ter, da wurden sie wieder heller Sinne. -- Solches erzählte mir der alte Mönch aus den Kloster Bänderen und fügte hinzu: "Sieh also, arme Klareta, wäre das Kleinod von Vadutz noch hier auf dem Schlosse, St. Johannistag ist nahend, so dürfte Jürgo, der euch Kindern so große Treue geübet, nur sein Haupt auf das rechte Schulterband unsers Grafen von Vadutz lehnen und Gott würde ihn wie den Wolfbrand von seiner Unweisheit heilen; aber du weist, daß unser Herr jetzt im Hennegau wohnet, und daß die heiligen Kleinodien nicht mehr hier im Lande sind." -- "Das ist," fuhr Klareta fort, "was mir der Mönch von dem Geheim¬ niße der Kleinode gesagt, die jetzt auf deinen Schultern ru¬ hen. Du kannst dir denken, o armes Kind von Hennegau, daß mir das Herz brannte, dem treuen Jürgo zu helfen; da es aber nicht möglich, ihn in seinem Elend ins Henne¬ gau zu führen, erneuerte ich mit den Schwestern das Ge¬ lübd, ein Kloster Lilienthal zu gründen, so Gott den armen Menschen heilen wollte, wenn ich aus dankbarer Menschen¬ liebe statt seiner barfuß ins Hennegau zöge und mein Haupt statt seiner auf das Schulterband Rebeckas lehnte. Die Schwestern wollten mich treulich geleiten, der Mönch aber sagte: "es sey eine ungewiße Sache, denn er wisse nicht, ob die Kraft der Edelsteine in diesen Zeiten in der Fremde noch geübet werde, oder in Vergessenheit gekommen sey." -- Ich aber konnte nicht mehr ruhen, ich opferte mich ganz auf für Jürgo und zog mit den Schwestern barfuß gen Hen¬ negau. Ich hatte künstlich gewebtes Bildwerk mitgenommen und ein Brieflein vom Abt des Klosters Bänderen an Jakob von Guise, damit ich Eingang fände bei der Gräfinn deiner Mutter. Jakob von Guise, dem ich Alles mittheilte, be¬ lobte zwar meine Christenliebe, aber er sagte mir, wie der Gebrauch der Kleinodien zur Heilung blöder Sinne hier zu Lande schon lange abgekommen, weil mehrmalen ein übler Erfolg davon verspürt worden sey, außer dem großen Ueber¬
ter, da wurden ſie wieder heller Sinne. — Solches erzaͤhlte mir der alte Moͤnch aus den Kloſter Baͤnderen und fuͤgte hinzu: „Sieh alſo, arme Klareta, waͤre das Kleinod von Vadutz noch hier auf dem Schloſſe, St. Johannistag iſt nahend, ſo duͤrfte Juͤrgo, der euch Kindern ſo große Treue geuͤbet, nur ſein Haupt auf das rechte Schulterband unſers Grafen von Vadutz lehnen und Gott wuͤrde ihn wie den Wolfbrand von ſeiner Unweisheit heilen; aber du weiſt, daß unſer Herr jetzt im Hennegau wohnet, und daß die heiligen Kleinodien nicht mehr hier im Lande ſind.“ — „Das iſt,“ fuhr Klareta fort, „was mir der Moͤnch von dem Geheim¬ niße der Kleinode geſagt, die jetzt auf deinen Schultern ru¬ hen. Du kannſt dir denken, o armes Kind von Hennegau, daß mir das Herz brannte, dem treuen Juͤrgo zu helfen; da es aber nicht moͤglich, ihn in ſeinem Elend ins Henne¬ gau zu fuͤhren, erneuerte ich mit den Schweſtern das Ge¬ luͤbd, ein Kloſter Lilienthal zu gruͤnden, ſo Gott den armen Menſchen heilen wollte, wenn ich aus dankbarer Menſchen¬ liebe ſtatt ſeiner barfuß ins Hennegau zoͤge und mein Haupt ſtatt ſeiner auf das Schulterband Rebeckas lehnte. Die Schweſtern wollten mich treulich geleiten, der Moͤnch aber ſagte: „es ſey eine ungewiße Sache, denn er wiſſe nicht, ob die Kraft der Edelſteine in dieſen Zeiten in der Fremde noch geuͤbet werde, oder in Vergeſſenheit gekommen ſey.