dasselbe in sich ertödten will. Das Gewissen ist die Stimme Gottes, des unendlich Heiligen und Gerechten; das Gewissen sagt uns: Es gibt ein unendlich heiliges, gerechtes, allgegenwärtiges, allsehendes unsichtbares Wesen, das unsere Herzen gebildet hat, ein Wesen, vor dem alle Menschen, auch die mächtigsten und höchst- gestellten, auch die reichsten und angesehensten Rechenschaft ablegen müssen über ihr ganzes Leben. Das Gewissen ist unerklärlich ohne das Dasein Gottes, ohne die Existenz eines höchsten Richters über alle Menschen. Mit Recht sagt darum schon der heidnische Philosoph Seneca: "Ganz nahe bei dir ist Gott; er ist mit dir und in dir; ja ein heiliger Geist thront in uns, ein Beobachter und Wächter über Gutes und Böses."
3. Wir glauben unerschütterlich fest an das Da- sein Gottes; wir finden ja Gott überall in der Geschichte der Menschheit. "Gehen wir hin nach allen Richtungen der bewohnten Erde, durchstreifen wir die Steppen der asiatischen Hochebene, schlagen wir unsere Wohnung auf bei den wilden Stämmen der Ureinwohner von Amerika, gehen wir hinauf bis zum Eispol, dringen wir hinein in die glühende Sandwüste des inneren Afrika, überall, wo nur ein menschliches Wesen athmet, wenn auch noch so verwildert, da erhebt sich sein Auge nach Oben; überall, wo eine menschliche Intelligenz denkt, wenn auch auf der niedrigsten Stufe der Entwickelung, da hat sie Gedanken des Göttlichen; wo immer ein menschliches Herz schlägt, da wird es
dasselbe in sich ertödten will. Das Gewissen ist die Stimme Gottes, des unendlich Heiligen und Gerechten; das Gewissen sagt uns: Es gibt ein unendlich heiliges, gerechtes, allgegenwärtiges, allsehendes unsichtbares Wesen, das unsere Herzen gebildet hat, ein Wesen, vor dem alle Menschen, auch die mächtigsten und höchst- gestellten, auch die reichsten und angesehensten Rechenschaft ablegen müssen über ihr ganzes Leben. Das Gewissen ist unerklärlich ohne das Dasein Gottes, ohne die Existenz eines höchsten Richters über alle Menschen. Mit Recht sagt darum schon der heidnische Philosoph Seneca: „Ganz nahe bei dir ist Gott; er ist mit dir und in dir; ja ein heiliger Geist thront in uns, ein Beobachter und Wächter über Gutes und Böses.“
3. Wir glauben unerschütterlich fest an das Da- sein Gottes; wir finden ja Gott überall in der Geschichte der Menschheit. „Gehen wir hin nach allen Richtungen der bewohnten Erde, durchstreifen wir die Steppen der asiatischen Hochebene, schlagen wir unsere Wohnung auf bei den wilden Stämmen der Ureinwohner von Amerika, gehen wir hinauf bis zum Eispol, dringen wir hinein in die glühende Sandwüste des inneren Afrika, überall, wo nur ein menschliches Wesen athmet, wenn auch noch so verwildert, da erhebt sich sein Auge nach Oben; überall, wo eine menschliche Intelligenz denkt, wenn auch auf der niedrigsten Stufe der Entwickelung, da hat sie Gedanken des Göttlichen; wo immer ein menschliches Herz schlägt, da wird es
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dasselbe in sich ertödten will. Das Gewissen ist die
Stimme Gottes, des unendlich Heiligen und Gerechten;
das Gewissen sagt uns: Es gibt ein unendlich heiliges,
gerechtes, allgegenwärtiges, allsehendes unsichtbares
Wesen, das unsere Herzen gebildet hat, ein Wesen, vor
dem alle Menschen, auch die mächtigsten und höchst-
gestellten, auch die reichsten und angesehensten Rechenschaft
ablegen müssen über ihr ganzes Leben. Das Gewissen
ist unerklärlich ohne das Dasein Gottes, ohne die
Existenz eines höchsten Richters über alle Menschen.
Mit Recht sagt darum schon der heidnische Philosoph
Seneca: „Ganz nahe bei dir ist Gott; er ist mit
dir und in dir; ja ein heiliger Geist thront in
uns, ein Beobachter und Wächter über Gutes und
Böses.“
3. Wir glauben unerschütterlich fest an das Da-
sein Gottes; wir finden ja Gott überall in der
Geschichte der Menschheit. „Gehen wir hin nach
allen Richtungen der bewohnten Erde, durchstreifen wir
die Steppen der asiatischen Hochebene, schlagen wir
unsere Wohnung auf bei den wilden Stämmen der
Ureinwohner von Amerika, gehen wir hinauf bis zum
Eispol, dringen wir hinein in die glühende Sandwüste
des inneren Afrika, überall, wo nur ein menschliches
Wesen athmet, wenn auch noch so verwildert, da erhebt
sich sein Auge nach Oben; überall, wo eine menschliche
Intelligenz denkt, wenn auch auf der niedrigsten Stufe
der Entwickelung, da hat sie Gedanken des Göttlichen;
wo immer ein menschliches Herz schlägt, da wird es
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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/51>, abgerufen am 24.11.2024.
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