Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838.ich sah einen Stahlblitz in der frühen Sonne -- ach Eine rächende Wuth ergriff die Menge; die Weiber ich ſah einen Stahlblitz in der frühen Sonne — ach Eine rächende Wuth ergriff die Menge; die Weiber <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0069" n="59"/> ich ſah einen Stahlblitz in der frühen Sonne — ach<lb/> Gott, es war der Schwerdtblitz des Richters! — Ich<lb/> ſprengte heran, ich hörte das Wehklagen der Menge.<lb/> Pardon, Pardon! ſchrie Groſſinger und ſtürzte mit<lb/> wehendem Schleier durch den Kreis, wie ein Raſender,<lb/> aber der Richter hielt ihm das blutende Haupt der ſchö¬<lb/> nen Annerl entgegen, das ihn wehmüthig anlächelte.<lb/> Da ſchrie er: Gott ſey mir gnädig! und fiel auf die<lb/> Leiche hin zur Erde, tödtet mich, tödtet mich, ihr Men¬<lb/> ſchen, ich habe ſie verführt, ich bin ihr Mörder!</p><lb/> <p>Eine rächende Wuth ergriff die Menge; die Weiber<lb/> und Jungfrauen drangen heran und riſſen ihn von der<lb/> Leiche, und traten ihn mit Füßen, er wehrte ſich nicht;<lb/> die Wachen konnten das wüthende Volk nicht bändigen.<lb/> Da erhob ſich das Geſchrei: der Herzog, der Herzog! —<lb/> er kam im offnen Wagen gefahren, ein blutjunger Menſch,<lb/> den Hut tief in's Geſicht gedrückt, in einen Mantel ge¬<lb/> hüllt, ſaß neben ihm. Die Menſchen ſchleifen Groſſinger<lb/> herbei; Jeſus, mein Bruder! ſchrie der junge Offizier<lb/> mit der weiblichſten Stimme aus dem Wagen. Der Her¬<lb/> zog ſprach beſtürzt zu ihm: ſchweigen Sie! Er ſprang<lb/> aus dem Wagen, der junge Menſch wollte folgen, der<lb/> Herzog drängte ihn ſchier unſanft zurück, aber ſo beför¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [59/0069]
ich ſah einen Stahlblitz in der frühen Sonne — ach
Gott, es war der Schwerdtblitz des Richters! — Ich
ſprengte heran, ich hörte das Wehklagen der Menge.
Pardon, Pardon! ſchrie Groſſinger und ſtürzte mit
wehendem Schleier durch den Kreis, wie ein Raſender,
aber der Richter hielt ihm das blutende Haupt der ſchö¬
nen Annerl entgegen, das ihn wehmüthig anlächelte.
Da ſchrie er: Gott ſey mir gnädig! und fiel auf die
Leiche hin zur Erde, tödtet mich, tödtet mich, ihr Men¬
ſchen, ich habe ſie verführt, ich bin ihr Mörder!
Eine rächende Wuth ergriff die Menge; die Weiber
und Jungfrauen drangen heran und riſſen ihn von der
Leiche, und traten ihn mit Füßen, er wehrte ſich nicht;
die Wachen konnten das wüthende Volk nicht bändigen.
Da erhob ſich das Geſchrei: der Herzog, der Herzog! —
er kam im offnen Wagen gefahren, ein blutjunger Menſch,
den Hut tief in's Geſicht gedrückt, in einen Mantel ge¬
hüllt, ſaß neben ihm. Die Menſchen ſchleifen Groſſinger
herbei; Jeſus, mein Bruder! ſchrie der junge Offizier
mit der weiblichſten Stimme aus dem Wagen. Der Her¬
zog ſprach beſtürzt zu ihm: ſchweigen Sie! Er ſprang
aus dem Wagen, der junge Menſch wollte folgen, der
Herzog drängte ihn ſchier unſanft zurück, aber ſo beför¬
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