Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901.

Bild:
<< vorherige Seite

Alles wanken und schwanken? Muß nicht der ganze
Organismus der menschlichen Gesellschaft über den
Haufen stürzen? Muß nicht das schöne, segensvolle
Verhältnis, wie es jetzt zwischen der Obrigkeit und den
Unterthanen, zwischen den Vorgesetzten und den Unter-
gebenen, zwischen den Eltern und Kindern zu Recht
besteht, sich auflösen und überall die wildeste Unordnung
eintreten? Möchten doch die, welche es angeht, es nie
vergessen, daß es ohne den Glauben an Gott auf die Dauer
keine Achtung vor der Auctorität geben kann, und darum
mit Ernst dem Unglauben entgegentreten, der sich vielfach
in der Presse und auf manchen Cathedern geltend macht!

Ohne den Glauben an Gott gibt es kein ge-
sichertes Eigenthum
. Die alten Deutschen hatten
ein schönes Sprüchwort, das schon an der Spitze dieser
Abhandlung steht; es heißt: "Wo Gott nicht haus-
hält, da sichern tausend Riegel nicht."
Unsere Zeit
fängt an, den Beweis zu diesem Worte zu liefern.
Die alte deutsche Treue und Ehrlichkeit, welche sprich-
wörtlich war, schwindet immer mehr, ja man hat kaum
mehr einen Begriff von derselben; Betrug, Diebstahl
und der Schwindel auf allen Gebieten des Lebens
nehmen mit jedem Jahre zu. Der Eid, der sonst das
Recht und das Eigenthum schützte, hat vielfach seine
Heiligkeit bei uns verloren. Wie leichtsinnig werden
falsche Eide geschworen, werden Eide gebrochen? Mußte
es aber nicht so kommen? Wenn man keinen allwissen-
den und allgerechten Gott mehr anerkennt, wenn man
über den Glauben an sein Dasein öffentlich spottet,

Alles wanken und schwanken? Muß nicht der ganze
Organismus der menschlichen Gesellschaft über den
Haufen stürzen? Muß nicht das schöne, segensvolle
Verhältnis, wie es jetzt zwischen der Obrigkeit und den
Unterthanen, zwischen den Vorgesetzten und den Unter-
gebenen, zwischen den Eltern und Kindern zu Recht
besteht, sich auflösen und überall die wildeste Unordnung
eintreten? Möchten doch die, welche es angeht, es nie
vergessen, daß es ohne den Glauben an Gott auf die Dauer
keine Achtung vor der Auctorität geben kann, und darum
mit Ernst dem Unglauben entgegentreten, der sich vielfach
in der Presse und auf manchen Cathedern geltend macht!

