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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901.

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befriedigen, und er besitzt nicht Kraft genug, den un-
gestümen Andrang derselben zurückzuweisen. Seine
eigenen Ausschweifungen, leidenschaftliche Menschen, wie
er Einer ist, bereiten ihm tausend Sorgen, Kämpfe,
Verdemüthigungen und Leiden; dabei ist sein Herz leer
vom Troste der Religion, voll von unaussprechlicher
Bitterkeit. Gott sucht ihn mit Verlust der zeitlichen
Güter, mit Krankheit und Schmerzen heim; er weiß
diese Heimsuchung weder mit Ergebung anzunehmen
noch mit Geduld zu ertragen; er läuft Gefahr sich der
Verzweiflung in die Arme zu werfen1)."
Wie viele
Männer unserer Tage könnten aus eigener traurigen
Erfahrung das Gesagte bestätigen? Sie sind immer
sittlich elender geworden; das edel Menschliche ist immer
mehr aus ihrem Herzen geschwunden, dagegen das wilde
Thier der Leidenschaft immer größer, immer mächtiger,
immer ungestümer geworden, so daß sie schließlich fast
den Glauben an die Möglichkeit der Tugend verloren
haben, und das Alles, weil sie seit Jahren gewohn-
heitsmäßig vom Segen des Sonntags sich losgesagt,
weil sie diesen hehren, bedeutungsvollen Tag durch
Arbeit, durch Ausschweifungen und Sünden aller Art
entheiligt haben. Sie wollten nichts von Gott, nichts
von dem ihm geweihten Tage, nichts von seiner Liebe
und seinem Dienste wissen; darum hat auch Gott sich von
ihnen mit seiner Gnade entfernt und sie den Neigungen

1) Deharbe, Erklärung des katholischen Katechis-
mus, B. III. S. 243 f.

befriedigen, und er besitzt nicht Kraft genug, den un-
gestümen Andrang derselben zurückzuweisen. Seine
eigenen Ausschweifungen, leidenschaftliche Menschen, wie
er Einer ist, bereiten ihm tausend Sorgen, Kämpfe,
Verdemüthigungen und Leiden; dabei ist sein Herz leer
vom Troste der Religion, voll von unaussprechlicher
Bitterkeit. Gott sucht ihn mit Verlust der zeitlichen
Güter, mit Krankheit und Schmerzen heim; er weiß
diese Heimsuchung weder mit Ergebung anzunehmen
noch mit Geduld zu ertragen; er läuft Gefahr sich der
Verzweiflung in die Arme zu werfen1).“
Wie viele
Männer unserer Tage könnten aus eigener traurigen
Erfahrung das Gesagte bestätigen? Sie sind immer
sittlich elender geworden; das edel Menschliche ist immer
mehr aus ihrem Herzen geschwunden, dagegen das wilde
Thier der Leidenschaft immer größer, immer mächtiger,
immer ungestümer geworden, so daß sie schließlich fast
den Glauben an die Möglichkeit der Tugend verloren
haben, und das Alles, weil sie seit Jahren gewohn-
heitsmäßig vom Segen des Sonntags sich losgesagt,
weil sie diesen hehren, bedeutungsvollen Tag durch
Arbeit, durch Ausschweifungen und Sünden aller Art
entheiligt haben. Sie wollten nichts von Gott, nichts
von dem ihm geweihten Tage, nichts von seiner Liebe
und seinem Dienste wissen; darum hat auch Gott sich von
ihnen mit seiner Gnade entfernt und sie den Neigungen

1) Deharbe, Erklärung des katholischen Katechis-
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[136/0148] befriedigen, und er besitzt nicht Kraft genug, den un- gestümen Andrang derselben zurückzuweisen. Seine eigenen Ausschweifungen, leidenschaftliche Menschen, wie er Einer ist, bereiten ihm tausend Sorgen, Kämpfe, Verdemüthigungen und Leiden; dabei ist sein Herz leer vom Troste der Religion, voll von unaussprechlicher Bitterkeit. Gott sucht ihn mit Verlust der zeitlichen Güter, mit Krankheit und Schmerzen heim; er weiß diese Heimsuchung weder mit Ergebung anzunehmen noch mit Geduld zu ertragen; er läuft Gefahr sich der Verzweiflung in die Arme zu werfen 1).“ Wie viele Männer unserer Tage könnten aus eigener traurigen Erfahrung das Gesagte bestätigen? Sie sind immer sittlich elender geworden; das edel Menschliche ist immer mehr aus ihrem Herzen geschwunden, dagegen das wilde Thier der Leidenschaft immer größer, immer mächtiger, immer ungestümer geworden, so daß sie schließlich fast den Glauben an die Möglichkeit der Tugend verloren haben, und das Alles, weil sie seit Jahren gewohn- heitsmäßig vom Segen des Sonntags sich losgesagt, weil sie diesen hehren, bedeutungsvollen Tag durch Arbeit, durch Ausschweifungen und Sünden aller Art entheiligt haben. Sie wollten nichts von Gott, nichts von dem ihm geweihten Tage, nichts von seiner Liebe und seinem Dienste wissen; darum hat auch Gott sich von ihnen mit seiner Gnade entfernt und sie den Neigungen 1) Deharbe, Erklärung des katholischen Katechis- mus, B. III. S. 243 f.

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Zitationshilfe: Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/148>, abgerufen am 21.11.2024.