Es lieget die Zufriedenheit Warhaftig nicht an Pracht und Ehre, Nicht in der Wollust Riedlichkeit, Nicht daß sich stets dein Gut vermehre. Mäcenas, Crassus und August Die hätten sonsten stets gemust Jn unverrückten Freuden leben, Von deren Unlust Schwermuts-Joch Und Gram uns die Geschichte doch Gewiß ganz and're Nachricht geben. Drum höre! die Zufriedenheit Jst die Gesundheit uns'rer Selen.
Wie nun der Speisen Niedlichkeit Denjenigen gar schlecht erfreut, Dem Hunger und Gesundheit felen: So können Ehre, Wollust, Geld, Die Niedlichkeiten dieser Welt, Auch keiner kranken Sele schmecken. Es wird ihr Mangel dir Verdruß, Bemühen, Sorg'; und ihr Genuß Noch immer grössern Durst, erwecken.
Was denn für Raht bey so bestallten Sachen? Geliebte Sele! fasse Mut, Und thue, was ein Kranker thut, Der sich verlangt gesund zu machen! Was thut ein Kranker? Sorget er, Wie er viel hundert tausend Speisen Auf seiner Tafel könne weisen? Ach nein: er ist vernünftiger.
Er
Es lieget die Zufriedenheit Warhaftig nicht an Pracht und Ehre, Nicht in der Wolluſt Riedlichkeit, Nicht daß ſich ſtets dein Gut vermehre. Maͤcenas, Craſſus und Auguſt Die haͤtten ſonſten ſtets gemuſt Jn unverruͤckten Freuden leben, Von deren Unluſt Schwermuts-Joch Und Gram uns die Geſchichte doch Gewiß ganz and’re Nachricht geben. Drum hoͤre! die Zufriedenheit Jſt die Geſundheit unſ’rer Selen.
Wie nun der Speiſen Niedlichkeit Denjenigen gar ſchlecht erfreut, Dem Hunger und Geſundheit felen: So koͤnnen Ehre, Wolluſt, Geld, Die Niedlichkeiten dieſer Welt, Auch keiner kranken Sele ſchmecken. Es wird ihr Mangel dir Verdruß, Bemuͤhen, Sorg’; und ihr Genuß Noch immer groͤſſern Durſt, erwecken.
Was denn fuͤr Raht bey ſo beſtallten Sachen? Geliebte Sele! faſſe Mut, Und thue, was ein Kranker thut, Der ſich verlangt geſund zu machen! Was thut ein Kranker? Sorget er, Wie er viel hundert tauſend Speiſen Auf ſeiner Tafel koͤnne weiſen? Ach nein: er iſt vernuͤnftiger.
Er
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Es lieget die Zufriedenheit
Warhaftig nicht an Pracht und Ehre,
Nicht in der Wolluſt Riedlichkeit,
Nicht daß ſich ſtets dein Gut vermehre.
Maͤcenas, Craſſus und Auguſt
Die haͤtten ſonſten ſtets gemuſt
Jn unverruͤckten Freuden leben,
Von deren Unluſt Schwermuts-Joch
Und Gram uns die Geſchichte doch
Gewiß ganz and’re Nachricht geben.
Drum hoͤre! die Zufriedenheit
Jſt die Geſundheit unſ’rer Selen.
Wie nun der Speiſen Niedlichkeit
Denjenigen gar ſchlecht erfreut,
Dem Hunger und Geſundheit felen:
So koͤnnen Ehre, Wolluſt, Geld,
Die Niedlichkeiten dieſer Welt,
Auch keiner kranken Sele ſchmecken.
Es wird ihr Mangel dir Verdruß,
Bemuͤhen, Sorg’; und ihr Genuß
Noch immer groͤſſern Durſt, erwecken.
Was denn fuͤr Raht bey ſo beſtallten Sachen?
Geliebte Sele! faſſe Mut,
Und thue, was ein Kranker thut,
Der ſich verlangt geſund zu machen!
Was thut ein Kranker? Sorget er,
Wie er viel hundert tauſend Speiſen
Auf ſeiner Tafel koͤnne weiſen?
Ach nein: er iſt vernuͤnftiger.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/264>, abgerufen am 22.11.2024.
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