Viel hundert, ja viel tausend, werden, An deren jeder man sich mehr ergetzt, Als wie wir leider thun, wenn unser Augen-Stral Die Herrlichkeiten auf einmal Erblick't und übersieht. Nachdem ich mich nun matt, Jedoch nicht satt, An aller Pracht der Welt in diesem Ort gesehn; So fing ich allererst mit meinen Selen-Augen, Die tiefer einzudringen taugen, Das schöne Teil der Welt noch einst an zu beschauen, Und an der unsichtbaren Pracht Desjenigen, Der alles dieß gemacht, Mich voller Dank und Andacht zu erbauen.
Das grosse Stück der Welt, so hier mein Aug' erblick't, Jst bloß durch GOttes Wink gemacht und so geschmückt. Denn was der Mensch auch schein't dazu gethan zu haben; Jst er doch würklich nur Ein Werkzeug der Natur, Und alles, was er hat, o GOtt, sind Deine Gaben. Der Schöpfer gibt allein in allen Dingen Das Wollen, Können und Vollbringen. Ach GOtt! rief mein darob fast halb entzückter Geist, Ach GOtt! Den Firmament, Luft, Meer und Erde, preis't, Es zeiget uns der Creaturen Zier, Glanz, Schön- und Vollenkommenheit, Jm Schatten Deine Herrlichkeit. Dann muß man nicht allein, Wann man die Welt besieht, auf eine Welt nur denken, Ach nein, man muß zugleich sich in das Thal
Des
Viel hundert, ja viel tauſend, werden, An deren jeder man ſich mehr ergetzt, Als wie wir leider thun, wenn unſer Augen-Stral Die Herrlichkeiten auf einmal Erblick’t und uͤberſieht. Nachdem ich mich nun matt, Jedoch nicht ſatt, An aller Pracht der Welt in dieſem Ort geſehn; So fing ich allererſt mit meinen Selen-Augen, Die tiefer einzudringen taugen, Das ſchoͤne Teil der Welt noch einſt an zu beſchauen, Und an der unſichtbaren Pracht Desjenigen, Der alles dieß gemacht, Mich voller Dank und Andacht zu erbauen.
Das groſſe Stuͤck der Welt, ſo hier mein Aug’ erblick’t, Jſt bloß durch GOttes Wink gemacht und ſo geſchmuͤckt. Denn was der Menſch auch ſchein’t dazu gethan zu haben; Jſt er doch wuͤrklich nur Ein Werkzeug der Natur, Und alles, was er hat, o GOtt, ſind Deine Gaben. Der Schoͤpfer gibt allein in allen Dingen Das Wollen, Koͤnnen und Vollbringen. Ach GOtt! rief mein darob faſt halb entzuͤckter Geiſt, Ach GOtt! Den Firmament, Luft, Meer und Erde, preiſ’t, Es zeiget uns der Creaturen Zier, Glanz, Schoͤn- und Vollenkommenheit, Jm Schatten Deine Herrlichkeit. Dann muß man nicht allein, Wann man die Welt beſieht, auf eine Welt nur denken, Ach nein, man muß zugleich ſich in das Thal
Des
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgn="19"><l><pbfacs="#f0394"n="358"/>
Viel hundert, ja viel tauſend, werden,</l><lb/><l>An deren jeder man ſich mehr ergetzt,</l><lb/><l>Als wie wir leider thun, wenn unſer Augen-Stral</l><lb/><l>Die Herrlichkeiten auf einmal</l><lb/><l>Erblick’t und uͤberſieht. Nachdem ich mich nun matt,</l><lb/><l>Jedoch nicht ſatt,</l><lb/><l>An aller Pracht der Welt in dieſem Ort geſehn;</l><lb/><l>So fing ich allererſt mit meinen Selen-Augen,</l><lb/><l>Die tiefer einzudringen taugen,</l><lb/><l>Das ſchoͤne Teil der Welt noch einſt an zu beſchauen,</l><lb/><l>Und an der unſichtbaren Pracht</l><lb/><l>Desjenigen, Der alles dieß gemacht,</l><lb/><l>Mich voller Dank und Andacht zu erbauen.</l></lg><lb/><lgn="20"><l>Das groſſe Stuͤck der Welt, ſo hier mein Aug’ erblick’t,</l><lb/><l>Jſt bloß durch GOttes Wink gemacht und ſo geſchmuͤckt.</l><lb/><l>Denn was der Menſch auch ſchein’t dazu gethan zu haben;</l><lb/><l>Jſt er doch wuͤrklich nur</l><lb/><l>Ein Werkzeug der Natur,</l><lb/><l>Und alles, was er hat, o GOtt, ſind Deine Gaben.</l><lb/><l>Der Schoͤpfer gibt allein in allen Dingen</l><lb/><l>Das Wollen, Koͤnnen und Vollbringen.</l><lb/><l>Ach GOtt! rief mein darob faſt halb entzuͤckter Geiſt,</l><lb/><l>Ach GOtt! Den Firmament, Luft, Meer und Erde, preiſ’t,</l><lb/><l>Es zeiget uns der Creaturen Zier,</l><lb/><l>Glanz, Schoͤn- und Vollenkommenheit,</l><lb/><l>Jm Schatten Deine Herrlichkeit.</l><lb/><l>Dann muß man nicht allein,</l><lb/><l>Wann man die Welt beſieht, auf eine Welt nur denken,</l><lb/><l>Ach nein, man muß zugleich ſich in das Thal</l><lb/><l><fwplace="bottom"type="catch">Des</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[358/0394]
Viel hundert, ja viel tauſend, werden,
An deren jeder man ſich mehr ergetzt,
Als wie wir leider thun, wenn unſer Augen-Stral
Die Herrlichkeiten auf einmal
Erblick’t und uͤberſieht. Nachdem ich mich nun matt,
Jedoch nicht ſatt,
An aller Pracht der Welt in dieſem Ort geſehn;
So fing ich allererſt mit meinen Selen-Augen,
Die tiefer einzudringen taugen,
Das ſchoͤne Teil der Welt noch einſt an zu beſchauen,
Und an der unſichtbaren Pracht
Desjenigen, Der alles dieß gemacht,
Mich voller Dank und Andacht zu erbauen.
Das groſſe Stuͤck der Welt, ſo hier mein Aug’ erblick’t,
Jſt bloß durch GOttes Wink gemacht und ſo geſchmuͤckt.
Denn was der Menſch auch ſchein’t dazu gethan zu haben;
Jſt er doch wuͤrklich nur
Ein Werkzeug der Natur,
Und alles, was er hat, o GOtt, ſind Deine Gaben.
Der Schoͤpfer gibt allein in allen Dingen
Das Wollen, Koͤnnen und Vollbringen.
Ach GOtt! rief mein darob faſt halb entzuͤckter Geiſt,
Ach GOtt! Den Firmament, Luft, Meer und Erde, preiſ’t,
Es zeiget uns der Creaturen Zier,
Glanz, Schoͤn- und Vollenkommenheit,
Jm Schatten Deine Herrlichkeit.
Dann muß man nicht allein,
Wann man die Welt beſieht, auf eine Welt nur denken,
Ach nein, man muß zugleich ſich in das Thal
Des
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/394>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.