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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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de, die frommen Mäuse! Diese Verbrecher sind schon gerich¬
tet, sie dürfen ihrer Strafe nicht entgehen. -- Ich besann
mich nicht lang, erwischte das Fäßchen beim hinteren Ende
und stellte es aufrecht, so daß es wie eine Glocke über der
ganzen Verschwörung stand; das junge Katzenellenbogen war
gefangen, und das Spundloch stopfte ich mit einem Stück
Rasen zu. Ich legte noch soviel Steine auf das Faß, als
ich in der Eile rings finden konnte, damit die Gefangenen
es nicht umwerfen möchten, und begab mich mit dem Ge¬
fühle, eine edle Handlung gethan zu haben, nach meinem
Moosbettchen; ich horchte noch ein Bischen nach dem Faße
hin, aber sie hielten sich ganz stille, und so deckte ich mein
Schürzchen über die Augen, zuckte ein Bischen und schlief
einen süßen Schlaf ein.

Nach einer Weile träumte mir, die Prinzeß Mandelbiß
komme wieder mit der schönen Kunstfigur zu mir und sage
mir ins Ohr: "Gackeleia, mache mich los und lege die Kunst¬
figur neben dich in ihr Bettchen, sie wird wohl so müde
seyn wie ich, ich will mich in deine Locken an dein Oehrchen
legen und dir alles erklären, was du bei der schönen Prozes¬
sion gesehen hast und wie unser Hofredner Muskulus so
herrlich gesprochen hat."

Ich that halb träumend, wie sie verlangte, dann legte
sie sich in meine Locken und plauderte mir wie ein Schlaf¬
kamerädchen ins Ohr; da habe ich dann Alles folgende gehört:

Die große, seltsame Person, die mir unter den Hof¬
fräulein der Prinzeß Sissi so sehr gefallen, war eine vor¬
nehme Bergmaus, die Marquise Marmotte, welche, aus der
Gefangenschaft eines Savoyardenbuben entflohen, hier bei
Hof eine anständige Gelegenheit abwartete, wieder in ihr
Vaterland zurückzureisen. Sissi war nicht gut auf sie zu
sprechen, denn Prinz Speckelfleck hatte sich zu oft nach ihr
umgeschaut und sie allzusehr gelobt, was sie bei keinem Men¬
schen recht leiden konnte. Er bewunderte ihren Tanz, ihre

de, die frommen Maͤuſe! Dieſe Verbrecher ſind ſchon gerich¬
tet, ſie duͤrfen ihrer Strafe nicht entgehen. — Ich beſann
mich nicht lang, erwiſchte das Faͤßchen beim hinteren Ende
und ſtellte es aufrecht, ſo daß es wie eine Glocke uͤber der
ganzen Verſchwoͤrung ſtand; das junge Katzenellenbogen war
gefangen, und das Spundloch ſtopfte ich mit einem Stuͤck
Raſen zu. Ich legte noch ſoviel Steine auf das Faß, als
ich in der Eile rings finden konnte, damit die Gefangenen
es nicht umwerfen moͤchten, und begab mich mit dem Ge¬
fuͤhle, eine edle Handlung gethan zu haben, nach meinem
Moosbettchen; ich horchte noch ein Bischen nach dem Faße
hin, aber ſie hielten ſich ganz ſtille, und ſo deckte ich mein
Schuͤrzchen uͤber die Augen, zuckte ein Bischen und ſchlief
einen ſuͤßen Schlaf ein.

