Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838.kleine liebe Annerl lieb habt, so erschreckt nicht, wenn kleine liebe Annerl lieb habt, ſo erſchreckt nicht, wenn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0056" n="46"/> kleine liebe Annerl lieb habt, ſo erſchreckt nicht, wenn<lb/> ich ihm mit meinem Schwerdt, rings um das Hälschen,<lb/> die Haut ein wenig aufritze; denn das Schwerdt hat vor<lb/> ihm gewankt, es hat nach ſeinem Blut verlangt, und<lb/> wenn ich ihm den Hals damit nicht ritze, ſo ſteht dem<lb/> Kinde groß Elend im Leben bevor. Da faßte er das<lb/> Kind, welches entſetzlich zu ſchreien begann, ich ſchrie<lb/> auch und riß das Annerl zurück. Indem trat der Bür¬<lb/> germeiſter des Städtchens herein, der von der Jagd<lb/> kam und dem Richter einen kranken Hund zur Heilung<lb/> bringen wollte. Er fragte nach der Urſache des Ge¬<lb/> ſchrei's, Annerl ſchrie: er will mich umbringen; ich war<lb/> außer mir vor entſetzen. Der Richter erzählte dem<lb/> Bürgermeiſter das Ereigniß. Dieſer verwies ihm ſeinen<lb/> Aberglauben, wie er es nannte, heftig und unter ſcharfen<lb/> Drohungen; der Richter blieb ganz ruhig dabei und<lb/> ſprach: ſo haben's meine Väter gehalten, ſo halt' ich's.<lb/> Da ſprach der Bürgermeiſter: Meiſter Franz, wenn Ihr<lb/> glaubt, Euer Schwerdt habe ſich gerührt, weil ich Euch<lb/> hiermit anzeige: daß morgen früh um ſechs Uhr der<lb/> Jäger Jürge von Euch ſoll geköpft werden, ſo wollt'<lb/> ich es noch verzeihen; aber daß Ihr daraus etwas auf<lb/> dies liebe Kind ſchließen wollt, das iſt unvernünftig und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [46/0056]
kleine liebe Annerl lieb habt, ſo erſchreckt nicht, wenn
ich ihm mit meinem Schwerdt, rings um das Hälschen,
die Haut ein wenig aufritze; denn das Schwerdt hat vor
ihm gewankt, es hat nach ſeinem Blut verlangt, und
wenn ich ihm den Hals damit nicht ritze, ſo ſteht dem
Kinde groß Elend im Leben bevor. Da faßte er das
Kind, welches entſetzlich zu ſchreien begann, ich ſchrie
auch und riß das Annerl zurück. Indem trat der Bür¬
germeiſter des Städtchens herein, der von der Jagd
kam und dem Richter einen kranken Hund zur Heilung
bringen wollte. Er fragte nach der Urſache des Ge¬
ſchrei's, Annerl ſchrie: er will mich umbringen; ich war
außer mir vor entſetzen. Der Richter erzählte dem
Bürgermeiſter das Ereigniß. Dieſer verwies ihm ſeinen
Aberglauben, wie er es nannte, heftig und unter ſcharfen
Drohungen; der Richter blieb ganz ruhig dabei und
ſprach: ſo haben's meine Väter gehalten, ſo halt' ich's.
Da ſprach der Bürgermeiſter: Meiſter Franz, wenn Ihr
glaubt, Euer Schwerdt habe ſich gerührt, weil ich Euch
hiermit anzeige: daß morgen früh um ſechs Uhr der
Jäger Jürge von Euch ſoll geköpft werden, ſo wollt'
ich es noch verzeihen; aber daß Ihr daraus etwas auf
dies liebe Kind ſchließen wollt, das iſt unvernünftig und
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