Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

finden seyn soll, haben sie sich dieses goldnen Geflügels vor
allem Andern bemeistert. -- Bei seiner Vermählung mit Ur¬
hinkel von Hennegau drehte Urgockel den Ring Salomos,
und wünschte ihr das herrlichste Toiletten-Geschenk, das Sa¬
lomo selbst der Königin von Saba gegeben; -- dann drehte
die Gräfin von Hennegau den Ring und wünschte dem Ur¬
gockel das Gegengeschenk der Königin von Saba, und so
standen am Hochzeitmorgen dieser Waschtisch mit der gold¬
nen Henne und jener dort mit dem goldnen Hahn im Braut¬
gemache, und von dieser Hochzeit an wurden die goldne
Henne und der goldne Hahn bei jeder Hochzeit in Gockels¬
ruh dem Brautpaar vorgetragen und bei der Mahlzeit auf¬
gestellt, bis sie verloren giengen. Jetzt wollen wir einmal
sehen, wie die Geschenke beschaffen sind, vor Allem die Pro¬
be, ob es gut Gold ist. Sich da unten an dem Neste die
Probe in phönizischer Schrift; ich drehe den Ring und wün¬
sche es zu lesen, und sieh, ich kanns lesen.

"Dieses Necessaire, vorstellend das Siebengestirn als eine
Gluckhenne mit sechs Küchlein für Ihre Majestät die Köni¬
gin Balkis von Saba, verfertigte auf Befehl Seiner Maje¬
stät des Königs Salomo von Jerusalem, dessen erster Gold¬
schmied Hieram von Tyrus, aus 24 karatigem Gold von
Ophir in Angsburgirter Butzbacher-Facon." Nun sieh, wel¬
che Rarität, was mag aber Alles darin enthalten seyn?"

Nun zerlegte Gockel das ganze Huhn nach der Tran¬
schierkunst, die er als Hühnerminister aus dem Fundament
verstand; Alles bestand aus Deckeln, Büchschen und Fä¬
chern u. s. w. Wenn man den Rücken mit den ausgebrei¬
teten Flügeln der Henne in die Höhe schlug, hatte man ei¬
nen aufgerichteten Handspiegel; im Innern der Henne be¬
fanden sich in verschiedenen goldenen Kästchen mehrere
Schwämme und Kämme, weite und enge, Haarbürsten,
Zahnbürsten, Ohrlöffel, Zahnstocher, Puderbüchsen von al¬

finden ſeyn ſoll, haben ſie ſich dieſes goldnen Gefluͤgels vor
allem Andern bemeiſtert. — Bei ſeiner Vermaͤhlung mit Ur¬
hinkel von Hennegau drehte Urgockel den Ring Salomos,
und wuͤnſchte ihr das herrlichſte Toiletten-Geſchenk, das Sa¬
lomo ſelbſt der Koͤnigin von Saba gegeben; — dann drehte
die Graͤfin von Hennegau den Ring und wuͤnſchte dem Ur¬
gockel das Gegengeſchenk der Koͤnigin von Saba, und ſo
ſtanden am Hochzeitmorgen dieſer Waſchtiſch mit der gold¬
nen Henne und jener dort mit dem goldnen Hahn im Braut¬
gemache, und von dieſer Hochzeit an wurden die goldne
Henne und der goldne Hahn bei jeder Hochzeit in Gockels¬
ruh dem Brautpaar vorgetragen und bei der Mahlzeit auf¬
geſtellt, bis ſie verloren giengen. Jetzt wollen wir einmal
ſehen, wie die Geſchenke beſchaffen ſind, vor Allem die Pro¬
be, ob es gut Gold iſt. Sich da unten an dem Neſte die
Probe in phoͤniziſcher Schrift; ich drehe den Ring und wuͤn¬
ſche es zu leſen, und ſieh, ich kanns leſen.