“ — Ich aber konnte nicht mehr ruhen, ich opferte mich ganz auf fuͤr Juͤrgo und zog mit den Schweſtern barfuß gen Hen¬ negau. Ich hatte kuͤnſtlich gewebtes Bildwerk mitgenommen und ein Brieflein vom Abt des Kloſters Baͤnderen an Jakob von Guiſe, damit ich Eingang faͤnde bei der Graͤfinn deiner Mutter. Jakob von Guiſe, dem ich Alles mittheilte, be¬ lobte zwar meine Chriſtenliebe, aber er ſagte mir, wie der Gebrauch der Kleinodien zur Heilung bloͤder Sinne hier zu Lande ſchon lange abgekommen, weil mehrmalen ein uͤbler Erfolg davon verſpuͤrt worden ſey, außer dem großen Ueber¬
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ter, da wurden ſie wieder heller Sinne. — Solches erzaͤhlte
mir der alte Moͤnch aus den Kloſter Baͤnderen und fuͤgte
hinzu: „Sieh alſo, arme Klareta, waͤre das Kleinod von
Vadutz noch hier auf dem Schloſſe, St. Johannistag iſt
nahend, ſo duͤrfte Juͤrgo, der euch Kindern ſo große Treue
geuͤbet, nur ſein Haupt auf das rechte Schulterband unſers
Grafen von Vadutz lehnen und Gott wuͤrde ihn wie den
Wolfbrand von ſeiner Unweisheit heilen; aber du weiſt, daß
unſer Herr jetzt im Hennegau wohnet, und daß die heiligen
Kleinodien nicht mehr hier im Lande ſind.“ — „Das iſt,“
fuhr Klareta fort, „was mir der Moͤnch von dem Geheim¬
niße der Kleinode geſagt, die jetzt auf deinen Schultern ru¬
hen. Du kannſt dir denken, o armes Kind von Hennegau,
daß mir das Herz brannte, dem treuen Juͤrgo zu helfen;
da es aber nicht moͤglich, ihn in ſeinem Elend ins Henne¬
gau zu fuͤhren, erneuerte ich mit den Schweſtern das Ge¬
luͤbd, ein Kloſter Lilienthal zu gruͤnden, ſo Gott den armen
Menſchen heilen wollte, wenn ich aus dankbarer Menſchen¬
liebe ſtatt ſeiner barfuß ins Hennegau zoͤge und mein Haupt
ſtatt ſeiner auf das Schulterband Rebeckas lehnte. Die
Schweſtern wollten mich treulich geleiten, der Moͤnch aber
ſagte: „es ſey eine ungewiße Sache, denn er wiſſe nicht,
ob die Kraft der Edelſteine in dieſen Zeiten in der Fremde
noch geuͤbet werde, oder in Vergeſſenheit gekommen ſey.“ —
Ich aber konnte nicht mehr ruhen, ich opferte mich ganz
auf fuͤr Juͤrgo und zog mit den Schweſtern barfuß gen Hen¬
negau. Ich hatte kuͤnſtlich gewebtes Bildwerk mitgenommen
und ein Brieflein vom Abt des Kloſters Baͤnderen an Jakob
von Guiſe, damit ich Eingang faͤnde bei der Graͤfinn deiner
Mutter. Jakob von Guiſe, dem ich Alles mittheilte, be¬
lobte zwar meine Chriſtenliebe, aber er ſagte mir, wie der
Gebrauch der Kleinodien zur Heilung bloͤder Sinne hier zu
Lande ſchon lange abgekommen, weil mehrmalen ein uͤbler
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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/340>, abgerufen am 21.11.2024.
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