Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.entstehen, vorbrachte, ward Frau Hinkel auch etwas unru¬ Den ganzen übrigen Tag weinten Frau Hinkel und Ga¬ Als Gockel in der Nacht erwachte, gedachte er der Frau "Salomon du weiser König, Dem die Geister unterthänig, Mach' mich und Frau Hinkel jung, Trag' uns dann mit einem Sprung Nach Gelnhausen in ein Schloß, Gieb uns Knecht und Magd und Roß, Gieb uns Gut und Gold und Geld, Brunnen, Garten, Ackerfeld, entſtehen, vorbrachte, ward Frau Hinkel auch etwas unru¬ Den ganzen uͤbrigen Tag weinten Frau Hinkel und Ga¬ Als Gockel in der Nacht erwachte, gedachte er der Frau „Salomon du weiſer Koͤnig, Dem die Geiſter unterthaͤnig, Mach' mich und Frau Hinkel jung, Trag' uns dann mit einem Sprung Nach Gelnhauſen in ein Schloß, Gieb uns Knecht und Magd und Roß, Gieb uns Gut und Gold und Geld, Brunnen, Garten, Ackerfeld, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0101" n="71"/> entſtehen, vorbrachte, ward Frau Hinkel auch etwas unru¬<lb/> hig — doch hielt ſie ſich noch zuruͤck — dann aber kam er<lb/> auf einen gewiſſen unpartheiiſchen Englaͤnder zu ſprechen,<lb/> und was dieſer von Hahnen und Hinkeln geſagt; da ward<lb/> es Frau Hinkel nicht recht wohl und ſie ſprach: „Lieber<lb/> Gockel, ich glaube, wir haben das ſchon gehoͤrt, wir ſind<lb/> auch noch nuͤchtern, ich fuͤrchte die Milch wird ſauer, ich<lb/> habe auch noch kein Waſſer zum Kaffee am Feuer, ich daͤchte<lb/> wir hielten einen kleinen Leichenſchmaus.“ Da laͤchelte der<lb/> gute Gockel, umarmte Frau Hinkel und Gackeleia und be¬<lb/> gab ſich, ſelbſt ermuͤdet von der ſchlafloſen Nacht, gern mit<lb/> ihr in den Huͤhnerſtall.</p><lb/> <p>Den ganzen uͤbrigen Tag weinten Frau Hinkel und Ga¬<lb/> ckeleia noch oͤfter, und wollten ſich gar nicht zufrieden ge¬<lb/> ben, daß ſie an dem Tode der Gallina und Alektryo's Schuld<lb/> geweſen. Gockel gab ihnen die ſchoͤnſten Ermahnungen, ſie<lb/> verſprachen die aufrichtigſte Beſſerung, und ſo entſchlief die<lb/> ganze Familie am Abend dieſes traurigen Tages nach einem<lb/> gemeinſchaftlichen herzlichen Gebet.</p><lb/> <p>Als Gockel in der Nacht erwachte, gedachte er der Frau<lb/> Hinkel und ſeines Toͤchterleins Gackeleia mit vieler Liebe,<lb/> und entſchloß ſich, ihnen nach dem vielen Schrecken, den<lb/> ſie gehabt, eine rechte Freude zu machen, und zugleich den<lb/> Siegelring Salomonis zu verſuchen. Er nahm daher den<lb/> Ring aus der Taſche, ſteckte ihn an den Finger und drehte<lb/> ihn an demſelben herum mit den Worten:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Salomon du weiſer Koͤnig,</l><lb/> <l>Dem die Geiſter unterthaͤnig,</l><lb/> <l>Mach' mich und Frau Hinkel jung,</l><lb/> <l>Trag' uns dann mit einem Sprung</l><lb/> <l>Nach Gelnhauſen in ein Schloß,</l><lb/> <l>Gieb uns Knecht und Magd und Roß,</l><lb/> <l>Gieb uns Gut und Gold und Geld,</l><lb/> <l>Brunnen, Garten, Ackerfeld,</l><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [71/0101]
entſtehen, vorbrachte, ward Frau Hinkel auch etwas unru¬
hig — doch hielt ſie ſich noch zuruͤck — dann aber kam er
auf einen gewiſſen unpartheiiſchen Englaͤnder zu ſprechen,
und was dieſer von Hahnen und Hinkeln geſagt; da ward
es Frau Hinkel nicht recht wohl und ſie ſprach: „Lieber
Gockel, ich glaube, wir haben das ſchon gehoͤrt, wir ſind
auch noch nuͤchtern, ich fuͤrchte die Milch wird ſauer, ich
habe auch noch kein Waſſer zum Kaffee am Feuer, ich daͤchte
wir hielten einen kleinen Leichenſchmaus.“ Da laͤchelte der
gute Gockel, umarmte Frau Hinkel und Gackeleia und be¬
gab ſich, ſelbſt ermuͤdet von der ſchlafloſen Nacht, gern mit
ihr in den Huͤhnerſtall.
Den ganzen uͤbrigen Tag weinten Frau Hinkel und Ga¬
ckeleia noch oͤfter, und wollten ſich gar nicht zufrieden ge¬
ben, daß ſie an dem Tode der Gallina und Alektryo's Schuld
geweſen. Gockel gab ihnen die ſchoͤnſten Ermahnungen, ſie
verſprachen die aufrichtigſte Beſſerung, und ſo entſchlief die
ganze Familie am Abend dieſes traurigen Tages nach einem
gemeinſchaftlichen herzlichen Gebet.
Als Gockel in der Nacht erwachte, gedachte er der Frau
Hinkel und ſeines Toͤchterleins Gackeleia mit vieler Liebe,
und entſchloß ſich, ihnen nach dem vielen Schrecken, den
ſie gehabt, eine rechte Freude zu machen, und zugleich den
Siegelring Salomonis zu verſuchen. Er nahm daher den
Ring aus der Taſche, ſteckte ihn an den Finger und drehte
ihn an demſelben herum mit den Worten:
„Salomon du weiſer Koͤnig,
Dem die Geiſter unterthaͤnig,
Mach' mich und Frau Hinkel jung,
Trag' uns dann mit einem Sprung
Nach Gelnhauſen in ein Schloß,
Gieb uns Knecht und Magd und Roß,
Gieb uns Gut und Gold und Geld,
Brunnen, Garten, Ackerfeld,
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