Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite

Uns doch ins Herz durchs Auge fallen mögte!
Ach, daß es uns doch nur so viel gefiel,
Daß man, dadurch gerührt, am grossen Schöpfer dächte.

Jndem ich nun bewundernd stehe,
Und Welt und Himmel glänzen sehe;
Werd' ich gewahr, daß sich das Licht
Auf uns'rer Welt durch Schatten artig bricht,
Und dieß vermehrte noch die liebliche Gestalt.
Hier stund ein Teil der Wiesen sanft verdunkelt,
Und dort ein halber Wald,
Jnzwischen daß die and're Hälfte funkelt,
Die durch den Gegensatz
Noch so viel heller scheint. Hier sah ich manchen Platz
Jn einem gelben Licht', und einen dunkeln dort;
Beyd' aber ändern sich. Ein itzt beftral'ter Ort
Wird schattigt, und was itzt noch dunkel war,
Tritt allgemach ins Licht, und stellt sich Wunder-schön
Jn einem hellen Schimmer dar.
Ein angenem Gemisch von Schatten und von Licht
Erweckte dem Gesicht,
Das an Veränderung am meisten sich ergetzet,
Ein' ungemeine Lust. Jch dachte nach, woher
Die Schatten ihren Ursprung namen,
Und freute mich noch mehr,
Als ich verspürete, wie sie
Von oben von den Wolken kamen.
Jn welcher Einigkeit und süssen Harmonie
Steht, sprach ich, itzt der Himmel und die Welt!
Sie wird, da uns allhier der Schatten auch gefällt,

Nicht

Uns doch ins Herz durchs Auge fallen moͤgte!
Ach, daß es uns doch nur ſo viel gefiel,
Daß man, dadurch geruͤhrt, am groſſen Schoͤpfer daͤchte.

Jndem ich nun bewundernd ſtehe,
Und Welt und Himmel glaͤnzen ſehe;
Werd’ ich gewahr, daß ſich das Licht
Auf unſ’rer Welt durch Schatten artig bricht,
Und dieß vermehrte noch die liebliche Geſtalt.
Hier ſtund ein Teil der Wieſen ſanft verdunkelt,
Und dort ein halber Wald,
Jnzwiſchen daß die and’re Haͤlfte funkelt,
Die durch den Gegenſatz
Noch ſo viel heller ſcheint. Hier ſah ich manchen Platz
Jn einem gelben Licht’, und einen dunkeln dort;
Beyd’ aber aͤndern ſich. Ein itzt beftral’ter Ort
Wird ſchattigt, und was itzt noch dunkel war,
Tritt allgemach ins Licht, und ſtellt ſich Wunder-ſchoͤn
Jn einem hellen Schimmer dar.
Ein angenem Gemiſch von Schatten und von Licht
Erweckte dem Geſicht,
Das an Veraͤnderung am meiſten ſich ergetzet,
Ein’ ungemeine Luſt. Jch dachte nach, woher
Die Schatten ihren Urſprung namen,
Und freute mich noch mehr,
Als ich verſpuͤrete, wie ſie
Von oben von den Wolken kamen.
Jn welcher Einigkeit und ſuͤſſen Harmonie
Steht, ſprach ich, itzt der Himmel und die Welt!
Sie wird, da uns allhier der Schatten auch gefaͤllt,

Nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg n="290">
            <l><pb facs="#f0376" n="340"/>
Uns doch ins Herz durchs Auge fallen mo&#x0364;gte!</l><lb/>
            <l>Ach, daß es uns doch nur &#x017F;o viel gefiel,</l><lb/>
            <l>Daß man, dadurch geru&#x0364;hrt, am gro&#x017F;&#x017F;en Scho&#x0364;pfer da&#x0364;chte.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="291">
            <l>Jndem ich nun bewundernd &#x017F;tehe,</l><lb/>
            <l>Und Welt und Himmel gla&#x0364;nzen &#x017F;ehe;</l><lb/>
            <l>Werd&#x2019; ich gewahr, daß &#x017F;ich das Licht</l><lb/>
            <l>Auf un&#x017F;&#x2019;rer Welt durch Schatten artig bricht,</l><lb/>
            <l>Und dieß vermehrte noch die liebliche Ge&#x017F;talt.</l><lb/>
            <l>Hier &#x017F;tund ein Teil der Wie&#x017F;en &#x017F;anft verdunkelt,</l><lb/>
            <l>Und dort ein halber Wald,</l><lb/>
            <l>Jnzwi&#x017F;chen daß die and&#x2019;re Ha&#x0364;lfte funkelt,</l><lb/>
            <l>Die durch den Gegen&#x017F;atz</l><lb/>
            <l>Noch &#x017F;o viel heller &#x017F;cheint. Hier &#x017F;ah ich manchen Platz</l><lb/>
            <l>Jn einem gelben Licht&#x2019;, und einen dunkeln dort;</l><lb/>
            <l>Beyd&#x2019; aber a&#x0364;ndern &#x017F;ich. Ein itzt beftral&#x2019;ter Ort</l><lb/>
            <l>Wird &#x017F;chattigt, und was itzt noch dunkel war,</l><lb/>
            <l>Tritt allgemach ins Licht, und &#x017F;tellt &#x017F;ich Wunder-&#x017F;cho&#x0364;n</l><lb/>
            <l>Jn einem hellen Schimmer dar.</l><lb/>
            <l>Ein angenem Gemi&#x017F;ch von Schatten und von Licht</l><lb/>
            <l>Erweckte dem Ge&#x017F;icht,</l><lb/>
            <l>Das an Vera&#x0364;nderung am mei&#x017F;ten &#x017F;ich ergetzet,</l><lb/>
            <l>Ein&#x2019; ungemeine Lu&#x017F;t. Jch dachte nach, woher</l><lb/>
            <l>Die Schatten ihren Ur&#x017F;prung namen,</l><lb/>
            <l>Und freute mich noch mehr,</l><lb/>
            <l>Als ich ver&#x017F;pu&#x0364;rete, wie &#x017F;ie</l><lb/>
            <l>Von oben von den Wolken kamen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="292">
            <l>Jn welcher Einigkeit und &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Harmonie</l><lb/>
            <l>Steht, &#x017F;prach ich, itzt der Himmel und die Welt!</l><lb/>
            <l>Sie wird, da uns allhier der Schatten auch gefa&#x0364;llt,</l><lb/>
            <l>
              <fw place="bottom" type="catch">Nicht</fw><lb/>
            </l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[340/0376] Uns doch ins Herz durchs Auge fallen moͤgte! Ach, daß es uns doch nur ſo viel gefiel, Daß man, dadurch geruͤhrt, am groſſen Schoͤpfer daͤchte. Jndem ich nun bewundernd ſtehe, Und Welt und Himmel glaͤnzen ſehe; Werd’ ich gewahr, daß ſich das Licht Auf unſ’rer Welt durch Schatten artig bricht, Und dieß vermehrte noch die liebliche Geſtalt. Hier ſtund ein Teil der Wieſen ſanft verdunkelt, Und dort ein halber Wald, Jnzwiſchen daß die and’re Haͤlfte funkelt, Die durch den Gegenſatz Noch ſo viel heller ſcheint. Hier ſah ich manchen Platz Jn einem gelben Licht’, und einen dunkeln dort; Beyd’ aber aͤndern ſich. Ein itzt beftral’ter Ort Wird ſchattigt, und was itzt noch dunkel war, Tritt allgemach ins Licht, und ſtellt ſich Wunder-ſchoͤn Jn einem hellen Schimmer dar. Ein angenem Gemiſch von Schatten und von Licht Erweckte dem Geſicht, Das an Veraͤnderung am meiſten ſich ergetzet, Ein’ ungemeine Luſt. Jch dachte nach, woher Die Schatten ihren Urſprung namen, Und freute mich noch mehr, Als ich verſpuͤrete, wie ſie Von oben von den Wolken kamen. Jn welcher Einigkeit und ſuͤſſen Harmonie Steht, ſprach ich, itzt der Himmel und die Welt! Sie wird, da uns allhier der Schatten auch gefaͤllt, Nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/376
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/376>, abgerufen am 27.07.2024.