Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838.toll, es könnte so etwas einen Menschen in Verzweiflung Er hieß mich zu seiner Köchin gehn; da kriegten toll, es könnte ſo etwas einen Menſchen in Verzweiflung Er hieß mich zu ſeiner Köchin gehn; da kriegten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0057" n="47"/> toll, es könnte ſo etwas einen Menſchen in Verzweiflung<lb/> bringen, wenn man es ihm ſpäter in ſeinem Alter ſagte,<lb/> daß es ihm in ſeiner Jugend geſchehen ſey. Man ſoll<lb/> keinen Menſchen in Verſuchung führen. — Aber auch<lb/> keines Richters Schwerdt, ſagte Meiſter Franz vor ſich,<lb/> und hing ſein Schwerdt wieder in den Schrank. Nun<lb/> küßte der Bürgermeiſter das Annerl und gab ihm eine<lb/> Semmel aus ſeiner Jagdtaſche und da er mich gefragt,<lb/> wer ich ſey, wo ich herkomme und hin wolle? und ich<lb/> ihm den Tod meiner Baſe erzählt hatte, und auch den<lb/> Auftrag an den Jäger Jürge, ſagte er mir: Ihr ſollt<lb/> ihn ausrichten, ich will Euch ſelbſt zu ihm führen; er<lb/> hat ein hartes Herz, vielleicht wird ihn das Andenken<lb/> einer guten Sterbenden in ſeinen letzten Stunden rühren.<lb/> Da nahm der gute Herr mich und Annerl auf ſeinen<lb/> Wagen, der vor der Thür hielt und fuhr mit uns in<lb/> das Städtchen hinein.</p><lb/> <p>Er hieß mich zu ſeiner Köchin gehn; da kriegten<lb/> wir gutes Eſſen, und gegen Abend ging er mit mir zu<lb/> dem armen Sünder; und als ich dem die letzten Worte<lb/> meiner Baſe erzählte, fing er bitterlich an zu weinen,<lb/> und ſchrie: ach Gott! wenn ſie mein Weib geworden,<lb/> wäre es nicht ſo weit mit mir gekommen. Dann be¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [47/0057]
toll, es könnte ſo etwas einen Menſchen in Verzweiflung
bringen, wenn man es ihm ſpäter in ſeinem Alter ſagte,
daß es ihm in ſeiner Jugend geſchehen ſey. Man ſoll
keinen Menſchen in Verſuchung führen. — Aber auch
keines Richters Schwerdt, ſagte Meiſter Franz vor ſich,
und hing ſein Schwerdt wieder in den Schrank. Nun
küßte der Bürgermeiſter das Annerl und gab ihm eine
Semmel aus ſeiner Jagdtaſche und da er mich gefragt,
wer ich ſey, wo ich herkomme und hin wolle? und ich
ihm den Tod meiner Baſe erzählt hatte, und auch den
Auftrag an den Jäger Jürge, ſagte er mir: Ihr ſollt
ihn ausrichten, ich will Euch ſelbſt zu ihm führen; er
hat ein hartes Herz, vielleicht wird ihn das Andenken
einer guten Sterbenden in ſeinen letzten Stunden rühren.
Da nahm der gute Herr mich und Annerl auf ſeinen
Wagen, der vor der Thür hielt und fuhr mit uns in
das Städtchen hinein.
Er hieß mich zu ſeiner Köchin gehn; da kriegten
wir gutes Eſſen, und gegen Abend ging er mit mir zu
dem armen Sünder; und als ich dem die letzten Worte
meiner Baſe erzählte, fing er bitterlich an zu weinen,
und ſchrie: ach Gott! wenn ſie mein Weib geworden,
wäre es nicht ſo weit mit mir gekommen. Dann be¬
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |