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Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838.

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Munter, munter,
Immer bunter
Immer runder
Oben stund er,
Nun bergunter,
'S ist kein Wunder!

Schau' Er, lieber Mensch, ist es nicht gut, daß ich
hier sitzen geblieben, es ist alles einerlei, glaub' Er mir;
heut sind es siebzig Jahre, da saß ich hier vor der
Thüre, ich war eine flinke Magd und sang gern alle
Lieder. Da sang ich auch das Lied vom jüngsten Gericht
wie heute, da die Runde vorbei ging, und da warf mir
ein Grenadier im Vorübergehen eine Rose in den Schooß,
-- die Blätter hab' ich noch in meiner Bibel liegen --
das war meine erste Bekanntschaft mit meinem seligen
Mann. Am andern Morgen hatte ich die Rose vorge¬
steckt in der Kirche, und da fand er mich, und es ward
bald richtig. Drum hat es mich gar sehr gefreut, daß
mir heut wieder eine Rose ward. Es ist ein Zeichen,
daß ich zu ihm kommen soll, und darauf freu' ich mich
herzlich. Vier Söhne und eine Tochter sind mir gestorben,
vorgestern hat mein Enkel seinen Abschied genommen,
-- Gott helfe ihm und erbarme sich seiner! -- und

Munter, munter,
Immer bunter
Immer runder
Oben ſtund er,
Nun bergunter,
'S iſt kein Wunder!

Schau' Er, lieber Menſch, iſt es nicht gut, daß ich
hier ſitzen geblieben, es iſt alles einerlei, glaub' Er mir;
heut ſind es ſiebzig Jahre, da ſaß ich hier vor der
Thüre, ich war eine flinke Magd und ſang gern alle
Lieder. Da ſang ich auch das Lied vom jüngſten Gericht
wie heute, da die Runde vorbei ging, und da warf mir
ein Grenadier im Vorübergehen eine Roſe in den Schooß,
— die Blätter hab' ich noch in meiner Bibel liegen —
das war meine erſte Bekanntſchaft mit meinem ſeligen
Mann. Am andern Morgen hatte ich die Roſe vorge¬
ſteckt in der Kirche, und da fand er mich, und es ward
bald richtig. Drum hat es mich gar ſehr gefreut, daß
mir heut wieder eine Roſe ward. Es iſt ein Zeichen,
daß ich zu ihm kommen ſoll, und darauf freu' ich mich
herzlich. Vier Söhne und eine Tochter ſind mir geſtorben,
vorgeſtern hat mein Enkel ſeinen Abſchied genommen,
— Gott helfe ihm und erbarme ſich ſeiner! — und

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[14/0024] Munter, munter, Immer bunter Immer runder Oben ſtund er, Nun bergunter, 'S iſt kein Wunder! Schau' Er, lieber Menſch, iſt es nicht gut, daß ich hier ſitzen geblieben, es iſt alles einerlei, glaub' Er mir; heut ſind es ſiebzig Jahre, da ſaß ich hier vor der Thüre, ich war eine flinke Magd und ſang gern alle Lieder. Da ſang ich auch das Lied vom jüngſten Gericht wie heute, da die Runde vorbei ging, und da warf mir ein Grenadier im Vorübergehen eine Roſe in den Schooß, — die Blätter hab' ich noch in meiner Bibel liegen — das war meine erſte Bekanntſchaft mit meinem ſeligen Mann. Am andern Morgen hatte ich die Roſe vorge¬ ſteckt in der Kirche, und da fand er mich, und es ward bald richtig. Drum hat es mich gar ſehr gefreut, daß mir heut wieder eine Roſe ward. Es iſt ein Zeichen, daß ich zu ihm kommen ſoll, und darauf freu' ich mich herzlich. Vier Söhne und eine Tochter ſind mir geſtorben, vorgeſtern hat mein Enkel ſeinen Abſchied genommen, — Gott helfe ihm und erbarme ſich ſeiner! — und

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_kasperl_1838/24>, abgerufen am 24.11.2024.