„Dieſes Neceſſaire, vorſtellend das Siebengeſtirn als eine
Gluckhenne mit ſechs Kuͤchlein fuͤr Ihre Majeſtaͤt die Koͤni¬
gin Balkis von Saba, verfertigte auf Befehl Seiner Maje¬
ſtaͤt des Koͤnigs Salomo von Jeruſalem, deſſen erſter Gold¬
ſchmied Hieram von Tyrus, aus 24 karatigem Gold von
Ophir in Angsburgirter Butzbacher-Façon.“ Nun ſieh, wel¬
che Raritaͤt, was mag aber Alles darin enthalten ſeyn?“

Nun zerlegte Gockel das ganze Huhn nach der Tran¬
ſchierkunſt, die er als Huͤhnerminiſter aus dem Fundament
verſtand; Alles beſtand aus Deckeln, Buͤchſchen und Faͤ¬
chern u. ſ. w. Wenn man den Ruͤcken mit den ausgebrei¬
teten Fluͤgeln der Henne in die Hoͤhe ſchlug, hatte man ei¬
nen aufgerichteten Handſpiegel; im Innern der Henne be¬
fanden ſich in verſchiedenen goldenen Kaͤſtchen mehrere
Schwaͤmme und Kaͤmme, weite und enge, Haarbuͤrſten,
Zahnbuͤrſten, Ohrloͤffel, Zahnſtocher, Puderbuͤchſen von al¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0118" n="84"/>
finden &#x017F;eyn &#x017F;oll, haben &#x017F;ie &#x017F;ich die&#x017F;es goldnen Geflu&#x0364;gels vor<lb/>
allem Andern bemei&#x017F;tert. &#x2014; Bei &#x017F;einer Verma&#x0364;hlung mit Ur¬<lb/>
hinkel von Hennegau drehte Urgockel den Ring Salomos,<lb/>
und wu&#x0364;n&#x017F;chte ihr das herrlich&#x017F;te Toiletten-Ge&#x017F;chenk, das Sa¬<lb/>
lomo &#x017F;elb&#x017F;t der Ko&#x0364;nigin von Saba gegeben; &#x2014; dann drehte<lb/>
die Gra&#x0364;fin von Hennegau den Ring und wu&#x0364;n&#x017F;chte dem Ur¬<lb/>
gockel das Gegenge&#x017F;chenk der Ko&#x0364;nigin von Saba, und &#x017F;o<lb/>
&#x017F;tanden am Hochzeitmorgen die&#x017F;er Wa&#x017F;chti&#x017F;ch mit der gold¬<lb/>
nen Henne und jener dort mit dem goldnen Hahn im Braut¬<lb/>
gemache, und von die&#x017F;er Hochzeit an wurden die goldne<lb/>
Henne und der goldne Hahn bei jeder Hochzeit in Gockels¬<lb/>
ruh dem Brautpaar vorgetragen und bei der Mahlzeit auf¬<lb/>
ge&#x017F;tellt, bis &#x017F;ie verloren giengen. Jetzt wollen wir einmal<lb/>
&#x017F;ehen, wie die Ge&#x017F;chenke be&#x017F;chaffen &#x017F;ind, vor Allem die Pro¬<lb/>
be, ob es gut Gold i&#x017F;t. Sich da unten an dem Ne&#x017F;te die<lb/>
Probe in pho&#x0364;nizi&#x017F;cher Schrift; ich drehe den Ring und wu&#x0364;<lb/>
&#x017F;che es zu le&#x017F;en, und &#x017F;ieh, ich kanns le&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die&#x017F;es Nece&#x017F;&#x017F;aire, vor&#x017F;tellend das Siebenge&#x017F;tirn als eine<lb/>
Gluckhenne mit &#x017F;echs Ku&#x0364;chlein fu&#x0364;r Ihre Maje&#x017F;ta&#x0364;t die Ko&#x0364;ni¬<lb/>
gin Balkis von Saba, verfertigte auf Befehl Seiner Maje¬<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;t des Ko&#x0364;nigs Salomo von Jeru&#x017F;alem, de&#x017F;&#x017F;en er&#x017F;ter Gold¬<lb/>
&#x017F;chmied Hieram von Tyrus, aus 24 karatigem Gold von<lb/>
Ophir in Angsburgirter Butzbacher-Fa<hi rendition="#aq">ç</hi>on.&#x201C; Nun &#x017F;ieh, wel¬<lb/>
che Rarita&#x0364;t, was mag aber Alles darin enthalten &#x017F;eyn?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Nun zerlegte Gockel das ganze Huhn nach der Tran¬<lb/>
&#x017F;chierkun&#x017F;t, die er als Hu&#x0364;hnermini&#x017F;ter aus dem Fundament<lb/>
ver&#x017F;tand; Alles be&#x017F;tand aus Deckeln, Bu&#x0364;ch&#x017F;chen und Fa&#x0364;¬<lb/>
chern u. &#x017F;. w. Wenn man den Ru&#x0364;cken mit den ausgebrei¬<lb/>
teten Flu&#x0364;geln der Henne in die Ho&#x0364;he &#x017F;chlug, hatte man ei¬<lb/>
nen aufgerichteten Hand&#x017F;piegel; im Innern der Henne be¬<lb/>
fanden &#x017F;ich in ver&#x017F;chiedenen goldenen Ka&#x0364;&#x017F;tchen mehrere<lb/>
Schwa&#x0364;mme und Ka&#x0364;mme, weite und enge, Haarbu&#x0364;r&#x017F;ten,<lb/>
Zahnbu&#x0364;r&#x017F;ten, Ohrlo&#x0364;ffel, Zahn&#x017F;tocher, Puderbu&#x0364;ch&#x017F;en von al¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0118] finden ſeyn ſoll, haben ſie ſich dieſes goldnen Gefluͤgels vor allem Andern bemeiſtert. — Bei ſeiner Vermaͤhlung mit Ur¬ hinkel von Hennegau drehte Urgockel den Ring Salomos, und wuͤnſchte ihr das herrlichſte Toiletten-Geſchenk, das Sa¬ lomo ſelbſt der Koͤnigin von Saba gegeben; — dann drehte die Graͤfin von Hennegau den Ring und wuͤnſchte dem Ur¬ gockel das Gegengeſchenk der Koͤnigin von Saba, und ſo ſtanden am Hochzeitmorgen dieſer Waſchtiſch mit der gold¬ nen Henne und jener dort mit dem goldnen Hahn im Braut¬ gemache, und von dieſer Hochzeit an wurden die goldne Henne und der goldne Hahn bei jeder Hochzeit in Gockels¬ ruh dem Brautpaar vorgetragen und bei der Mahlzeit auf¬ geſtellt, bis ſie verloren giengen. Jetzt wollen wir einmal ſehen, wie die Geſchenke beſchaffen ſind, vor Allem die Pro¬ be, ob es gut Gold iſt. Sich da unten an dem Neſte die Probe in phoͤniziſcher Schrift; ich drehe den Ring und wuͤn¬ ſche es zu leſen, und ſieh, ich kanns leſen. „Dieſes Neceſſaire, vorſtellend das Siebengeſtirn als eine Gluckhenne mit ſechs Kuͤchlein fuͤr Ihre Majeſtaͤt die Koͤni¬ gin Balkis von Saba, verfertigte auf Befehl Seiner Maje¬ ſtaͤt des Koͤnigs Salomo von Jeruſalem, deſſen erſter Gold¬ ſchmied Hieram von Tyrus, aus 24 karatigem Gold von Ophir in Angsburgirter Butzbacher-Façon.“ Nun ſieh, wel¬ che Raritaͤt, was mag aber Alles darin enthalten ſeyn?“ Nun zerlegte Gockel das ganze Huhn nach der Tran¬ ſchierkunſt, die er als Huͤhnerminiſter aus dem Fundament verſtand; Alles beſtand aus Deckeln, Buͤchſchen und Faͤ¬ chern u. ſ. w. Wenn man den Ruͤcken mit den ausgebrei¬ teten Fluͤgeln der Henne in die Hoͤhe ſchlug, hatte man ei¬ nen aufgerichteten Handſpiegel; im Innern der Henne be¬ fanden ſich in verſchiedenen goldenen Kaͤſtchen mehrere Schwaͤmme und Kaͤmme, weite und enge, Haarbuͤrſten, Zahnbuͤrſten, Ohrloͤffel, Zahnſtocher, Puderbuͤchſen von al¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/118
Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/118>, abgerufen am 21.11.2024.