ab: "Weiche von mir, du Speise des Todes; ich bin schon von einem Anderen erkoren, der mir einen viel schöneren Schmuck gegeben und weit vornehmer ist an Abkunft und Würde. Er zeigte mir unvergleichliche Schätze, die er mir geben werde, wenn ich ihm treu bleibe. Sein Herz ist weit edler, seine Macht weit größer, sein Anblick weit schöner; seine Stimme ist so lieblich und seine Liebe so süß. Wenn ich ihn liebe, bin ich keusch; wenn ich ihn berühre, bleibe ich rein; wenn ich ihm mich vermähle, bleibe ich Jungfrau. Ihm bewahre ich die Treue, ihm allein gebe ich mich ohne Rückhalt hin." Wer war denn dieser Bräutigam, von dem die vornehme Jungfrau in so glühender Be- geisterung spricht und für den sie Alles aufopfern will, was sonst die Menschen mit heißer Begierde erstreben? Es war Jesus Christus, der vor beinahe drei Jahr- hunderten in einem verachteten Lande gelebt und mit Wunden übersäet am Kreuze gehangen und an ihm des schmählichsten Todes gestorben war. Für ihn hat Agnes die größten Güter und das verlockendste Glück zum Opfer gebracht; für ihn ist sie in den schmerz- lichen Martyrtod gegangen.
Einige Jahre früher, im Jahre 288, stand in dem- selben Rom ein stattlicher, kräftiger Jüngling vor dem Weltbeherrscher Diocletian. Er trägt den Waffenrock; überaus edel sind seine Gesichtszüge; aus seinem Auge blitzt Muth und kriegerische Tapferkeit; er besitzt schöne Kenntnisse, große Umsicht und Klugheit und herrliche Eigenschaften des Herzens, die ihn zum Liebling des
ab: „Weiche von mir, du Speise des Todes; ich bin schon von einem Anderen erkoren, der mir einen viel schöneren Schmuck gegeben und weit vornehmer ist an Abkunft und Würde. Er zeigte mir unvergleichliche Schätze, die er mir geben werde, wenn ich ihm treu bleibe. Sein Herz ist weit edler, seine Macht weit größer, sein Anblick weit schöner; seine Stimme ist so lieblich und seine Liebe so süß. Wenn ich ihn liebe, bin ich keusch; wenn ich ihn berühre, bleibe ich rein; wenn ich ihm mich vermähle, bleibe ich Jungfrau. Ihm bewahre ich die Treue, ihm allein gebe ich mich ohne Rückhalt hin.“ Wer war denn dieser Bräutigam, von dem die vornehme Jungfrau in so glühender Be- geisterung spricht und für den sie Alles aufopfern will, was sonst die Menschen mit heißer Begierde erstreben? Es war Jesus Christus, der vor beinahe drei Jahr- hunderten in einem verachteten Lande gelebt und mit Wunden übersäet am Kreuze gehangen und an ihm des schmählichsten Todes gestorben war. Für ihn hat Agnes die größten Güter und das verlockendste Glück zum Opfer gebracht; für ihn ist sie in den schmerz- lichen Martyrtod gegangen.
Einige Jahre früher, im Jahre 288, stand in dem- selben Rom ein stattlicher, kräftiger Jüngling vor dem Weltbeherrscher Diocletian. Er trägt den Waffenrock; überaus edel sind seine Gesichtszüge; aus seinem Auge blitzt Muth und kriegerische Tapferkeit; er besitzt schöne Kenntnisse, große Umsicht und Klugheit und herrliche Eigenschaften des Herzens, die ihn zum Liebling des
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ab: „Weiche von mir, du Speise des Todes; ich bin
schon von einem Anderen erkoren, der mir einen viel
schöneren Schmuck gegeben und weit vornehmer ist an
Abkunft und Würde. Er zeigte mir unvergleichliche
Schätze, die er mir geben werde, wenn ich ihm treu
bleibe. Sein Herz ist weit edler, seine Macht weit
größer, sein Anblick weit schöner; seine Stimme ist so
lieblich und seine Liebe so süß. Wenn ich ihn liebe,
bin ich keusch; wenn ich ihn berühre, bleibe ich rein;
wenn ich ihm mich vermähle, bleibe ich Jungfrau.
Ihm bewahre ich die Treue, ihm allein gebe ich mich
ohne Rückhalt hin.“ Wer war denn dieser Bräutigam,
von dem die vornehme Jungfrau in so glühender Be-
geisterung spricht und für den sie Alles aufopfern will,
was sonst die Menschen mit heißer Begierde erstreben?
Es war Jesus Christus, der vor beinahe drei Jahr-
hunderten in einem verachteten Lande gelebt und mit
Wunden übersäet am Kreuze gehangen und an ihm
des schmählichsten Todes gestorben war. Für ihn hat
Agnes die größten Güter und das verlockendste Glück
zum Opfer gebracht; für ihn ist sie in den schmerz-
lichen Martyrtod gegangen.
Einige Jahre früher, im Jahre 288, stand in dem-
selben Rom ein stattlicher, kräftiger Jüngling vor dem
Weltbeherrscher Diocletian. Er trägt den Waffenrock;
überaus edel sind seine Gesichtszüge; aus seinem Auge
blitzt Muth und kriegerische Tapferkeit; er besitzt schöne
Kenntnisse, große Umsicht und Klugheit und herrliche
Eigenschaften des Herzens, die ihn zum Liebling des
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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/88>, abgerufen am 27.11.2024.
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