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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

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Erhob sich alsobald ein Wirbel in der Flut,
Ein fürchterlichs Gekrach,
Daß ein Stück hier, das and're dorten, brach,
Und beyde wurden von der Wut
Erzürnter Wellen umgeschwungen,
Zuweilen auch wol gar verschlungen.
Hieraus nam ich mir diese Lehre,
Und dacht': Ach daß doch das auch uns ein Beyspiel
wäre,

Wie nichts so sehr, als Zank und Streit,
Die ruhige Zufriedenheit
Auf dieser Welt vermind're,
Und alle Lust des Lebens hind're!
Dagegen wenn man mit der Zeit
Und ihrem Strom gelassen fliesset,
Man vielerley Vergnüglichkeit,
Zu GOttes Ruhm, Der sie uns schenkt, geniesset.
Noch ward ich einiger aufs neu gewahr,
Die (von der Sonnen Glanz bestralet) heiter, klar,
Und lieblich funkelten, in blauen, bald in grünen,
Und bald in rötlichen, bald gelben, Flammen schienen.
Ein jedes Stückgen Eis, ein jeder kleiner Hügel
Schien recht ein klarer Sonnen-Spiegel,
Der uns bald hier, bald dort der Stralen heit're
Pracht,
So sonst nicht sichtbar, sichtbar macht.
Es präg'te deren reiner Schein
Recht tief sich den Gedanken ein,

Und

Erhob ſich alſobald ein Wirbel in der Flut,
Ein fuͤrchterlichs Gekrach,
Daß ein Stuͤck hier, das and’re dorten, brach,
Und beyde wurden von der Wut
Erzuͤrnter Wellen umgeſchwungen,
Zuweilen auch wol gar verſchlungen.
Hieraus nam ich mir dieſe Lehre,
Und dacht’: Ach daß doch das auch uns ein Beyſpiel
waͤre,

Wie nichts ſo ſehr, als Zank und Streit,
Die ruhige Zufriedenheit
Auf dieſer Welt vermind’re,
Und alle Luſt des Lebens hind’re!
Dagegen wenn man mit der Zeit
Und ihrem Strom gelaſſen flieſſet,
Man vielerley Vergnuͤglichkeit,
Zu GOttes Ruhm, Der ſie uns ſchenkt, genieſſet.
Noch ward ich einiger aufs neu gewahr,
Die (von der Sonnen Glanz beſtralet) heiter, klar,
Und lieblich funkelten, in blauen, bald in gruͤnen,
Und bald in roͤtlichen, bald gelben, Flammen ſchienen.
Ein jedes Stuͤckgen Eis, ein jeder kleiner Huͤgel
Schien recht ein klarer Sonnen-Spiegel,
Der uns bald hier, bald dort der Stralen heit’re
Pracht,
So ſonſt nicht ſichtbar, ſichtbar macht.
Es praͤg’te deren reiner Schein
Recht tief ſich den Gedanken ein,

Und
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[427/0463] Erhob ſich alſobald ein Wirbel in der Flut, Ein fuͤrchterlichs Gekrach, Daß ein Stuͤck hier, das and’re dorten, brach, Und beyde wurden von der Wut Erzuͤrnter Wellen umgeſchwungen, Zuweilen auch wol gar verſchlungen. Hieraus nam ich mir dieſe Lehre, Und dacht’: Ach daß doch das auch uns ein Beyſpiel waͤre, Wie nichts ſo ſehr, als Zank und Streit, Die ruhige Zufriedenheit Auf dieſer Welt vermind’re, Und alle Luſt des Lebens hind’re! Dagegen wenn man mit der Zeit Und ihrem Strom gelaſſen flieſſet, Man vielerley Vergnuͤglichkeit, Zu GOttes Ruhm, Der ſie uns ſchenkt, genieſſet. Noch ward ich einiger aufs neu gewahr, Die (von der Sonnen Glanz beſtralet) heiter, klar, Und lieblich funkelten, in blauen, bald in gruͤnen, Und bald in roͤtlichen, bald gelben, Flammen ſchienen. Ein jedes Stuͤckgen Eis, ein jeder kleiner Huͤgel Schien recht ein klarer Sonnen-Spiegel, Der uns bald hier, bald dort der Stralen heit’re Pracht, So ſonſt nicht ſichtbar, ſichtbar macht. Es praͤg’te deren reiner Schein Recht tief ſich den Gedanken ein, Und

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/463>, abgerufen am 22.11.2024.