann sie
nicht. Will die Frauenstimmrechtsbewegung über-
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(2017-10-19T09:11:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
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