Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.

Bild:
<< vorherige Seite
Von Spiegeln und Fern-Gläsern.


Der Zauberey, die gantz unschuldig, zu geschweigen,
Durch die so zarte Züg' uns manche Schönheit zeigen,
Wie sehn wir nicht bereits so hoch die Künste steigen!
Was zeigt uns euer edles Licht,
O Stern-Kunst und Phisie, für Wahrheit nicht! (*)
Kennt doch die Welt durch die Vortrefflichkeiten,
Wozu uns Stern-und Grössrungs-Gläser leiten,
Fast ferner keine Dunckelheiten.


Will man ein Stäubchen, so vorhin nicht sichtbar, sehn:
Man schau es durch ein Glas! es wird entstehn,
Ja, es vergrössert sich, wird wie ein Berg gestallt,
Und scheint der Riesen Aufenthalt.
Mit einer dicken Haut mit Schuppen auf den Rücken
Kan man selbst eine Mülb' und eine Miet' erblicken,
Fast dem Rinoceros und Elephanten gleich.
Jn einem Tröpffchen Naß (als wie in Thetis Reich)
Vermag ein Glas uns zwischen regen Wellen
Recht grosse Fische vorzustellen.


Ein alt bestänbtes Buch zeigt uns auf seinem Bande,
Jn feuchter Fäulniß weichem Wust,
Mit einer gantz besondern Lust,
Den allerschönsten Schmeltz von einem Garten-Lande,
Jn bunter Blumen Glantz, in angenehmen Grünen.
Es zeiget uns verkleint den Pinsel und die Spur,
Wodurch die weise Hand der bildenden Natur,
Die wundervolle Pracht
Von ihren schönsten Wercken macht.
Es
(*) Es ist keinesweges diejenige, so man die Beurtheilende nennet.
Von Spiegeln und Fern-Glaͤſern.


Der Zauberey, die gantz unſchuldig, zu geſchweigen,
Durch die ſo zarte Zuͤg’ uns manche Schoͤnheit zeigen,
Wie ſehn wir nicht bereits ſo hoch die Kuͤnſte ſteigen!
Was zeigt uns euer edles Licht,
O Stern-Kunſt und Phiſie, fuͤr Wahrheit nicht! (*)
Kennt doch die Welt durch die Vortrefflichkeiten,
Wozu uns Stern-und Groͤſſrungs-Glaͤſer leiten,
Faſt ferner keine Dunckelheiten.


Will man ein Staͤubchen, ſo vorhin nicht ſichtbar, ſehn:
Man ſchau es durch ein Glas! es wird entſtehn,
Ja, es vergroͤſſert ſich, wird wie ein Berg geſtallt,
Und ſcheint der Rieſen Aufenthalt.
Mit einer dicken Haut mit Schuppen auf den Ruͤcken
Kan man ſelbſt eine Muͤlb’ und eine Miet’ erblicken,
Faſt dem Rinoceros und Elephanten gleich.
Jn einem Troͤpffchen Naß (als wie in Thetis Reich)
Vermag ein Glas uns zwiſchen regen Wellen
Recht groſſe Fiſche vorzuſtellen.


