Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.Glänzend wie ein Mandelkern, Hüpft und spielt und singt so gern. Es hat einen blonden Zopf, Einen Strohhut auf dem Kopf, Trägt auch eine alte Juppe Und läuft hinter einer Puppe Her und schreit, es ja sey nur Eine schöne Kunstfigur. Barfuß läuft es ohne Schuh, Fragt man es, wie heißest du? Sagt es gleich ganz freundlich: "Eja Ich bin Gockels Gackeleia." Ach das Kind hab' ich verloren Und hab' einen Eid geschworen, Nicht zu ruhn, bis ich das Kind Gackeleia wieder find'!" Aber immer sagten die Leute: "Wir haben so kein Kind gesehn, Ihr armer Mensch müßt weiter gehn; Da habet ihr ein Stücklein Brod, Gott helfe euch in eurer Noth!" Da nahmen sie dann das Brod, die armen Eltern, und as¬ So waren sie schon dreimal wieder in dem alten Schloße Glaͤnzend wie ein Mandelkern, Huͤpft und ſpielt und ſingt ſo gern. Es hat einen blonden Zopf, Einen Strohhut auf dem Kopf, Traͤgt auch eine alte Juppe Und laͤuft hinter einer Puppe Her und ſchreit, es ja ſey nur Eine ſchoͤne Kunſtfigur. Barfuß laͤuft es ohne Schuh, Fragt man es, wie heißeſt du? Sagt es gleich ganz freundlich: „Eja Ich bin Gockels Gackeleia.“ Ach das Kind hab' ich verloren Und hab' einen Eid geſchworen, Nicht zu ruhn, bis ich das Kind Gackeleia wieder find'!“ Aber immer ſagten die Leute: „Wir haben ſo kein Kind geſehn, Ihr armer Menſch muͤßt weiter gehn; Da habet ihr ein Stuͤcklein Brod, Gott helfe euch in eurer Noth!" Da nahmen ſie dann das Brod, die armen Eltern, und aſ¬ So waren ſie ſchon dreimal wieder in dem alten Schloße <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0180" n="136"/> <l>Glaͤnzend wie ein Mandelkern,</l><lb/> <l>Huͤpft und ſpielt und ſingt ſo gern.</l><lb/> <l>Es hat einen blonden Zopf,</l><lb/> <l>Einen Strohhut auf dem Kopf,</l><lb/> <l>Traͤgt auch eine alte Juppe</l><lb/> <l>Und laͤuft hinter einer Puppe</l><lb/> <l>Her und ſchreit, es ja ſey nur</l><lb/> <l>Eine ſchoͤne Kunſtfigur.</l><lb/> <l>Barfuß laͤuft es ohne Schuh,</l><lb/> <l>Fragt man es, wie heißeſt du?</l><lb/> <l>Sagt es gleich ganz freundlich: „Eja</l><lb/> <l>Ich bin Gockels Gackeleia.“</l><lb/> <l>Ach das Kind hab' ich verloren</l><lb/> <l>Und hab' einen Eid geſchworen,</l><lb/> <l>Nicht zu ruhn, bis ich das Kind</l><lb/> <l>Gackeleia wieder find'!“</l><lb/> </lg> <p>Aber immer ſagten die Leute:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Wir haben ſo kein Kind geſehn,</l><lb/> <l>Ihr armer Menſch muͤßt weiter gehn;</l><lb/> <l>Da habet ihr ein Stuͤcklein Brod,</l><lb/> <l>Gott helfe euch in eurer Noth!"</l><lb/> </lg> <p>Da nahmen ſie dann das Brod, die armen Eltern, und aſ¬<lb/> ſen es mit Thraͤnen und ſetzten ihren Stab traurig weiter.</p><lb/> <p>So waren ſie ſchon dreimal wieder in dem alten Schloße<lb/> ohne Gackeleia zuſammen gekommen, hatten mit großem Jam¬<lb/> mer im alten Huͤhnerſtall geſchlafen, und ſich ihre vergeblichen<lb/> Nachforſchungen einander mitgetheilt. „Ach Gott“, ſagte Frau<lb/> Hinkel, „das arme Kind iſt gewiß umgekommen, haͤtteſt du<lb/> es doch nicht ſo hart wegen der Puppe behandelt.“ Da er¬<lb/> wiederte Gockel: „Und haͤtteſt du beſſer auf ſie Acht gegeben,<lb/> ſo haͤtten wir den Ring und das Kind nicht verloren; nichts<lb/> iſt leichter zu ſagen, als — haͤtteſt du. Laſſe uns lieber<lb/> auf dem Grabe des Alektryo in der Kapelle recht herzlich<lb/> beten, daß wir das Kind morgen zum viertenmale nicht ver¬<lb/> gebens ſuchen moͤgen.“ Hierauf giengen ſie nach der Kapelle<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [136/0180]
Glaͤnzend wie ein Mandelkern,
Huͤpft und ſpielt und ſingt ſo gern.
Es hat einen blonden Zopf,
Einen Strohhut auf dem Kopf,
Traͤgt auch eine alte Juppe
Und laͤuft hinter einer Puppe
Her und ſchreit, es ja ſey nur
Eine ſchoͤne Kunſtfigur.
Barfuß laͤuft es ohne Schuh,
Fragt man es, wie heißeſt du?
Sagt es gleich ganz freundlich: „Eja
Ich bin Gockels Gackeleia.“
Ach das Kind hab' ich verloren
Und hab' einen Eid geſchworen,
Nicht zu ruhn, bis ich das Kind
Gackeleia wieder find'!“
Aber immer ſagten die Leute:
„Wir haben ſo kein Kind geſehn,
Ihr armer Menſch muͤßt weiter gehn;
Da habet ihr ein Stuͤcklein Brod,
Gott helfe euch in eurer Noth!"
Da nahmen ſie dann das Brod, die armen Eltern, und aſ¬
ſen es mit Thraͤnen und ſetzten ihren Stab traurig weiter.
So waren ſie ſchon dreimal wieder in dem alten Schloße
ohne Gackeleia zuſammen gekommen, hatten mit großem Jam¬
mer im alten Huͤhnerſtall geſchlafen, und ſich ihre vergeblichen
Nachforſchungen einander mitgetheilt. „Ach Gott“, ſagte Frau
Hinkel, „das arme Kind iſt gewiß umgekommen, haͤtteſt du
es doch nicht ſo hart wegen der Puppe behandelt.“ Da er¬
wiederte Gockel: „Und haͤtteſt du beſſer auf ſie Acht gegeben,
ſo haͤtten wir den Ring und das Kind nicht verloren; nichts
iſt leichter zu ſagen, als — haͤtteſt du. Laſſe uns lieber
auf dem Grabe des Alektryo in der Kapelle recht herzlich
beten, daß wir das Kind morgen zum viertenmale nicht ver¬
gebens ſuchen moͤgen.“ Hierauf giengen ſie nach der Kapelle
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |