Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838.jung, da verwundert man sich über Alles; mir ist Alles Da hob sie an mit gemäßigter Stimme, wie etwa jung, da verwundert man ſich über Alles; mir iſt Alles Da hob ſie an mit gemäßigter Stimme, wie etwa <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0021" n="11"/> jung, da verwundert man ſich über Alles; mir iſt Alles<lb/> ſchon ſo oft wieder vorgekommen, daß ich es nur noch<lb/> mit Freuden anſehe, weil es Gott ſo treulich damit<lb/> meinet. Aber man ſoll keinen guten Willen von ſich<lb/> weiſen, wenn er Einem auch grade nicht noth thut, ſonſt<lb/> möchte der liebe Freund ausbleiben, wenn er ein andermal<lb/> gar willkommen wäre; bleibe Er drum immer ſitzen,<lb/> und ſehe Er, was Er mir helfen kann. Ich will ihm<lb/> erzählen, was mich in die Stadt den weiten Weg her¬<lb/> treibt. Ich hätt' es nicht gedacht, wieder hierher zu<lb/> kommen. Es ſind ſiebzig Jahre, daß ich hier im Hauſe<lb/> als Magd gedient habe, auf deſſen Schwelle ich ſitze,<lb/> ſeitdem war ich nicht mehr in der Stadt; was die Zeit<lb/> herumgeht? es iſt als wenn man eine Hand umwendet.<lb/> Wie oft habe ich hier am Abend geſeſſen vor ſiebzig<lb/> Jahren und habe auf meinen Schatz gewartet, der bei<lb/> der Garde ſtand. Hier haben wir uns auch verſprochen.<lb/> Wenn er hier — aber ſtill, da kömmt die Runde<lb/> vorbei.</p><lb/> <p>Da hob ſie an mit gemäßigter Stimme, wie etwa<lb/> junge Mägde und Diener in ſchönen Mondnächten, vor<lb/> der Thür zu ſingen, und ich hörte mit innigem Ver¬<lb/> gnügen folgendes ſchöne alte Lied von ihr:</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [11/0021]
jung, da verwundert man ſich über Alles; mir iſt Alles
ſchon ſo oft wieder vorgekommen, daß ich es nur noch
mit Freuden anſehe, weil es Gott ſo treulich damit
meinet. Aber man ſoll keinen guten Willen von ſich
weiſen, wenn er Einem auch grade nicht noth thut, ſonſt
möchte der liebe Freund ausbleiben, wenn er ein andermal
gar willkommen wäre; bleibe Er drum immer ſitzen,
und ſehe Er, was Er mir helfen kann. Ich will ihm
erzählen, was mich in die Stadt den weiten Weg her¬
treibt. Ich hätt' es nicht gedacht, wieder hierher zu
kommen. Es ſind ſiebzig Jahre, daß ich hier im Hauſe
als Magd gedient habe, auf deſſen Schwelle ich ſitze,
ſeitdem war ich nicht mehr in der Stadt; was die Zeit
herumgeht? es iſt als wenn man eine Hand umwendet.
Wie oft habe ich hier am Abend geſeſſen vor ſiebzig
Jahren und habe auf meinen Schatz gewartet, der bei
der Garde ſtand. Hier haben wir uns auch verſprochen.
Wenn er hier — aber ſtill, da kömmt die Runde
vorbei.
Da hob ſie an mit gemäßigter Stimme, wie etwa
junge Mägde und Diener in ſchönen Mondnächten, vor
der Thür zu ſingen, und ich hörte mit innigem Ver¬
gnügen folgendes ſchöne alte Lied von ihr:
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