Was sich in ihrem Band für eine Gleichheit weist, Die so verschiedne Dinge binden, Bemühen wir uns zu ergründen. Was finden wir? Die Seel' erregt und überleget, Der Cörper wird beweget. Man muß demnach derselben Einigkeit Auf diese beyde Gründe sencken: Bewegt kan dieser seyn, und jene kan gedencken, Nach der Verbindungen Beschaffenheit. Es nimmt die Seele Theil an ihres Cörpers Stand, Durch den die Sinnen sich beschäfft'gen und bereiten, Der Cörper hat auf seiner Seiten Bewegungen, die unserm Geist bekannt, Durch die er Schmertz und Lust empfindet, Weil, und damit, ihr Band sich desto fester bindet. Nach der Gedancken Sinn muß sich der Leib bewegen, Durch ihres Cörpers Stand kan sich der Geist erregen: Da sie nun dieser Macht sich unter sich bedienen, So bleibt der Einigkeit Gesetze zwischen ihnen. Die Seele, wie gesagt, darf nur verspüren Die Aendrungen, die sich in ihrem Cörper rühren, Und unser Cörper nimmt nur an Den Eindruck, den der Geist erkennen kan. So stimmen überein, das Dencken und Bewegen; Die Seele kan den Leib, der Leib die Seel erregen. Und also binden sie sich mit einander fest, Ohn daß im minsten sich Verwirrung spüren lässt, Und was sonst von Natur gantz unterschiedentlich, Vereint im Menschen sich, Durch Handlungen, die stets gemeinsam seyn: Aus beyden wird dadurch ein vollenkommen Ein.
Durch
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Von Verein. u. Unterſch. Seel. u. Coͤrpers.
Was ſich in ihrem Band fuͤr eine Gleichheit weiſt, Die ſo verſchiedne Dinge binden, Bemuͤhen wir uns zu ergruͤnden. Was finden wir? Die Seel’ erregt und uͤberleget, Der Coͤrper wird beweget. Man muß demnach derſelben Einigkeit Auf dieſe beyde Gruͤnde ſencken: Bewegt kan dieſer ſeyn, und jene kan gedencken, Nach der Verbindungen Beſchaffenheit. Es nimmt die Seele Theil an ihres Coͤrpers Stand, Durch den die Sinnen ſich beſchaͤfft’gen und bereiten, Der Coͤrper hat auf ſeiner Seiten Bewegungen, die unſerm Geiſt bekannt, Durch die er Schmertz und Luſt empfindet, Weil, und damit, ihr Band ſich deſto feſter bindet. Nach der Gedancken Sinn muß ſich der Leib bewegen, Durch ihres Coͤrpers Stand kan ſich der Geiſt erregen: Da ſie nun dieſer Macht ſich unter ſich bedienen, So bleibt der Einigkeit Geſetze zwiſchen ihnen. Die Seele, wie geſagt, darf nur verſpuͤren Die Aendrungen, die ſich in ihrem Coͤrper ruͤhren, Und unſer Coͤrper nimmt nur an Den Eindruck, den der Geiſt erkennen kan. So ſtimmen uͤberein, das Dencken und Bewegen; Die Seele kan den Leib, der Leib die Seel erregen. Und alſo binden ſie ſich mit einander feſt, Ohn daß im minſten ſich Verwirrung ſpuͤren laͤſſt, Und was ſonſt von Natur gantz unterſchiedentlich, Vereint im Menſchen ſich, Durch Handlungen, die ſtets gemeinſam ſeyn: Aus beyden wird dadurch ein vollenkommen Ein.
Durch
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Von Verein. u. Unterſch. Seel. u. Coͤrpers.
Was ſich in ihrem Band fuͤr eine Gleichheit weiſt,
Die ſo verſchiedne Dinge binden,
Bemuͤhen wir uns zu ergruͤnden.
Was finden wir? Die Seel’ erregt und uͤberleget,
Der Coͤrper wird beweget.
Man muß demnach derſelben Einigkeit
Auf dieſe beyde Gruͤnde ſencken:
Bewegt kan dieſer ſeyn, und jene kan gedencken,
Nach der Verbindungen Beſchaffenheit.
Es nimmt die Seele Theil an ihres Coͤrpers Stand,
Durch den die Sinnen ſich beſchaͤfft’gen und bereiten,
Der Coͤrper hat auf ſeiner Seiten
Bewegungen, die unſerm Geiſt bekannt,
Durch die er Schmertz und Luſt empfindet,
Weil, und damit, ihr Band ſich deſto feſter bindet.
Nach der Gedancken Sinn muß ſich der Leib bewegen,
Durch ihres Coͤrpers Stand kan ſich der Geiſt erregen:
Da ſie nun dieſer Macht ſich unter ſich bedienen,
So bleibt der Einigkeit Geſetze zwiſchen ihnen.
Die Seele, wie geſagt, darf nur verſpuͤren
Die Aendrungen, die ſich in ihrem Coͤrper ruͤhren,
Und unſer Coͤrper nimmt nur an
Den Eindruck, den der Geiſt erkennen kan.
So ſtimmen uͤberein, das Dencken und Bewegen;
Die Seele kan den Leib, der Leib die Seel erregen.
Und alſo binden ſie ſich mit einander feſt,
Ohn daß im minſten ſich Verwirrung ſpuͤren laͤſſt,
Und was ſonſt von Natur gantz unterſchiedentlich,
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 561. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/591>, abgerufen am 16.07.2024.
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