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Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [107]–162. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Thore hinaus. Als er den Schleier an seine Degenspitze heftete, schrie er: Herr Jesus, meine Schwester! -- Ich verstand nicht, was er wollte. Er stand hoch im Bügel und wehte und schrie: Gnade, Gnade! Wir sahen auf dem Hügel die Menge um das Gericht versammelt. Mein Pferd scheute vor dem wehenden Tuch. Ich bin ein schlechter Reiter, ich konnte den Grossinger nicht einholen; er flog im schnellsten Carriere: ich strengte alle Kräfte an. Trauriges Schicksal! Die Artillerie exercirte in der Nähe; der Kanonendonner machte es unmöglich, unser Geschrei aus der Ferne zu hören. Grossinger stürzte, das Volk stob auseinander, ich sah in den Kreis, ich sah einen Stahlblitz in der frühen Sonne -- ach Gott, es war der Schwertblitz des Richters! -- Ich sprengte heran, ich hörte das Wehklagen der Menge. Pardon, Pardon! schrie Grossinger und stürzte mit wehendem Schleier durch den Kreis wie ein Rasender. Aber der Richter hielt ihm das blutende Haupt der schönen Annerl entgegen, das ihn wehmüthig anlächelte. Da schrie er: Gott sei mir gnädig! und fiel auf die Leiche hin zur Erde. Tödtet mich, tödtet mich, ihr Menschen! Ich habe sie verführt, ich bin ihr Mörder!

Eine rächende Wuth ergriff die Menge. Die Weiber und Jungfrauen drangen heran und rißen ihn von der Leiche und traten ihn mit Füßen, er wehrte sich nicht; die Wachen konnten das wüthende Volk nicht bändigen. Da erhob sich das Geschrei: Der Herzog, der Herzog! -- Er kam im offenen Wagen gefahren; ein

Thore hinaus. Als er den Schleier an seine Degenspitze heftete, schrie er: Herr Jesus, meine Schwester! — Ich verstand nicht, was er wollte. Er stand hoch im Bügel und wehte und schrie: Gnade, Gnade! Wir sahen auf dem Hügel die Menge um das Gericht versammelt. Mein Pferd scheute vor dem wehenden Tuch. Ich bin ein schlechter Reiter, ich konnte den Grossinger nicht einholen; er flog im schnellsten Carriere: ich strengte alle Kräfte an. Trauriges Schicksal! Die Artillerie exercirte in der Nähe; der Kanonendonner machte es unmöglich, unser Geschrei aus der Ferne zu hören. Grossinger stürzte, das Volk stob auseinander, ich sah in den Kreis, ich sah einen Stahlblitz in der frühen Sonne — ach Gott, es war der Schwertblitz des Richters! — Ich sprengte heran, ich hörte das Wehklagen der Menge. Pardon, Pardon! schrie Grossinger und stürzte mit wehendem Schleier durch den Kreis wie ein Rasender. Aber der Richter hielt ihm das blutende Haupt der schönen Annerl entgegen, das ihn wehmüthig anlächelte. Da schrie er: Gott sei mir gnädig! und fiel auf die Leiche hin zur Erde. Tödtet mich, tödtet mich, ihr Menschen! Ich habe sie verführt, ich bin ihr Mörder!

Eine rächende Wuth ergriff die Menge. Die Weiber und Jungfrauen drangen heran und rißen ihn von der Leiche und traten ihn mit Füßen, er wehrte sich nicht; die Wachen konnten das wüthende Volk nicht bändigen. Da erhob sich das Geschrei: Der Herzog, der Herzog! — Er kam im offenen Wagen gefahren; ein

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:27:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T13:27:19Z)

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [107]–162. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_annerl_1910/53>, abgerufen am 24.11.2024.