Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838.Augen, und sagte: Schweigen Sie, ums Himmels wil¬ Grossinger nahm den Schleier; er war ganz verwan¬ Augen, und ſagte: Schweigen Sie, ums Himmels wil¬ Groſſinger nahm den Schleier; er war ganz verwan¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0068" n="58"/> Augen, und ſagte: Schweigen Sie, ums Himmels wil¬<lb/> len, ſchweigen Sie — und nun wendete er ſich zu dem<lb/> Fähndrich, der an der Thür ſtand, und ſagte mit drin¬<lb/> gender Eile: Fort, eilend zu Pferde mit dieſem Menſchen<lb/> hier; reiten Sie das Pferd todt; nur nach dem Gerichte<lb/> hin: heften Sie dieſen Schleier an ihren Degen, winken<lb/> und ſchreien Sie Gnade, Gnade! ich komme nach.</p><lb/> <p>Groſſinger nahm den Schleier; er war ganz verwan¬<lb/> delt, er ſah aus wie ein Geſpenſt vor Angſt und Eile; wir<lb/> ſtürzten in den Stall, ſaßen zu Pferde und ritten im<lb/> Galopp, er ſtürmte wie ein Wahnſinniger zum Thore<lb/> hinaus. Als er den Schleier an ſeine Degenſpitze hef¬<lb/> tete, ſchrie er: Herr Jeſus, meine Schweſter! Ich ver¬<lb/> ſtand nicht, was er wollte. Er ſtand hoch im Bügel,<lb/> und wehte und ſchrie: Gnade, Gnade! wir ſahen auf<lb/> dem Hügel die Menge um das Gericht verſammelt.<lb/> Mein Pferd ſcheute vor dem wehenden Tuch. Ich bin<lb/> ein ſchlechter Reiter, ich konnte den Groſſinger nicht ein¬<lb/> holen, er flog im ſchnellſten Carriere: ich ſtrengte alle<lb/> Kräfte an. Trauriges Schickſal! die Artillerie exerzirte<lb/> in der Nähe, der Kanonendonner machte es unmöglich,<lb/> unſer Geſchrei aus der Ferne zu hören. Groſſinger<lb/> ſtürzte, das Volk ſtob auseinander, ich ſah in den Kreis,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [58/0068]
Augen, und ſagte: Schweigen Sie, ums Himmels wil¬
len, ſchweigen Sie — und nun wendete er ſich zu dem
Fähndrich, der an der Thür ſtand, und ſagte mit drin¬
gender Eile: Fort, eilend zu Pferde mit dieſem Menſchen
hier; reiten Sie das Pferd todt; nur nach dem Gerichte
hin: heften Sie dieſen Schleier an ihren Degen, winken
und ſchreien Sie Gnade, Gnade! ich komme nach.
Groſſinger nahm den Schleier; er war ganz verwan¬
delt, er ſah aus wie ein Geſpenſt vor Angſt und Eile; wir
ſtürzten in den Stall, ſaßen zu Pferde und ritten im
Galopp, er ſtürmte wie ein Wahnſinniger zum Thore
hinaus. Als er den Schleier an ſeine Degenſpitze hef¬
tete, ſchrie er: Herr Jeſus, meine Schweſter! Ich ver¬
ſtand nicht, was er wollte. Er ſtand hoch im Bügel,
und wehte und ſchrie: Gnade, Gnade! wir ſahen auf
dem Hügel die Menge um das Gericht verſammelt.
Mein Pferd ſcheute vor dem wehenden Tuch. Ich bin
ein ſchlechter Reiter, ich konnte den Groſſinger nicht ein¬
holen, er flog im ſchnellſten Carriere: ich ſtrengte alle
Kräfte an. Trauriges Schickſal! die Artillerie exerzirte
in der Nähe, der Kanonendonner machte es unmöglich,
unſer Geſchrei aus der Ferne zu hören. Groſſinger
ſtürzte, das Volk ſtob auseinander, ich ſah in den Kreis,
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