Sich ganze Pyramiden thürnen. Auch hier hatt für die Frucht das Laub fast keinen Raum. Wie mancher schwank- und zäher Ast Ward durch der schweren Kinder Last Nicht nur gebeugt; gebrochen und gespalten! Vor grosser Menge konnten kaum Der Qvitten- und der Feigen-Baum Die Birnen-förm'gen Töchter halten. Wie unbeschreiblich voller Trauben Jm vor'gen Herbst der Weinstock war, Wird niemand leichtlich können glauben, Da ich so gar, So daß nicht eine d'ran gefelet, Dreyhundert sechszehn Stück' an einer Reb' allein, Jn meinem Garten selbst, gezälet.
Durch solche Fruchtbarkeit entstand Solch eine gute Zeit, daß sonderlich Die Armut es zu ihrem Trost empfand. So wolfeil war das Obst, das Korn, die Hülsen-Früchte, Als sie fast nie gewest. Es kam zur Stadt mit Haufen. Man konnt' an Kirschen mehr, als zwölf Pfund am Gewichte, Um einen einz'gen Groschen kaufen. Fast funfzig Birnen, die recht schön, Die kamen nur den halben Teil zu stehn. Ein Himpen Aepfel galt nicht mehr, als wenig Dreyer. Die Pfirschen kaufte man nicht anders, als bey Massen, Da selbst die Bauren sie, wie sonst die Pflaumen, assen; Die Apricosen auch und Trauben waren heuer, So wenig, als die Qvitten, theuer.
Jn-
II. Theil. E e
Sich ganze Pyramiden thuͤrnen. Auch hier hatt fuͤr die Frucht das Laub faſt keinen Raum. Wie mancher ſchwank- und zaͤher Aſt Ward durch der ſchweren Kinder Laſt Nicht nur gebeugt; gebrochen und geſpalten! Vor groſſer Menge konnten kaum Der Qvitten- und der Feigen-Baum Die Birnen-foͤrm’gen Toͤchter halten. Wie unbeſchreiblich voller Trauben Jm vor’gen Herbſt der Weinſtock war, Wird niemand leichtlich koͤnnen glauben, Da ich ſo gar, So daß nicht eine d’ran gefelet, Dreyhundert ſechszehn Stuͤck’ an einer Reb’ allein, Jn meinem Garten ſelbſt, gezaͤlet.
Durch ſolche Fruchtbarkeit entſtand Solch eine gute Zeit, daß ſonderlich Die Armut es zu ihrem Troſt empfand. So wolfeil war das Obſt, das Korn, die Huͤlſen-Fruͤchte, Als ſie faſt nie geweſt. Es kam zur Stadt mit Haufen. Man konnt’ an Kirſchen mehr, als zwoͤlf Pfund am Gewichte, Um einen einz’gen Groſchen kaufen. Faſt funfzig Birnen, die recht ſchoͤn, Die kamen nur den halben Teil zu ſtehn. Ein Himpen Aepfel galt nicht mehr, als wenig Dreyer. Die Pfirſchen kaufte man nicht anders, als bey Maſſen, Da ſelbſt die Bauren ſie, wie ſonſt die Pflaumen, aſſen; Die Apricoſen auch und Trauben waren heuer, So wenig, als die Qvitten, theuer.
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Sich ganze Pyramiden thuͤrnen.
Auch hier hatt fuͤr die Frucht das Laub faſt keinen Raum.
Wie mancher ſchwank- und zaͤher Aſt
Ward durch der ſchweren Kinder Laſt
Nicht nur gebeugt; gebrochen und geſpalten!
Vor groſſer Menge konnten kaum
Der Qvitten- und der Feigen-Baum
Die Birnen-foͤrm’gen Toͤchter halten.
Wie unbeſchreiblich voller Trauben
Jm vor’gen Herbſt der Weinſtock war,
Wird niemand leichtlich koͤnnen glauben,
Da ich ſo gar,
So daß nicht eine d’ran gefelet,
Dreyhundert ſechszehn Stuͤck’ an einer Reb’ allein,
Jn meinem Garten ſelbſt, gezaͤlet.
Durch ſolche Fruchtbarkeit entſtand
Solch eine gute Zeit, daß ſonderlich
Die Armut es zu ihrem Troſt empfand.
So wolfeil war das Obſt, das Korn, die Huͤlſen-Fruͤchte,
Als ſie faſt nie geweſt. Es kam zur Stadt mit Haufen.
Man konnt’ an Kirſchen mehr, als zwoͤlf Pfund am Gewichte,
Um einen einz’gen Groſchen kaufen.
Faſt funfzig Birnen, die recht ſchoͤn,
Die kamen nur den halben Teil zu ſtehn.
Ein Himpen Aepfel galt nicht mehr, als wenig Dreyer.
Die Pfirſchen kaufte man nicht anders, als bey Maſſen,
Da ſelbſt die Bauren ſie, wie ſonſt die Pflaumen, aſſen;
Die Apricoſen auch und Trauben waren heuer,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/469>, abgerufen am 22.11.2024.
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