Ohne den Glauben an Gott gibt es kein ge-
sichertes Eigenthum
. Die alten Deutschen hatten
ein schönes Sprüchwort, das schon an der Spitze dieser
Abhandlung steht; es heißt: „Wo Gott nicht haus-
hält, da sichern tausend Riegel nicht.“
Unsere Zeit
fängt an, den Beweis zu diesem Worte zu liefern.
Die alte deutsche Treue und Ehrlichkeit, welche sprich-
wörtlich war, schwindet immer mehr, ja man hat kaum
mehr einen Begriff von derselben; Betrug, Diebstahl
und der Schwindel auf allen Gebieten des Lebens
nehmen mit jedem Jahre zu. Der Eid, der sonst das
Recht und das Eigenthum schützte, hat vielfach seine
Heiligkeit bei uns verloren. Wie leichtsinnig werden
falsche Eide geschworen, werden Eide gebrochen? Mußte
es aber nicht so kommen? Wenn man keinen allwissen-
den und allgerechten Gott mehr anerkennt, wenn man
über den Glauben an sein Dasein öffentlich spottet,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="1">
          <p><pb facs="#f0058" xml:id="B836_001_1901_pb0046_0001" n="46"/>
Alles wanken und schwanken? Muß nicht der ganze<lb/>
Organismus der menschlichen Gesellschaft über den<lb/>
Haufen stürzen? Muß nicht das schöne, segensvolle<lb/>
Verhältnis, wie es jetzt zwischen der Obrigkeit und den<lb/>
Unterthanen, zwischen den Vorgesetzten und den Unter-<lb/>
gebenen, zwischen den Eltern und Kindern zu Recht<lb/>
besteht, sich auflösen und überall die wildeste Unordnung<lb/>
eintreten? Möchten doch die, welche es angeht, es nie<lb/>
vergessen, daß es ohne den Glauben an Gott auf die Dauer<lb/>
keine Achtung vor der Auctorität geben kann, und darum<lb/>
mit Ernst dem Unglauben entgegentreten, der sich vielfach<lb/>
in der Presse und auf manchen Cathedern geltend macht!</p>
          <p>Ohne den Glauben an Gott gibt es <hi rendition="#g">kein ge-<lb/>
sichertes Eigenthum</hi>. Die alten Deutschen hatten<lb/>
ein schönes Sprüchwort, das schon an der Spitze dieser<lb/>
Abhandlung steht; es heißt: <q>&#x201E;Wo Gott nicht haus-<lb/>
hält, da sichern tausend Riegel nicht.&#x201C;</q> Unsere Zeit<lb/>
fängt an, den Beweis zu diesem Worte zu liefern.<lb/>
Die alte deutsche Treue und Ehrlichkeit, welche sprich-<lb/>
wörtlich war, schwindet immer mehr, ja man hat kaum<lb/>
mehr einen Begriff von derselben; Betrug, Diebstahl<lb/>
und der Schwindel auf allen Gebieten des Lebens<lb/>
nehmen mit jedem Jahre zu. Der Eid, der sonst das<lb/>
Recht und das Eigenthum schützte, hat vielfach seine<lb/>
Heiligkeit bei uns verloren. Wie leichtsinnig werden<lb/>
falsche Eide geschworen, werden Eide gebrochen? Mußte<lb/>
es aber nicht so kommen? Wenn man keinen allwissen-<lb/>
den und allgerechten Gott mehr anerkennt, wenn man<lb/>
über den Glauben an sein Dasein öffentlich spottet,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0058] Alles wanken und schwanken? Muß nicht der ganze Organismus der menschlichen Gesellschaft über den Haufen stürzen? Muß nicht das schöne, segensvolle Verhältnis, wie es jetzt zwischen der Obrigkeit und den Unterthanen, zwischen den Vorgesetzten und den Unter- gebenen, zwischen den Eltern und Kindern zu Recht besteht, sich auflösen und überall die wildeste Unordnung eintreten? Möchten doch die, welche es angeht, es nie vergessen, daß es ohne den Glauben an Gott auf die Dauer keine Achtung vor der Auctorität geben kann, und darum mit Ernst dem Unglauben entgegentreten, der sich vielfach in der Presse und auf manchen Cathedern geltend macht! Ohne den Glauben an Gott gibt es kein ge- sichertes Eigenthum. Die alten Deutschen hatten ein schönes Sprüchwort, das schon an der Spitze dieser Abhandlung steht; es heißt: „Wo Gott nicht haus- hält, da sichern tausend Riegel nicht.“ Unsere Zeit fängt an, den Beweis zu diesem Worte zu liefern. Die alte deutsche Treue und Ehrlichkeit, welche sprich- wörtlich war, schwindet immer mehr, ja man hat kaum mehr einen Begriff von derselben; Betrug, Diebstahl und der Schwindel auf allen Gebieten des Lebens nehmen mit jedem Jahre zu. Der Eid, der sonst das Recht und das Eigenthum schützte, hat vielfach seine Heiligkeit bei uns verloren. Wie leichtsinnig werden falsche Eide geschworen, werden Eide gebrochen? Mußte es aber nicht so kommen? Wenn man keinen allwissen- den und allgerechten Gott mehr anerkennt, wenn man über den Glauben an sein Dasein öffentlich spottet,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Anmerkungen zur Transkription:

Bei der Zeichenerkennung wurde nach Vorgabe des DLC modernisiert.

In Absprache mit dem MPI wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:

  • Bogensignaturen und Kustoden
  • Kolumnentitel
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizierung von titleParts verzichtet.
  • Bei Textpassagen, die als Abschnittsüberschrift ausgeweisen werden können, wird auf die zusätzliche Auszeichnung des Layouts verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.

Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet.

Weiche und harte Zeilentrennungen werden identisch als 002D übernommen. Der Zeilenumbruch selbst über lb ausgezeichnet.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/58
Zitationshilfe: Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/58>, abgerufen am 12.05.2024.