Nach einer Weile traͤumte mir, die Prinzeß Mandelbiß
komme wieder mit der ſchoͤnen Kunſtfigur zu mir und ſage
mir ins Ohr: „Gackeleia, mache mich los und lege die Kunſt¬
figur neben dich in ihr Bettchen, ſie wird wohl ſo muͤde
ſeyn wie ich, ich will mich in deine Locken an dein Oehrchen
legen und dir alles erklaͤren, was du bei der ſchoͤnen Prozeſ¬
ſion geſehen haſt und wie unſer Hofredner Muskulus ſo
herrlich geſprochen hat.“

Ich that halb traͤumend, wie ſie verlangte, dann legte
ſie ſich in meine Locken und plauderte mir wie ein Schlaf¬
kameraͤdchen ins Ohr; da habe ich dann Alles folgende gehoͤrt:

Die große, ſeltſame Perſon, die mir unter den Hof¬
fraͤulein der Prinzeß Siſſi ſo ſehr gefallen, war eine vor¬
nehme Bergmaus, die Marquiſe Marmotte, welche, aus der
Gefangenſchaft eines Savoyardenbuben entflohen, hier bei
Hof eine anſtaͤndige Gelegenheit abwartete, wieder in ihr
Vaterland zuruͤckzureiſen. Siſſi war nicht gut auf ſie zu
ſprechen, denn Prinz Speckelfleck hatte ſich zu oft nach ihr
umgeſchaut und ſie allzuſehr gelobt, was ſie bei keinem Men¬
ſchen recht leiden konnte. Er bewunderte ihren Tanz, ihre

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[162/0210] de, die frommen Maͤuſe! Dieſe Verbrecher ſind ſchon gerich¬ tet, ſie duͤrfen ihrer Strafe nicht entgehen. — Ich beſann mich nicht lang, erwiſchte das Faͤßchen beim hinteren Ende und ſtellte es aufrecht, ſo daß es wie eine Glocke uͤber der ganzen Verſchwoͤrung ſtand; das junge Katzenellenbogen war gefangen, und das Spundloch ſtopfte ich mit einem Stuͤck Raſen zu. Ich legte noch ſoviel Steine auf das Faß, als ich in der Eile rings finden konnte, damit die Gefangenen es nicht umwerfen moͤchten, und begab mich mit dem Ge¬ fuͤhle, eine edle Handlung gethan zu haben, nach meinem Moosbettchen; ich horchte noch ein Bischen nach dem Faße hin, aber ſie hielten ſich ganz ſtille, und ſo deckte ich mein Schuͤrzchen uͤber die Augen, zuckte ein Bischen und ſchlief einen ſuͤßen Schlaf ein. Nach einer Weile traͤumte mir, die Prinzeß Mandelbiß komme wieder mit der ſchoͤnen Kunſtfigur zu mir und ſage mir ins Ohr: „Gackeleia, mache mich los und lege die Kunſt¬ figur neben dich in ihr Bettchen, ſie wird wohl ſo muͤde ſeyn wie ich, ich will mich in deine Locken an dein Oehrchen legen und dir alles erklaͤren, was du bei der ſchoͤnen Prozeſ¬ ſion geſehen haſt und wie unſer Hofredner Muskulus ſo herrlich geſprochen hat.“ Ich that halb traͤumend, wie ſie verlangte, dann legte ſie ſich in meine Locken und plauderte mir wie ein Schlaf¬ kameraͤdchen ins Ohr; da habe ich dann Alles folgende gehoͤrt: Die große, ſeltſame Perſon, die mir unter den Hof¬ fraͤulein der Prinzeß Siſſi ſo ſehr gefallen, war eine vor¬ nehme Bergmaus, die Marquiſe Marmotte, welche, aus der Gefangenſchaft eines Savoyardenbuben entflohen, hier bei Hof eine anſtaͤndige Gelegenheit abwartete, wieder in ihr Vaterland zuruͤckzureiſen. Siſſi war nicht gut auf ſie zu ſprechen, denn Prinz Speckelfleck hatte ſich zu oft nach ihr umgeſchaut und ſie allzuſehr gelobt, was ſie bei keinem Men¬ ſchen recht leiden konnte. Er bewunderte ihren Tanz, ihre

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/210>, abgerufen am 24.11.2024.