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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.

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Von der Sonne, Planeten, Firmament.


Wie eines Königs Macht und Krafft ins gantze Reich
Sich aus der Residenz, als dessen Hertz, verbreiten;
So würckt dies herrliche Gestirn von allen Seiten.
Es schickt den holden Blick, recht eingetheilt, und gleich
Auf alles, was sich regt, und was man wachsen sieht,
Auf alles, welches Athem zieht.


Wie hätt' sie in der Welt doch einen andern Ort,
Als in der Mitte, kriegen können?
Daselbst nur hat ihr Feur den Heerd, sie schickt von dort
Der Strahlen heisse Gluht, die in der Ründe brennen.
Daselbst, indem sie um sich selbst sich dreht,
Wirfft ihr geschwinder Druck, und die gedrengte Krafft,
Zusammt den feur'gen Schwall, so stets in ihr entsteht,
Von allen Seiten aus die Lebensreiche Hitze,
Wodurch sie der Natur so unentbehrlich nütze.


Doch bleibet diese Quell von Flammen, Licht und Schein,
Nicht stets gleich unbefleckt und rein:
Man kan auf ihre Stirn offt mehr, als einen Flecken,
Gantz eigentlich entdecken,
Und die gemess'ne Zeit, so sie verbirgt und weiset,
Zeigt, daß sie ihren Creys in dreyssig Tagen reiset.


Der Sonnen Wärm und Licht wird man vergleichen können
Mit unsern irrdschen Feur. Sie würde selbst verbrennen
(War unterschiedner Weisen Lehre)
Da sie mit so viel Gluht so weite Circkel füllt,
Wenn nicht die Feuchtigkeit, die aus den Düfften quillt,
Jhr eine Rahrung wär[e.]
Allein,
Von der Sonne, Planeten, Firmament.


Wie eines Koͤnigs Macht und Krafft ins gantze Reich
Sich aus der Reſidenz, als deſſen Hertz, verbreiten;
So wuͤrckt dies herrliche Geſtirn von allen Seiten.
Es ſchickt den holden Blick, recht eingetheilt, und gleich
Auf alles, was ſich regt, und was man wachſen ſieht,
Auf alles, welches Athem zieht.


Wie haͤtt’ ſie in der Welt doch einen andern Ort,
Als in der Mitte, kriegen koͤnnen?
Daſelbſt nur hat ihr Feur den Heerd, ſie ſchickt von dort
Der Strahlen heiſſe Gluht, die in der Ruͤnde brennen.
Daſelbſt, indem ſie um ſich ſelbſt ſich dreht,
Wirfft ihr geſchwinder Druck, und die gedrengte Krafft,
Zuſammt den feur’gen Schwall, ſo ſtets in ihr entſteht,
Von allen Seiten aus die Lebensreiche Hitze,
Wodurch ſie der Natur ſo unentbehrlich nuͤtze.


Doch bleibet dieſe Quell von Flammen, Licht und Schein,
Nicht ſtets gleich unbefleckt und rein:
Man kan auf ihre Stirn offt mehr, als einen Flecken,
Gantz eigentlich entdecken,
Und die gemeſſ’ne Zeit, ſo ſie verbirgt und weiſet,
Zeigt, daß ſie ihren Creys in dreyſſig Tagen reiſet.


Der Sonnen Waͤrm und Licht wird man vergleichen koͤñen
Mit unſern irrdſchen Feur. Sie wuͤrde ſelbſt verbrennen
(War unterſchiedner Weiſen Lehre)
Da ſie mit ſo viel Gluht ſo weite Circkel fuͤllt,
Wenn nicht die Feuchtigkeit, die aus den Duͤfften quillt,
Jhr eine Rahrung waͤr[e.]
Allein,
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[191/0221] Von der Sonne, Planeten, Firmament. Wie eines Koͤnigs Macht und Krafft ins gantze Reich Sich aus der Reſidenz, als deſſen Hertz, verbreiten; So wuͤrckt dies herrliche Geſtirn von allen Seiten. Es ſchickt den holden Blick, recht eingetheilt, und gleich Auf alles, was ſich regt, und was man wachſen ſieht, Auf alles, welches Athem zieht. Wie haͤtt’ ſie in der Welt doch einen andern Ort, Als in der Mitte, kriegen koͤnnen? Daſelbſt nur hat ihr Feur den Heerd, ſie ſchickt von dort Der Strahlen heiſſe Gluht, die in der Ruͤnde brennen. Daſelbſt, indem ſie um ſich ſelbſt ſich dreht, Wirfft ihr geſchwinder Druck, und die gedrengte Krafft, Zuſammt den feur’gen Schwall, ſo ſtets in ihr entſteht, Von allen Seiten aus die Lebensreiche Hitze, Wodurch ſie der Natur ſo unentbehrlich nuͤtze. Doch bleibet dieſe Quell von Flammen, Licht und Schein, Nicht ſtets gleich unbefleckt und rein: Man kan auf ihre Stirn offt mehr, als einen Flecken, Gantz eigentlich entdecken, Und die gemeſſ’ne Zeit, ſo ſie verbirgt und weiſet, Zeigt, daß ſie ihren Creys in dreyſſig Tagen reiſet. Der Sonnen Waͤrm und Licht wird man vergleichen koͤñen Mit unſern irrdſchen Feur. Sie wuͤrde ſelbſt verbrennen (War unterſchiedner Weiſen Lehre) Da ſie mit ſo viel Gluht ſo weite Circkel fuͤllt, Wenn nicht die Feuchtigkeit, die aus den Duͤfften quillt, Jhr eine Rahrung waͤre. Allein,

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/221>, abgerufen am 24.11.2024.