Jm Gehirn, der Nerven-Qvelle, Wird der Mittel-Punct gezeugt, Der sich von der Ursprungs-Stelle Jn zween zarte Gänge beugt, Draus die aufmerksamen Augen Die Bewegungs-Kräfte saugen, Daß daher, wenn eins sich reg't, Auch das and're sich beweg't.
7.
Uns'rer Augen wässricht Wesen Samt der Haut ist ungefärbt, Damit, was wir sehn und lesen, Nicht verändert, nicht verderbt Uns'rer Sele scheinen mögte; Sie also nur fälschlich dächte, Wie, wenn wir durch Gläser sehn, Die gefärb't, pfleg't zu geschehn.
8.
Hinter einem jeden Kreise Find't sich eine schwarze Wand, An der, auf besond're Weise, Da sie gleichsam ausgespann't, Durch die wäss'richten Krystallen Mancherley Gestalten fallen, Wann das Licht, so sie bestral't, Tausend Bilder daran mal't.
9. Lin-
6.
Jm Gehirn, der Nerven-Qvelle, Wird der Mittel-Punct gezeugt, Der ſich von der Urſprungs-Stelle Jn zween zarte Gaͤnge beugt, Draus die aufmerkſamen Augen Die Bewegungs-Kraͤfte ſaugen, Daß daher, wenn eins ſich reg’t, Auch das and’re ſich beweg’t.
7.
Unſ’rer Augen waͤſſricht Weſen Samt der Haut iſt ungefaͤrbt, Damit, was wir ſehn und leſen, Nicht veraͤndert, nicht verderbt Unſ’rer Sele ſcheinen moͤgte; Sie alſo nur faͤlſchlich daͤchte, Wie, wenn wir durch Glaͤſer ſehn, Die gefaͤrb’t, pfleg’t zu geſchehn.
8.
Hinter einem jeden Kreiſe Find’t ſich eine ſchwarze Wand, An der, auf beſond’re Weiſe, Da ſie gleichſam ausgeſpann’t, Durch die waͤſſ’richten Kryſtallen Mancherley Geſtalten fallen, Wann das Licht, ſo ſie beſtral’t, Tauſend Bilder daran mal’t.
9. Lin-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0324"n="288"/><lgn="139"><head>6.</head><lb/><l>Jm Gehirn, der Nerven-Qvelle,</l><lb/><l>Wird der Mittel-Punct gezeugt,</l><lb/><l>Der ſich von der Urſprungs-Stelle</l><lb/><l>Jn zween zarte Gaͤnge beugt,</l><lb/><l>Draus die aufmerkſamen Augen</l><lb/><l>Die Bewegungs-Kraͤfte ſaugen,</l><lb/><l>Daß daher, wenn eins ſich reg’t,</l><lb/><l>Auch das and’re ſich beweg’t.</l></lg><lb/><lgn="140"><head>7.</head><lb/><l>Unſ’rer Augen waͤſſricht Weſen</l><lb/><l>Samt der Haut iſt ungefaͤrbt,</l><lb/><l>Damit, was wir ſehn und leſen,</l><lb/><l>Nicht veraͤndert, nicht verderbt</l><lb/><l>Unſ’rer Sele ſcheinen moͤgte;</l><lb/><l>Sie alſo nur faͤlſchlich daͤchte,</l><lb/><l>Wie, wenn wir durch Glaͤſer ſehn,</l><lb/><l>Die gefaͤrb’t, pfleg’t zu geſchehn.</l></lg><lb/><lgn="141"><head>8.</head><lb/><l>Hinter einem jeden Kreiſe</l><lb/><l>Find’t ſich eine ſchwarze Wand,</l><lb/><l>An der, auf beſond’re Weiſe,</l><lb/><l>Da ſie gleichſam ausgeſpann’t,</l><lb/><l>Durch die waͤſſ’richten Kryſtallen</l><lb/><l>Mancherley Geſtalten fallen,</l><lb/><l>Wann das Licht, ſo ſie beſtral’t,</l><lb/><l>Tauſend Bilder daran mal’t.</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="catch">9. Lin-</fw><lb/></lg></div></div></body></text></TEI>
[288/0324]
6.
Jm Gehirn, der Nerven-Qvelle,
Wird der Mittel-Punct gezeugt,
Der ſich von der Urſprungs-Stelle
Jn zween zarte Gaͤnge beugt,
Draus die aufmerkſamen Augen
Die Bewegungs-Kraͤfte ſaugen,
Daß daher, wenn eins ſich reg’t,
Auch das and’re ſich beweg’t.
7.
Unſ’rer Augen waͤſſricht Weſen
Samt der Haut iſt ungefaͤrbt,
Damit, was wir ſehn und leſen,
Nicht veraͤndert, nicht verderbt
Unſ’rer Sele ſcheinen moͤgte;
Sie alſo nur faͤlſchlich daͤchte,
Wie, wenn wir durch Glaͤſer ſehn,
Die gefaͤrb’t, pfleg’t zu geſchehn.
8.
Hinter einem jeden Kreiſe
Find’t ſich eine ſchwarze Wand,
An der, auf beſond’re Weiſe,
Da ſie gleichſam ausgeſpann’t,
Durch die waͤſſ’richten Kryſtallen
Mancherley Geſtalten fallen,
Wann das Licht, ſo ſie beſtral’t,
Tauſend Bilder daran mal’t.
9. Lin-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/324>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.