Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.Nun lasset uns, wie lieblich und wie schön Die Bluhme selbst, besehn! Der roten Blätter nette Falten, Die in so vielerley Gestalten Sich lieblich lenken, drehn und biegen, Vermehren, durch die Form und Farbe, mein Vergnügen. Denn da durch so viel Tief- und Höhen Das auf den Cörpern nur, sonst nicht, sichtbare Licht Sich so verschiedlich bricht; Sind tausend Ahrten rot zu sehen, Wodurch mit ungezäl'tem Haufen Viel Silber-weisse Adern laufen, Die in dem äussern Blat so artig sich verbinden, Daß wir dadurch an jedes Blates Fuß Ein gleichsam silbernes Gefäß mit Cirkeln finden. Damit sich die Natur Zu uns'rer grössern Lust noch gütiger erwiese, Und man um desto mehr den Schöpfer priese; So färbt sie dieß Gewächs nicht nur Mit Rosen-roter Farb' allein: Sie färbt verschied'ne weiß, verschied'ne rot, wie Blut, Verschied'ne gelblich rot. Jn einer dunk'len Gluht Stehn einige, wenn die dem Purpur ähnlich seyn. Jhr fel't zwar der Geruch; doch hat in Arzeneyen Man ihrer sich gar sehr zu freuen. Jhr fettes Oel versüsset, lindert, Besänftigt, heil't, vermindert, Und stillt den heissen Brand, Der öfters im Geblüt, im Hals' und an der Zungen Mit
Nun laſſet uns, wie lieblich und wie ſchoͤn Die Bluhme ſelbſt, beſehn! Der roten Blaͤtter nette Falten, Die in ſo vielerley Geſtalten Sich lieblich lenken, drehn und biegen, Vermehren, durch die Form und Farbe, mein Vergnuͤgen. Denn da durch ſo viel Tief- und Hoͤhen Das auf den Coͤrpern nur, ſonſt nicht, ſichtbare Licht Sich ſo verſchiedlich bricht; Sind tauſend Ahrten rot zu ſehen, Wodurch mit ungezaͤl’tem Haufen Viel Silber-weiſſe Adern laufen, Die in dem aͤuſſern Blat ſo artig ſich verbinden, Daß wir dadurch an jedes Blates Fuß Ein gleichſam ſilbernes Gefaͤß mit Cirkeln finden. Damit ſich die Natur Zu unſ’rer groͤſſern Luſt noch guͤtiger erwieſe, Und man um deſto mehr den Schoͤpfer prieſe; So faͤrbt ſie dieß Gewaͤchs nicht nur Mit Roſen-roter Farb’ allein: Sie faͤrbt verſchied’ne weiß, verſchied’ne rot, wie Blut, Verſchied’ne gelblich rot. Jn einer dunk’len Gluht Stehn einige, wenn die dem Purpur aͤhnlich ſeyn. Jhr fel’t zwar der Geruch; doch hat in Arzeneyen Man ihrer ſich gar ſehr zu freuen. Jhr fettes Oel verſuͤſſet, lindert, Beſaͤnftigt, heil’t, vermindert, Und ſtillt den heiſſen Brand, Der oͤfters im Gebluͤt, im Halſ’ und an der Zungen Mit
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Nun laſſet uns, wie lieblich und wie ſchoͤn
Die Bluhme ſelbſt, beſehn!
Der roten Blaͤtter nette Falten,
Die in ſo vielerley Geſtalten
Sich lieblich lenken, drehn und biegen,
Vermehren, durch die Form und Farbe, mein Vergnuͤgen.
Denn da durch ſo viel Tief- und Hoͤhen
Das auf den Coͤrpern nur, ſonſt nicht, ſichtbare Licht
Sich ſo verſchiedlich bricht;
Sind tauſend Ahrten rot zu ſehen,
Wodurch mit ungezaͤl’tem Haufen
Viel Silber-weiſſe Adern laufen,
Die in dem aͤuſſern Blat ſo artig ſich verbinden,
Daß wir dadurch an jedes Blates Fuß
Ein gleichſam ſilbernes Gefaͤß mit Cirkeln finden.
Damit ſich die Natur
Zu unſ’rer groͤſſern Luſt noch guͤtiger erwieſe,
Und man um deſto mehr den Schoͤpfer prieſe;
So faͤrbt ſie dieß Gewaͤchs nicht nur
Mit Roſen-roter Farb’ allein:
Sie faͤrbt verſchied’ne weiß, verſchied’ne rot, wie Blut,
Verſchied’ne gelblich rot. Jn einer dunk’len Gluht
Stehn einige, wenn die dem Purpur aͤhnlich ſeyn.
Jhr fel’t zwar der Geruch; doch hat in Arzeneyen
Man ihrer ſich gar ſehr zu freuen.
Jhr fettes Oel verſuͤſſet, lindert,
Beſaͤnftigt, heil’t, vermindert,
Und ſtillt den heiſſen Brand,
Der oͤfters im Gebluͤt, im Halſ’ und an der Zungen
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