die Polizei nichts anhaben kann. Sind das nicht schauerliche Grundsätze? Wohin müßte es kommen mit der Gesellschaft, wenn dieselben sich allgemein Bahn brechen sollten? Würde dann nicht bald bei den wilden Thieren des Waldes mehr Ordnung herrschen als bei den Menschen, die Vernunft und freien Willen besitzen?
Ohne den Glauben an Gott gibt es keine Auc- torität. Gibt es keinen unendlichen Gott, der mich richten wird, dann hat kein Mensch, auch nicht der allermächtigste der ganzen Welt, ein begründetes Recht, meiner Freiheit Schranken zu setzen und mir Vor- schriften und Gesetze zu geben. Ich brauche dann Niemand über mir anzuerkennen, brauche durchaus nicht mich dem Willen derer zu unterwerfen, die sich in lügen- hafter Weise als meine Vorgesetzte bezeichnen. Ich brauche ja dann keinem ewigen, unendlich heiligen und gerechten Richter Rechenschaft abzulegen, brauche keine Strafe jen- seits des Grabes zu fürchten, warum soll ich also nicht thun, was mir beliebt? Und sage man mir nicht: Aber so verlangt es die Ordnung in der menschlichen Gesellschaft, daß die Einen den Andern sich willig unterwerfen. Doch was liegt mir an dieser Ordnung, welche nur Andere erfunden und eingeführt haben, um sich ihre eigenen Interesse zu sichern. Was die An- dern sind, das bin ich auch; ich kümmere mich nicht um ihre Ordnung, wenn es so meine Sinnlichkeit, mein Vergnügen, mein Vortheil erheischt. - Dagegen läßt sich nichts einwenden, wenn man keinen Gott über sich anerkennt. Muß aber nicht bei solchen Grundsätzen
die Polizei nichts anhaben kann. Sind das nicht schauerliche Grundsätze? Wohin müßte es kommen mit der Gesellschaft, wenn dieselben sich allgemein Bahn brechen sollten? Würde dann nicht bald bei den wilden Thieren des Waldes mehr Ordnung herrschen als bei den Menschen, die Vernunft und freien Willen besitzen?
Ohne den Glauben an Gott gibt es keine Auc- torität. Gibt es keinen unendlichen Gott, der mich richten wird, dann hat kein Mensch, auch nicht der allermächtigste der ganzen Welt, ein begründetes Recht, meiner Freiheit Schranken zu setzen und mir Vor- schriften und Gesetze zu geben. Ich brauche dann Niemand über mir anzuerkennen, brauche durchaus nicht mich dem Willen derer zu unterwerfen, die sich in lügen- hafter Weise als meine Vorgesetzte bezeichnen. Ich brauche ja dann keinem ewigen, unendlich heiligen und gerechten Richter Rechenschaft abzulegen, brauche keine Strafe jen- seits des Grabes zu fürchten, warum soll ich also nicht thun, was mir beliebt? Und sage man mir nicht: Aber so verlangt es die Ordnung in der menschlichen Gesellschaft, daß die Einen den Andern sich willig unterwerfen. Doch was liegt mir an dieser Ordnung, welche nur Andere erfunden und eingeführt haben, um sich ihre eigenen Interesse zu sichern. Was die An- dern sind, das bin ich auch; ich kümmere mich nicht um ihre Ordnung, wenn es so meine Sinnlichkeit, mein Vergnügen, mein Vortheil erheischt. – Dagegen läßt sich nichts einwenden, wenn man keinen Gott über sich anerkennt. Muß aber nicht bei solchen Grundsätzen
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[45/0057]
die Polizei nichts anhaben kann. Sind das nicht
schauerliche Grundsätze? Wohin müßte es kommen mit
der Gesellschaft, wenn dieselben sich allgemein Bahn
brechen sollten? Würde dann nicht bald bei den wilden
Thieren des Waldes mehr Ordnung herrschen als bei
den Menschen, die Vernunft und freien Willen besitzen?
Ohne den Glauben an Gott gibt es keine Auc-
torität. Gibt es keinen unendlichen Gott, der mich
richten wird, dann hat kein Mensch, auch nicht der
allermächtigste der ganzen Welt, ein begründetes Recht,
meiner Freiheit Schranken zu setzen und mir Vor-
schriften und Gesetze zu geben. Ich brauche dann
Niemand über mir anzuerkennen, brauche durchaus nicht
mich dem Willen derer zu unterwerfen, die sich in lügen-
hafter Weise als meine Vorgesetzte bezeichnen. Ich brauche
ja dann keinem ewigen, unendlich heiligen und gerechten
Richter Rechenschaft abzulegen, brauche keine Strafe jen-
seits des Grabes zu fürchten, warum soll ich also nicht
thun, was mir beliebt? Und sage man mir nicht:
Aber so verlangt es die Ordnung in der menschlichen
Gesellschaft, daß die Einen den Andern sich willig
unterwerfen. Doch was liegt mir an dieser Ordnung,
welche nur Andere erfunden und eingeführt haben, um
sich ihre eigenen Interesse zu sichern. Was die An-
dern sind, das bin ich auch; ich kümmere mich nicht
um ihre Ordnung, wenn es so meine Sinnlichkeit,
mein Vergnügen, mein Vortheil erheischt. – Dagegen
läßt sich nichts einwenden, wenn man keinen Gott über
sich anerkennt. Muß aber nicht bei solchen Grundsätzen
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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/57>, abgerufen am 25.11.2024.
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