Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.Von der Sonne, Planeten, Firmament. Ein ertzbetrüglicher Astrologus will lesen Am Himmel, was von je uns unbekannt gewesen, Das, was dem Menschen einst begegnen sollen, Jhr Leben, ihren Tod. Sie glauben gar zu sehn Jm Schooß des grossen Nichts, was nimmer soll geschehn. Lasst uns die Thorheit doch verlachen, Und hören nur der Weisen Lehre! Lasst uns auf andre Weis' uns doch zu Nutzen machen Die leuchtende Geschöpff'! O Himmel! welche Heere! Wie weit geht ihre Größ und ungeheure Zahl! Wie starck ihr nahes Feur, wie hell ihr Glantz und Strahl! Wenn man begreifft, daß in saphirnen Blauen, Durch so viel Million- und Millionen Meilen, Man doch von einem Stern das Licht vermag zu schauen. Was für ein helles Licht, was für ein strenger Schein Muß in denselbigem gehäuffet seyn? O ungemessne Tieff' und Höh' der höchsten Macht! Wenn man von jedem Stern gedencket, Daß er in Wirbel sich, als eine Sonne, lencket, Und daß die Wirbel dann, den unsern gleich geacht: O! wie viel Sonnen hat denn GOTT hervorgebracht! Wenn wir nun gar Zu der uns sichtbarn Sternen-Schaar Noch jene, welche wir nicht sehen können, fügen, Wie, oder die, wovon wir nur allein Ein ungewisses Weiß, und einen schwachen Schein Der immer schwächer wird, zu sehen kriegen. Ja
Von der Sonne, Planeten, Firmament. Ein ertzbetruͤglicher Aſtrologus will leſen Am Himmel, was von je uns unbekannt geweſen, Das, was dem Menſchen einſt begegnen ſollen, Jhr Leben, ihren Tod. Sie glauben gar zu ſehn Jm Schooß des groſſen Nichts, was nimmer ſoll geſchehn. Laſſt uns die Thorheit doch verlachen, Und hoͤren nur der Weiſen Lehre! Laſſt uns auf andre Weiſ’ uns doch zu Nutzen machen Die leuchtende Geſchoͤpff’! O Himmel! welche Heere! Wie weit geht ihre Groͤß und ungeheure Zahl! Wie ſtarck ihr nahes Feur, wie hell ihr Glantz und Strahl! Wenn man begreifft, daß in ſaphirnen Blauen, Durch ſo viel Million- und Millionen Meilen, Man doch von einem Stern das Licht vermag zu ſchauen. Was fuͤr ein helles Licht, was fuͤr ein ſtrenger Schein Muß in denſelbigem gehaͤuffet ſeyn? O ungemeſſne Tieff’ und Hoͤh’ der hoͤchſten Macht! Wenn man von jedem Stern gedencket, Daß er in Wirbel ſich, als eine Sonne, lencket, Und daß die Wirbel dann, den unſern gleich geacht: O! wie viel Sonnen hat denn GOTT hervorgebracht! Wenn wir nun gar Zu der uns ſichtbarn Sternen-Schaar Noch jene, welche wir nicht ſehen koͤnnen, fuͤgen, Wie, oder die, wovon wir nur allein Ein ungewiſſes Weiß, und einen ſchwachen Schein Der immer ſchwaͤcher wird, zu ſehen kriegen. Ja
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Von der Sonne, Planeten, Firmament.
Ein ertzbetruͤglicher Aſtrologus will leſen
Am Himmel, was von je uns unbekannt geweſen,
Das, was dem Menſchen einſt begegnen ſollen,
Jhr Leben, ihren Tod. Sie glauben gar zu ſehn
Jm Schooß des groſſen Nichts, was nimmer ſoll geſchehn.
Laſſt uns die Thorheit doch verlachen,
Und hoͤren nur der Weiſen Lehre!
Laſſt uns auf andre Weiſ’ uns doch zu Nutzen machen
Die leuchtende Geſchoͤpff’! O Himmel! welche Heere!
Wie weit geht ihre Groͤß und ungeheure Zahl!
Wie ſtarck ihr nahes Feur, wie hell ihr Glantz und Strahl!
Wenn man begreifft, daß in ſaphirnen Blauen,
Durch ſo viel Million- und Millionen Meilen,
Man doch von einem Stern das Licht vermag zu ſchauen.
Was fuͤr ein helles Licht, was fuͤr ein ſtrenger Schein
Muß in denſelbigem gehaͤuffet ſeyn?
O ungemeſſne Tieff’ und Hoͤh’ der hoͤchſten Macht!
Wenn man von jedem Stern gedencket,
Daß er in Wirbel ſich, als eine Sonne, lencket,
Und daß die Wirbel dann, den unſern gleich geacht:
O! wie viel Sonnen hat denn GOTT hervorgebracht!
Wenn wir nun gar
Zu der uns ſichtbarn Sternen-Schaar
Noch jene, welche wir nicht ſehen koͤnnen, fuͤgen,
Wie, oder die, wovon wir nur allein
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Der immer ſchwaͤcher wird, zu ſehen kriegen.
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