Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite
Seh' ich den Himmel an, so kömmt mir sein Sapphir
Als eine Tafel für,
Die unermesslich ist, auf welcher eine Schrift,
Die des allmächt'gen Schöpfers Wesen,
Huld, Weis heit, Macht und Majestät betrifft,
Jm schimmernden Gestirn, in heller Pracht zu lesen.
Hilf GOtt, welch eine Schrift! O! welch ein Wunder-Buch,
Jn welchem die Gestirne Zeilen,
Die Lettern grösser sind, als hundert tausend Meilen,
Woran in wunderbarem Schein
Die Puncte selbsten Sonnen seyn!
Jch seh' es ganz erstaunt in tiefster Ehr-Furcht an,
Und, ob den Jnhalt gleich mein Geist nicht fassen kann;
Doch spür' ich, daß sie mich also zu denken treibt:
So schreibt der Schöpfer, wenn Er schreibt.
O dreymal höchst beglückt-o dreymal sel'ge Selen,
Die GOtt, das höchste Gut, dereinst wird auserwählen,
Der ew'gen Weisheit Licht noch tiefer einzusehn,
Und Jhn, den Schöpfer Selbst, den Jnhalt, zu verstehn!
Jndessen müssen wir,
Zu unsers Schöpfers Ruhm, so lange wir noch hier,
Das Wunder-A B C der Sternen
Jn Ehrfurcht buchstabiren lernen.
Es ist kein' einzige Figur
Jm ganzen Reiche der Natur
Zu finden, ja nur zu erdenken,
Die, wenn wir Blick und Witz in diese Höhe senken,
Jn diesen tiefen Gründen,

Jn
Seh’ ich den Himmel an, ſo koͤmmt mir ſein Sapphir
Als eine Tafel fuͤr,
Die unermeſſlich iſt, auf welcher eine Schrift,
Die des allmaͤcht’gen Schoͤpfers Weſen,
Huld, Weiſ heit, Macht und Majeſtaͤt betrifft,
Jm ſchimmernden Geſtirn, in heller Pracht zu leſen.
Hilf GOtt, welch eine Schrift! O! welch ein Wunder-Buch,
Jn welchem die Geſtirne Zeilen,
Die Lettern groͤſſer ſind, als hundert tauſend Meilen,
Woran in wunderbarem Schein
Die Puncte ſelbſten Sonnen ſeyn!
Jch ſeh’ es ganz erſtaunt in tiefſter Ehr-Furcht an,
Und, ob den Jnhalt gleich mein Geiſt nicht faſſen kann;
Doch ſpuͤr’ ich, daß ſie mich alſo zu denken treibt:
So ſchreibt der Schoͤpfer, wenn Er ſchreibt.
O dreymal hoͤchſt begluͤckt-o dreymal ſel’ge Selen,
Die GOtt, das hoͤchſte Gut, dereinſt wird auserwaͤhlen,
Der ew’gen Weiſheit Licht noch tiefer einzuſehn,
Und Jhn, den Schoͤpfer Selbſt, den Jnhalt, zu verſtehn!
Jndeſſen muͤſſen wir,
Zu unſers Schoͤpfers Ruhm, ſo lange wir noch hier,
Das Wunder-A B C der Sternen
Jn Ehrfurcht buchſtabiren lernen.
