Dadurch in solchen Stand gesetzt, daß wir Jn aller Creatur Glanz, Ordnung, Pracht und Zier Für GOttes Wunder taub, für GOttes Werke blind, Geschmack-Geruch- und fül-los sind: Einfolglich ist Sein Werk für uns vergebens.
Ob aber dieses nun der Endzweck unsers Lebens, Das Ziel der Sele, ist, und ob man nicht die Spur Von GOttes Gegenwart in Seiner Creatur, Wenn man sich ihrer freu't, entdecket: Hingegen, ob man sie, wenn man sie nicht betrachtet, Nicht gleichsam von sich stöss't und sie verachtet; Jst eine Frage, die mich schrecket. Denn sollte GOtt dich so an jenem Tage fragen, Was meynst du? würd'st du wol, ohn' Angst und Zittern, sagen: Mein GOtt, ich hab' auf Erden Mit solcher Emsigkeit getrachtet, reich zu werden, Daß ich vor Sorgen, Fleiß, Müh', Arbeit, Laufen, Rennen Unmöglich Dein Geschöpf und Dich betrachten können.
Der
Dadurch in ſolchen Stand geſetzt, daß wir Jn aller Creatur Glanz, Ordnung, Pracht und Zier Fuͤr GOttes Wunder taub, fuͤr GOttes Werke blind, Geſchmack-Geruch- und fuͤl-los ſind: Einfolglich iſt Sein Werk fuͤr uns vergebens.
Ob aber dieſes nun der Endzweck unſers Lebens, Das Ziel der Sele, iſt, und ob man nicht die Spur Von GOttes Gegenwart in Seiner Creatur, Wenn man ſich ihrer freu’t, entdecket: Hingegen, ob man ſie, wenn man ſie nicht betrachtet, Nicht gleichſam von ſich ſtoͤſſ’t und ſie verachtet; Jſt eine Frage, die mich ſchrecket. Denn ſollte GOtt dich ſo an jenem Tage fragen, Was meynſt du? wuͤrd’ſt du wol, ohn’ Angſt und Zittern, ſagen: Mein GOtt, ich hab’ auf Erden Mit ſolcher Emſigkeit getrachtet, reich zu werden, Daß ich vor Sorgen, Fleiß, Muͤh’, Arbeit, Laufen, Rennen Unmoͤglich Dein Geſchoͤpf und Dich betrachten koͤnnen.
Der
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Dadurch in ſolchen Stand geſetzt, daß wir
Jn aller Creatur Glanz, Ordnung, Pracht und Zier
Fuͤr GOttes Wunder taub, fuͤr GOttes Werke blind,
Geſchmack-Geruch- und fuͤl-los ſind:
Einfolglich iſt Sein Werk fuͤr uns vergebens.
Ob aber dieſes nun der Endzweck unſers Lebens,
Das Ziel der Sele, iſt, und ob man nicht die Spur
Von GOttes Gegenwart in Seiner Creatur,
Wenn man ſich ihrer freu’t, entdecket:
Hingegen, ob man ſie, wenn man ſie nicht betrachtet,
Nicht gleichſam von ſich ſtoͤſſ’t und ſie verachtet;
Jſt eine Frage, die mich ſchrecket.
Denn ſollte GOtt dich ſo an jenem Tage fragen,
Was meynſt du? wuͤrd’ſt du wol, ohn’ Angſt und Zittern, ſagen:
Mein GOtt, ich hab’ auf Erden
Mit ſolcher Emſigkeit getrachtet, reich zu werden,
Daß ich vor Sorgen, Fleiß, Muͤh’, Arbeit, Laufen, Rennen
Unmoͤglich Dein Geſchoͤpf und Dich betrachten koͤnnen.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/140>, abgerufen am 24.11.2024.
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