Und, ob sich hie und da gleich ein'ge Raupen häuften; So waren sie dennoch (o Wunder!) solcher Ahrt, Daß keine Frucht durch sie, nur Laub, verzehret ward. Die Aeste sah mein Aug' in vielen Gärten stehen, Worauf nur Frucht allein, und nicht ein Blat, zu sehen. Kein Erd-Floh zeigte sich; es nag'ten keine Schnecken Die Bohnen, noch den Kol. Den Boden sahe man Sich durch der Erd-Beer rot mehr, als durchs Laub, be- decken. Nie sah man sonder Lust die Frucht in Hülsen an. Wie voll, wie reich, wie süß, war alles, was man sah! An allen Enden war der Segen fern und nah.
Pfleg't sonst das grüne Laub die Kirschen zu verstecken; So sah man Kirschen itzt das grüne Laub bedecken. Die Bäume waren rot, indem ein zartes Grün Nur selten durch den funkelnden Rubin Der, sich selbst drengenden gehäuften, Kirschen schien. Wie glüht' und glänzte nicht die rote, glatte Haut Der aufgeqvoll'nen rund- und saft'gen Frucht? Zumal Wenn sie des Himmels Licht, der güld'nen Sonne Stral Bey heiterm Wetter traf, die runden Schalen schmückte, Und ihr klein glänzend Bild in deren Glätte drückte! So lieblich prangeten die säurlich süssen Kirschen; Nicht minder war das Heer der Apricosen-Pfirschen- Und Aepfel-Bäume voll. Wie herrlich sah es aus, Wenn man sie nicht, wie sonst, nur Stück-nein Strauß- Und Trauben-weise zäl'te, Und, wegen ihrer Meng', im zälen doch noch fel'te! Man sah mit Lust auf manchem Baum Von Pyramiden-gleichen Birnen
Sich
Und, ob ſich hie und da gleich ein’ge Raupen haͤuften; So waren ſie dennoch (o Wunder!) ſolcher Ahrt, Daß keine Frucht durch ſie, nur Laub, verzehret ward. Die Aeſte ſah mein Aug’ in vielen Gaͤrten ſtehen, Worauf nur Frucht allein, und nicht ein Blat, zu ſehen. Kein Erd-Floh zeigte ſich; es nag’ten keine Schnecken Die Bohnen, noch den Kol. Den Boden ſahe man Sich durch der Erd-Beer rot mehr, als durchs Laub, be- decken. Nie ſah man ſonder Luſt die Frucht in Huͤlſen an. Wie voll, wie reich, wie ſuͤß, war alles, was man ſah! An allen Enden war der Segen fern und nah.
Pfleg’t ſonſt das gruͤne Laub die Kirſchen zu verſtecken; So ſah man Kirſchen itzt das gruͤne Laub bedecken. Die Baͤume waren rot, indem ein zartes Gruͤn Nur ſelten durch den funkelnden Rubin Der, ſich ſelbſt drengenden gehaͤuften, Kirſchen ſchien. Wie gluͤht’ und glaͤnzte nicht die rote, glatte Haut Der aufgeqvoll’nen rund- und ſaft’gen Frucht? Zumal Wenn ſie des Himmels Licht, der guͤld’nen Sonne Stral Bey heiterm Wetter traf, die runden Schalen ſchmuͤckte, Und ihr klein glaͤnzend Bild in deren Glaͤtte druͤckte! So lieblich prangeten die ſaͤurlich ſuͤſſen Kirſchen; Nicht minder war das Heer der Apricoſen-Pfirſchen- Und Aepfel-Baͤume voll. Wie herrlich ſah es aus, Wenn man ſie nicht, wie ſonſt, nur Stuͤck-nein Strauß- Und Trauben-weiſe zaͤl’te, Und, wegen ihrer Meng’, im zaͤlen doch noch fel’te! Man ſah mit Luſt auf manchem Baum Von Pyramiden-gleichen Birnen
Sich
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Und, ob ſich hie und da gleich ein’ge Raupen haͤuften;
So waren ſie dennoch (o Wunder!) ſolcher Ahrt,
Daß keine Frucht durch ſie, nur Laub, verzehret ward.
Die Aeſte ſah mein Aug’ in vielen Gaͤrten ſtehen,
Worauf nur Frucht allein, und nicht ein Blat, zu ſehen.
Kein Erd-Floh zeigte ſich; es nag’ten keine Schnecken
Die Bohnen, noch den Kol. Den Boden ſahe man
Sich durch der Erd-Beer rot mehr, als durchs Laub, be-
decken.
Nie ſah man ſonder Luſt die Frucht in Huͤlſen an.
Wie voll, wie reich, wie ſuͤß, war alles, was man ſah!
An allen Enden war der Segen fern und nah.
Pfleg’t ſonſt das gruͤne Laub die Kirſchen zu verſtecken;
So ſah man Kirſchen itzt das gruͤne Laub bedecken.
Die Baͤume waren rot, indem ein zartes Gruͤn
Nur ſelten durch den funkelnden Rubin
Der, ſich ſelbſt drengenden gehaͤuften, Kirſchen ſchien.
Wie gluͤht’ und glaͤnzte nicht die rote, glatte Haut
Der aufgeqvoll’nen rund- und ſaft’gen Frucht? Zumal
Wenn ſie des Himmels Licht, der guͤld’nen Sonne Stral
Bey heiterm Wetter traf, die runden Schalen ſchmuͤckte,
Und ihr klein glaͤnzend Bild in deren Glaͤtte druͤckte!
So lieblich prangeten die ſaͤurlich ſuͤſſen Kirſchen;
Nicht minder war das Heer der Apricoſen-Pfirſchen-
Und Aepfel-Baͤume voll. Wie herrlich ſah es aus,
Wenn man ſie nicht, wie ſonſt, nur Stuͤck-nein Strauß-
Und Trauben-weiſe zaͤl’te,
Und, wegen ihrer Meng’, im zaͤlen doch noch fel’te!
Man ſah mit Luſt auf manchem Baum
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/468>, abgerufen am 27.07.2024.
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