Es iſt kein’ einzige Figur
Jm ganzen Reiche der Natur
Zu finden, ja nur zu erdenken,
Die, wenn wir Blick und Witz in dieſe Hoͤhe ſenken,
Jn dieſen tiefen Gruͤnden,

Jn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0223" n="187"/>
          <lg n="31">
            <l>Seh&#x2019; ich den Himmel an, &#x017F;o ko&#x0364;mmt mir &#x017F;ein Sapphir</l><lb/>
            <l>Als eine Tafel fu&#x0364;r,</l><lb/>
            <l>Die unerme&#x017F;&#x017F;lich i&#x017F;t, auf welcher eine Schrift,</l><lb/>
            <l>Die des allma&#x0364;cht&#x2019;gen Scho&#x0364;pfers We&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Huld, Wei&#x017F; heit, Macht und Maje&#x017F;ta&#x0364;t betrifft,</l><lb/>
            <l>Jm &#x017F;chimmernden Ge&#x017F;tirn, in heller Pracht zu le&#x017F;en.</l><lb/>
            <l>Hilf GOtt, welch eine Schrift! O! welch ein Wunder-Buch,</l><lb/>
            <l>Jn welchem die Ge&#x017F;tirne Zeilen,</l><lb/>
            <l>Die Lettern gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ind, als hundert tau&#x017F;end Meilen,</l><lb/>
            <l>Woran in wunderbarem Schein</l><lb/>
            <l>Die Puncte &#x017F;elb&#x017F;ten Sonnen &#x017F;eyn!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="32">
            <l>Jch &#x017F;eh&#x2019; es ganz er&#x017F;taunt in tief&#x017F;ter Ehr-Furcht an,</l><lb/>
            <l>Und, ob den Jnhalt gleich mein Gei&#x017F;t nicht fa&#x017F;&#x017F;en kann;</l><lb/>
            <l>Doch &#x017F;pu&#x0364;r&#x2019; ich, daß &#x017F;ie mich al&#x017F;o zu denken treibt:</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">So &#x017F;chreibt der Scho&#x0364;pfer, wenn Er &#x017F;chreibt.</hi> </l><lb/>
            <l>O dreymal ho&#x0364;ch&#x017F;t beglu&#x0364;ckt-o dreymal &#x017F;el&#x2019;ge Selen,</l><lb/>
            <l>Die GOtt, das ho&#x0364;ch&#x017F;te Gut, derein&#x017F;t wird auserwa&#x0364;hlen,</l><lb/>
            <l>Der ew&#x2019;gen Wei&#x017F;heit Licht noch tiefer einzu&#x017F;ehn,</l><lb/>
            <l>Und Jhn, den Scho&#x0364;pfer Selb&#x017F;t, den Jnhalt, zu ver&#x017F;tehn!</l><lb/>
            <l>Jnde&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir,</l><lb/>
            <l>Zu un&#x017F;ers Scho&#x0364;pfers Ruhm, &#x017F;o lange wir noch hier,</l><lb/>
            <l>Das Wunder-A B C der Sternen</l><lb/>
            <l>Jn Ehrfurcht buch&#x017F;tabiren lernen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="33">
            <l>Es i&#x017F;t kein&#x2019; einzige Figur</l><lb/>
            <l>Jm ganzen Reiche der Natur</l><lb/>
            <l>Zu finden, ja nur zu erdenken,</l><lb/>
            <l>Die, wenn wir Blick und Witz in die&#x017F;e Ho&#x0364;he &#x017F;enken,</l><lb/>
            <l>Jn die&#x017F;en tiefen Gru&#x0364;nden,</l><lb/>
            <l>
              <fw place="bottom" type="catch">Jn</fw><lb/>
            </l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0223] Seh’ ich den Himmel an, ſo koͤmmt mir ſein Sapphir Als eine Tafel fuͤr, Die unermeſſlich iſt, auf welcher eine Schrift, Die des allmaͤcht’gen Schoͤpfers Weſen, Huld, Weiſ heit, Macht und Majeſtaͤt betrifft, Jm ſchimmernden Geſtirn, in heller Pracht zu leſen. Hilf GOtt, welch eine Schrift! O! welch ein Wunder-Buch, Jn welchem die Geſtirne Zeilen, Die Lettern groͤſſer ſind, als hundert tauſend Meilen, Woran in wunderbarem Schein Die Puncte ſelbſten Sonnen ſeyn! Jch ſeh’ es ganz erſtaunt in tiefſter Ehr-Furcht an, Und, ob den Jnhalt gleich mein Geiſt nicht faſſen kann; Doch ſpuͤr’ ich, daß ſie mich alſo zu denken treibt: So ſchreibt der Schoͤpfer, wenn Er ſchreibt. O dreymal hoͤchſt begluͤckt-o dreymal ſel’ge Selen, Die GOtt, das hoͤchſte Gut, dereinſt wird auserwaͤhlen, Der ew’gen Weiſheit Licht noch tiefer einzuſehn, Und Jhn, den Schoͤpfer Selbſt, den Jnhalt, zu verſtehn! Jndeſſen muͤſſen wir, Zu unſers Schoͤpfers Ruhm, ſo lange wir noch hier, Das Wunder-A B C der Sternen Jn Ehrfurcht buchſtabiren lernen. Es iſt kein’ einzige Figur Jm ganzen Reiche der Natur Zu finden, ja nur zu erdenken, Die, wenn wir Blick und Witz in dieſe Hoͤhe ſenken, Jn dieſen tiefen Gruͤnden, Jn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/223
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/223>, abgerufen am 21.11.2024.