Die Menschenfurcht erscheint endlich eines katho- lischen Christen höchst unwürdig, wenn man hinschaut auf seine muthigen Vorgänger im Glauben. In einer altadeligen Familie hält man viel auf die Ehre und das Andenken der Ahnen. Haben sich dieselben in früheren Jahrhunderten ausgezeichnet durch große That- kraft und heldenmüthige Tapferkeit, so spricht man noch jetzt gern von ihnen, nennt mit großer Achtung ihren Namen und erzählt gern von ihren Thaten. Das soll durchaus nicht getadelt werden. Aber wenn nun bei den Nachkommen dieser Helden sich Feigheit und Käuflichkeit zeigt, dann ist das um so entehrender für sie.
Wir alle gehören als Christen einer großen Adels- familie an. Der Adel, der uns schmückt, ist der be- rühmteste, den es geben kann. Wir sind Kinder des unendlichen Gottes im Himmel; er ist unser Vater. Täglich falten wir unsere Hände und beten nach An- leitung des göttlichen Heilandes zu ihm: "Vater unser, der Du bist in dem Himmel." Aber vergessen wir es nicht, wir gehören einem Heldengeschlechte an; un- sere Vorfahren im Glauben waren unerschrockene, muthige Bekenner Jesu Christi. Denken wir nur einen Augenblick an die Christen in den ersten Jahrhunder- ten. Da stehen sie vor dem Richterstuhle des mäch- tigen römischen Kaisers. Er verlangt, daß sie ihrem Glauben untreu werden und vor dem Standbilde des Jupiter Weihrauch anzünden, zum Zeichen, daß sie ihn anbeten. Folgen sie der Aufforderung des Kaisers, so will er sie mit seiner Gunst, mit Ehren und irdischen
Die Menschenfurcht erscheint endlich eines katho- lischen Christen höchst unwürdig, wenn man hinschaut auf seine muthigen Vorgänger im Glauben. In einer altadeligen Familie hält man viel auf die Ehre und das Andenken der Ahnen. Haben sich dieselben in früheren Jahrhunderten ausgezeichnet durch große That- kraft und heldenmüthige Tapferkeit, so spricht man noch jetzt gern von ihnen, nennt mit großer Achtung ihren Namen und erzählt gern von ihren Thaten. Das soll durchaus nicht getadelt werden. Aber wenn nun bei den Nachkommen dieser Helden sich Feigheit und Käuflichkeit zeigt, dann ist das um so entehrender für sie.
Wir alle gehören als Christen einer großen Adels- familie an. Der Adel, der uns schmückt, ist der be- rühmteste, den es geben kann. Wir sind Kinder des unendlichen Gottes im Himmel; er ist unser Vater. Täglich falten wir unsere Hände und beten nach An- leitung des göttlichen Heilandes zu ihm: „Vater unser, der Du bist in dem Himmel.“ Aber vergessen wir es nicht, wir gehören einem Heldengeschlechte an; un- sere Vorfahren im Glauben waren unerschrockene, muthige Bekenner Jesu Christi. Denken wir nur einen Augenblick an die Christen in den ersten Jahrhunder- ten. Da stehen sie vor dem Richterstuhle des mäch- tigen römischen Kaisers. Er verlangt, daß sie ihrem Glauben untreu werden und vor dem Standbilde des Jupiter Weihrauch anzünden, zum Zeichen, daß sie ihn anbeten. Folgen sie der Aufforderung des Kaisers, so will er sie mit seiner Gunst, mit Ehren und irdischen
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Die Menschenfurcht erscheint endlich eines katho-
lischen Christen höchst unwürdig, wenn man hinschaut
auf seine muthigen Vorgänger im Glauben. In einer
altadeligen Familie hält man viel auf die Ehre und
das Andenken der Ahnen. Haben sich dieselben in
früheren Jahrhunderten ausgezeichnet durch große That-
kraft und heldenmüthige Tapferkeit, so spricht man noch
jetzt gern von ihnen, nennt mit großer Achtung ihren
Namen und erzählt gern von ihren Thaten. Das soll
durchaus nicht getadelt werden. Aber wenn nun bei den
Nachkommen dieser Helden sich Feigheit und Käuflichkeit
zeigt, dann ist das um so entehrender für sie.
Wir alle gehören als Christen einer großen Adels-
familie an. Der Adel, der uns schmückt, ist der be-
rühmteste, den es geben kann. Wir sind Kinder des
unendlichen Gottes im Himmel; er ist unser Vater.
Täglich falten wir unsere Hände und beten nach An-
leitung des göttlichen Heilandes zu ihm: „Vater unser,
der Du bist in dem Himmel.“ Aber vergessen wir
es nicht, wir gehören einem Heldengeschlechte an; un-
sere Vorfahren im Glauben waren unerschrockene,
muthige Bekenner Jesu Christi. Denken wir nur einen
Augenblick an die Christen in den ersten Jahrhunder-
ten. Da stehen sie vor dem Richterstuhle des mäch-
tigen römischen Kaisers. Er verlangt, daß sie ihrem
Glauben untreu werden und vor dem Standbilde des
Jupiter Weihrauch anzünden, zum Zeichen, daß sie ihn
anbeten. Folgen sie der Aufforderung des Kaisers, so
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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/171>, abgerufen am 24.11.2024.
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