Ein alt beſtaͤnbtes Buch zeigt uns auf ſeinem Bande,
Jn feuchter Faͤulniß weichem Wuſt,
Mit einer gantz beſondern Luſt,
Den allerſchoͤnſten Schmeltz von einem Garten-Lande,
Jn bunter Blumen Glantz, in angenehmen Gruͤnen.
Es zeiget uns verkleint den Pinſel und die Spur,
Wodurch die weiſe Hand der bildenden Natur,
Die wundervolle Pracht
Von ihren ſchoͤnſten Wercken macht.
Es
(*) Es iſt keinesweges diejenige, ſo man die Beurtheilende nennet.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0521" n="491"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von Spiegeln und Fern-Gla&#x0364;&#x017F;ern.</hi> </fw><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">D</hi>er Zauberey, die gantz un&#x017F;chuldig, zu ge&#x017F;chweigen,</l><lb/>
                <l>Durch die &#x017F;o zarte Zu&#x0364;g&#x2019; uns manche Scho&#x0364;nheit zeigen,</l><lb/>
                <l>Wie &#x017F;ehn wir nicht bereits &#x017F;o hoch die Ku&#x0364;n&#x017F;te &#x017F;teigen!</l><lb/>
                <l>Was zeigt uns euer edles Licht,</l><lb/>
                <l>O Stern-Kun&#x017F;t und Phi&#x017F;ie, fu&#x0364;r Wahrheit nicht! <note place="foot" n="(*)">Es i&#x017F;t keinesweges diejenige, &#x017F;o man die Beurtheilende nennet.</note></l><lb/>
                <l>Kennt doch die Welt durch die Vortrefflichkeiten,</l><lb/>
                <l>Wozu uns Stern-und Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;rungs-Gla&#x0364;&#x017F;er leiten,</l><lb/>
                <l>Fa&#x017F;t ferner keine Dunckelheiten.</l>
              </lg><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">W</hi>ill man ein Sta&#x0364;ubchen, &#x017F;o vorhin nicht &#x017F;ichtbar, &#x017F;ehn:</l><lb/>
                <l>Man &#x017F;chau es durch ein Glas! es wird ent&#x017F;tehn,</l><lb/>
                <l>Ja, es vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ert &#x017F;ich, wird wie ein Berg ge&#x017F;tallt,</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;cheint der Rie&#x017F;en Aufenthalt.</l><lb/>
                <l>Mit einer dicken Haut mit Schuppen auf den Ru&#x0364;cken</l><lb/>
                <l>Kan man &#x017F;elb&#x017F;t eine Mu&#x0364;lb&#x2019; und eine Miet&#x2019; erblicken,</l><lb/>
                <l>Fa&#x017F;t dem Rinoceros und Elephanten gleich.</l><lb/>
                <l>Jn einem Tro&#x0364;pffchen Naß (als wie in Thetis Reich)</l><lb/>
                <l>Vermag ein Glas uns zwi&#x017F;chen regen Wellen</l><lb/>
                <l>Recht gro&#x017F;&#x017F;e Fi&#x017F;che vorzu&#x017F;tellen.</l>
              </lg><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">E</hi>in alt be&#x017F;ta&#x0364;nbtes Buch zeigt uns auf &#x017F;einem Bande,</l><lb/>
                <l>Jn feuchter Fa&#x0364;ulniß weichem Wu&#x017F;t,</l><lb/>
                <l>Mit einer gantz be&#x017F;ondern Lu&#x017F;t,</l><lb/>
                <l>Den aller&#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Schmeltz von einem Garten-Lande,</l><lb/>
                <l>Jn bunter Blumen Glantz, in angenehmen Gru&#x0364;nen.</l><lb/>
                <l>Es zeiget uns verkleint den Pin&#x017F;el und die Spur,</l><lb/>
                <l>Wodurch die wei&#x017F;e Hand der bildenden Natur,</l><lb/>
                <l>Die wundervolle Pracht</l><lb/>
                <l>Von ihren &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Wercken macht.</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[491/0521] Von Spiegeln und Fern-Glaͤſern. Der Zauberey, die gantz unſchuldig, zu geſchweigen, Durch die ſo zarte Zuͤg’ uns manche Schoͤnheit zeigen, Wie ſehn wir nicht bereits ſo hoch die Kuͤnſte ſteigen! Was zeigt uns euer edles Licht, O Stern-Kunſt und Phiſie, fuͤr Wahrheit nicht! (*) Kennt doch die Welt durch die Vortrefflichkeiten, Wozu uns Stern-und Groͤſſrungs-Glaͤſer leiten, Faſt ferner keine Dunckelheiten. Will man ein Staͤubchen, ſo vorhin nicht ſichtbar, ſehn: Man ſchau es durch ein Glas! es wird entſtehn, Ja, es vergroͤſſert ſich, wird wie ein Berg geſtallt, Und ſcheint der Rieſen Aufenthalt. Mit einer dicken Haut mit Schuppen auf den Ruͤcken Kan man ſelbſt eine Muͤlb’ und eine Miet’ erblicken, Faſt dem Rinoceros und Elephanten gleich. Jn einem Troͤpffchen Naß (als wie in Thetis Reich) Vermag ein Glas uns zwiſchen regen Wellen Recht groſſe Fiſche vorzuſtellen. Ein alt beſtaͤnbtes Buch zeigt uns auf ſeinem Bande, Jn feuchter Faͤulniß weichem Wuſt, Mit einer gantz beſondern Luſt, Den allerſchoͤnſten Schmeltz von einem Garten-Lande, Jn bunter Blumen Glantz, in angenehmen Gruͤnen. Es zeiget uns verkleint den Pinſel und die Spur, Wodurch die weiſe Hand der bildenden Natur, Die wundervolle Pracht Von ihren ſchoͤnſten Wercken macht. Es (*) Es iſt keinesweges diejenige, ſo man die Beurtheilende nennet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/521
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/521>, abgerufen am 24.11.2024.