Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.Von dem Geruch. Stimmt man demselben Schein der Wahrheit ferner bey; So zeugen die verschiedene Gespinnste, Verschiedner Cörperlein die unterschiedne Dünste. Man stelle sich demnach die Cörper für, So mit Geruch erfüllet seyn, Als wenn sie zart und kleine Cörperlein Jn grosser Menge von sich schicken, So kützelnd die so zart-als kleinen Häutchen drücken, Die aus dem Hirn bis in die Nase gehn. An diesem Ort, woselbst die kleine Nervgen stehn, Empfangen sie durch das durchbohrte Bein, Das wie ein Sieb daselbst in Netzen eingetheilet, Den Druck der Cörper, die so klein, So leicht, daß jeglicher schnell in die Lüffte eilet. Woselbst denn vom Geruch der erste Druck entspringt, Der denn darauf bis ins Gehirne dringt. Recht eben als wie bey dem Schmecken, Kan uns auch die Vernunft entdecken, Jn Cörpern von so mancherley Figur, Was eigentlich auch des Geruchs Natur. Nachdem in dünner Lufft die Theilchen sind beweget, Nachdem sie spitzig oder rund, Wird ein' Empfindlichkeit bey uns erreget, Wird ihre Süßigkeit und ihre Strenge kund. Wie einen Auszug aus den Theilen, Die wir auf unsrer Zunge fühlen; So Y 5
Von dem Geruch. Stimmt man demſelben Schein der Wahrheit ferner bey; So zeugen die verſchiedene Geſpinnſte, Verſchiedner Coͤrperlein die unterſchiedne Duͤnſte. Man ſtelle ſich demnach die Coͤrper fuͤr, So mit Geruch erfuͤllet ſeyn, Als wenn ſie zart und kleine Coͤrperlein Jn groſſer Menge von ſich ſchicken, So kuͤtzelnd die ſo zart-als kleinen Haͤutchen druͤcken, Die aus dem Hirn bis in die Naſe gehn. An dieſem Ort, woſelbſt die kleine Nervgen ſtehn, Empfangen ſie durch das durchbohrte Bein, Das wie ein Sieb daſelbſt in Netzen eingetheilet, Den Druck der Coͤrper, die ſo klein, So leicht, daß jeglicher ſchnell in die Luͤffte eilet. Woſelbſt denn vom Geruch der erſte Druck entſpringt, Der denn darauf bis ins Gehirne dringt. Recht eben als wie bey dem Schmecken, Kan uns auch die Vernunft entdecken, Jn Coͤrpern von ſo mancherley Figur, Was eigentlich auch des Geruchs Natur. Nachdem in duͤnner Lufft die Theilchen ſind beweget, Nachdem ſie ſpitzig oder rund, Wird ein’ Empfindlichkeit bey uns erreget, Wird ihre Suͤßigkeit und ihre Strenge kund. Wie einen Auszug aus den Theilen, Die wir auf unſrer Zunge fuͤhlen; So Y 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0375" n="345"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von dem Geruch.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem"> <l>Stimmt man demſelben Schein der Wahrheit ferner bey;</l><lb/> <l>So zeugen die verſchiedene Geſpinnſte,</l><lb/> <l>Verſchiedner Coͤrperlein die unterſchiedne Duͤnſte.</l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">M</hi>an ſtelle ſich demnach die Coͤrper fuͤr,</l><lb/> <l>So mit Geruch erfuͤllet ſeyn,</l><lb/> <l>Als wenn ſie zart und kleine Coͤrperlein</l><lb/> <l>Jn groſſer Menge von ſich ſchicken,</l><lb/> <l>So kuͤtzelnd die ſo zart-als kleinen Haͤutchen druͤcken,</l><lb/> <l>Die aus dem Hirn bis in die Naſe gehn.</l><lb/> <l>An dieſem Ort, woſelbſt die kleine Nervgen ſtehn,</l><lb/> <l>Empfangen ſie durch das durchbohrte Bein,</l><lb/> <l>Das wie ein Sieb daſelbſt in Netzen eingetheilet,</l><lb/> <l>Den Druck der Coͤrper, die ſo klein,</l><lb/> <l>So leicht, daß jeglicher ſchnell in die Luͤffte eilet.</l><lb/> <l>Woſelbſt denn vom Geruch der erſte Druck entſpringt,</l><lb/> <l>Der denn darauf bis ins Gehirne dringt.</l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">R</hi>echt eben als wie bey dem Schmecken,</l><lb/> <l>Kan uns auch die Vernunft entdecken,</l><lb/> <l>Jn Coͤrpern von ſo mancherley Figur,</l><lb/> <l>Was eigentlich auch des Geruchs Natur.</l><lb/> <l>Nachdem in duͤnner Lufft die Theilchen ſind beweget,</l><lb/> <l>Nachdem ſie ſpitzig oder rund,</l><lb/> <l>Wird ein’ Empfindlichkeit bey uns erreget,</l><lb/> <l>Wird ihre Suͤßigkeit und ihre Strenge kund.</l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">W</hi>ie einen Auszug aus den Theilen,</l><lb/> <l>Die wir auf unſrer Zunge fuͤhlen;</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">Y 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [345/0375]
Von dem Geruch.
Stimmt man demſelben Schein der Wahrheit ferner bey;
So zeugen die verſchiedene Geſpinnſte,
Verſchiedner Coͤrperlein die unterſchiedne Duͤnſte.
Man ſtelle ſich demnach die Coͤrper fuͤr,
So mit Geruch erfuͤllet ſeyn,
Als wenn ſie zart und kleine Coͤrperlein
Jn groſſer Menge von ſich ſchicken,
So kuͤtzelnd die ſo zart-als kleinen Haͤutchen druͤcken,
Die aus dem Hirn bis in die Naſe gehn.
An dieſem Ort, woſelbſt die kleine Nervgen ſtehn,
Empfangen ſie durch das durchbohrte Bein,
Das wie ein Sieb daſelbſt in Netzen eingetheilet,
Den Druck der Coͤrper, die ſo klein,
So leicht, daß jeglicher ſchnell in die Luͤffte eilet.
Woſelbſt denn vom Geruch der erſte Druck entſpringt,
Der denn darauf bis ins Gehirne dringt.
Recht eben als wie bey dem Schmecken,
Kan uns auch die Vernunft entdecken,
Jn Coͤrpern von ſo mancherley Figur,
Was eigentlich auch des Geruchs Natur.
Nachdem in duͤnner Lufft die Theilchen ſind beweget,
Nachdem ſie ſpitzig oder rund,
Wird ein’ Empfindlichkeit bey uns erreget,
Wird ihre Suͤßigkeit und ihre Strenge kund.
Wie einen Auszug aus den Theilen,
Die wir auf unſrer Zunge fuͤhlen;
So
Y 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |