Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite
105.
Merket, wie sie sich zu regen,
Und zum sprechen fertig sey,
Wenn zehn Muskeln sie bewegen,
Deren immer zwey und zwey
Hinter, vor, zu beyden Seiten,
Auf- und niederwärts sie leiten,
Und ein angewachs'ner Zaum
Lässt ihr nicht zu weiten Raum.
106.
Dieses Glied recht zu bewahren,
Hat es die Natur versehn,
Daß stets, wie geharn'schte Scharen,
Rings um sie die Zähne stehn.
Diese kleine Marmor-Klippen
Decken wiederum die Lippen,
Unter deren Schutz' und Hut
Uns're Zung' auf Polstern ruht.
107.
An der Zung' ist noch zu preisen,
Daß derselben rege Kraft
Uns in so viel tausend Speisen
Tausendfache Lust verschafft.
Sie kann durch ihr forschend Schmecken
Solch Vergnügen uns erwecken,
Daß so gar der Geist verspür't,
Wie ein süsser Trieb ihn rührt.
108.
II. Theil. X
105.
Merket, wie ſie ſich zu regen,
Und zum ſprechen fertig ſey,
Wenn zehn Muſkeln ſie bewegen,
Deren immer zwey und zwey
Hinter, vor, zu beyden Seiten,
Auf- und niederwaͤrts ſie leiten,
Und ein angewachſ’ner Zaum
Laͤſſt ihr nicht zu weiten Raum.
106.
Dieſes Glied recht zu bewahren,
Hat es die Natur verſehn,
Daß ſtets, wie geharn’ſchte Scharen,
Rings um ſie die Zaͤhne ſtehn.
Dieſe kleine Marmor-Klippen
Decken wiederum die Lippen,
Unter deren Schutz’ und Hut
Unſ’re Zung’ auf Polſtern ruht.
107.
An der Zung’ iſt noch zu preiſen,
Daß derſelben rege Kraft
Uns in ſo viel tauſend Speiſen
Tauſendfache Luſt verſchafft.
Sie kann durch ihr forſchend Schmecken
Solch Vergnuͤgen uns erwecken,
Daß ſo gar der Geiſt verſpuͤr’t,
Wie ein ſuͤſſer Trieb ihn ruͤhrt.
108.
II. Theil. X
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0357" n="321"/>
            <lg n="238">
              <head>105.</head><lb/>
              <l>Merket, wie &#x017F;ie &#x017F;ich zu regen,</l><lb/>
              <l>Und zum &#x017F;prechen fertig &#x017F;ey,</l><lb/>
              <l>Wenn zehn Mu&#x017F;keln &#x017F;ie bewegen,</l><lb/>
              <l>Deren immer zwey und zwey</l><lb/>
              <l>Hinter, vor, zu beyden Seiten,</l><lb/>
              <l>Auf- und niederwa&#x0364;rts &#x017F;ie leiten,</l><lb/>
              <l>Und ein angewach&#x017F;&#x2019;ner Zaum</l><lb/>
              <l>La&#x0364;&#x017F;&#x017F;t ihr nicht zu weiten Raum.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="239">
              <head>106.</head><lb/>
              <l>Die&#x017F;es Glied recht zu bewahren,</l><lb/>
              <l>Hat es die Natur ver&#x017F;ehn,</l><lb/>
              <l>Daß &#x017F;tets, wie geharn&#x2019;&#x017F;chte Scharen,</l><lb/>
              <l>Rings um &#x017F;ie die Za&#x0364;hne &#x017F;tehn.</l><lb/>
              <l>Die&#x017F;e kleine Marmor-Klippen</l><lb/>
              <l>Decken wiederum die Lippen,</l><lb/>
              <l>Unter deren Schutz&#x2019; und Hut</l><lb/>
              <l>Un&#x017F;&#x2019;re Zung&#x2019; auf Pol&#x017F;tern ruht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="240">
              <head>107.</head><lb/>
              <l>An der Zung&#x2019; i&#x017F;t noch zu prei&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Daß der&#x017F;elben rege Kraft</l><lb/>
              <l>Uns in &#x017F;o viel tau&#x017F;end Spei&#x017F;en</l><lb/>
              <l>Tau&#x017F;endfache Lu&#x017F;t ver&#x017F;chafft.</l><lb/>
              <l>Sie kann durch ihr for&#x017F;chend Schmecken</l><lb/>
              <l>Solch Vergnu&#x0364;gen uns erwecken,</l><lb/>
              <l>Daß &#x017F;o gar der Gei&#x017F;t ver&#x017F;pu&#x0364;r&#x2019;t,</l><lb/>
              <l>Wie ein &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Trieb ihn ru&#x0364;hrt.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi> Theil. X</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">108.</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[321/0357] 105. Merket, wie ſie ſich zu regen, Und zum ſprechen fertig ſey, Wenn zehn Muſkeln ſie bewegen, Deren immer zwey und zwey Hinter, vor, zu beyden Seiten, Auf- und niederwaͤrts ſie leiten, Und ein angewachſ’ner Zaum Laͤſſt ihr nicht zu weiten Raum. 106. Dieſes Glied recht zu bewahren, Hat es die Natur verſehn, Daß ſtets, wie geharn’ſchte Scharen, Rings um ſie die Zaͤhne ſtehn. Dieſe kleine Marmor-Klippen Decken wiederum die Lippen, Unter deren Schutz’ und Hut Unſ’re Zung’ auf Polſtern ruht. 107. An der Zung’ iſt noch zu preiſen, Daß derſelben rege Kraft Uns in ſo viel tauſend Speiſen Tauſendfache Luſt verſchafft. Sie kann durch ihr forſchend Schmecken Solch Vergnuͤgen uns erwecken, Daß ſo gar der Geiſt verſpuͤr’t, Wie ein ſuͤſſer Trieb ihn ruͤhrt. 108. II. Theil. X

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/357
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/357>, abgerufen am 22.11.2024.