Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.

Bild:
<< vorherige Seite
So dem Cörper, als der Seele solchen starcken Eindruck
macht;
Daß, nicht nur erfrischt und dünner, mein aufs neu belebt
Geblüte,
Schneller in den Adern wallt, sondern daß selbst mein Gemüthe
Sich befiedert, rege, munter, flüchtig, halb entzückt, erhoben,
Von der Erden aufwerts schwingt, um von GOTTES
Macht und Güte
Jn des neuen Vorwurffs Prangen unläugbare Wunder-
Proben,
Mit aufs neu verjüngter Krafft zu bewundern und zu loben.
Um nun GOTTES Wunder-Werck in der Nähe zu be-
trachten,
Und auf ihrer Pracht und Zierde besser, als bisher, zu achten;
Brach ich ihrer viele selber mit vergnügten Händen ab,
Da denn die vereinte Menge, mir noch mehr Vergnügen
gab.
Stärcker brach noch in der Nähe, als vorhero in der Ferne,
Aus der Sammlung dieser Bluhmen ein verdickter Anmuths-
Schwall,
Füllete Gehirn, die Nase, und den Lufft-Kreis überall.
Unbeschreiblich lieblich, süsse, starck, gelinde, niedlich, zart,
Und von allen andern Bluhmen einer gantz verschiednen Art,
Jst die Anmuths-reiche Dufft, so aus den Schonkiljen quillet,
Und zu unser Seelen Wonne, ihren Sitz, das Hirn, erfüllet.
Es ist das, was aus den Bluhmen, wie aus einer Quelle, bricht,
Bitter nicht, nicht süß, nicht sauer: alles, und doch keines
nicht;
Dem Jesmin, und ihrem Oehl'ist es noch am ersten gleich,
Aber doch an Krafft und Stärcke mehr noch als Jesminen
reich,
Denn es sind derselben Düffte in so gleichem Grad gemischen
Und die unsichtbaren Theilchen stehn in solchem Gleich-Ge-
wicht,
Daß
So dem Coͤrper, als der Seele ſolchen ſtarcken Eindruck
macht;
Daß, nicht nur erfriſcht und duͤnner, mein aufs neu belebt
Gebluͤte,
Schneller in den Adern wallt, ſondern daß ſelbſt mein Gemuͤthe
Sich befiedert, rege, munter, fluͤchtig, halb entzuͤckt, erhoben,
Von der Erden aufwerts ſchwingt, um von GOTTES
Macht und Guͤte
Jn des neuen Vorwurffs Prangen unlaͤugbare Wunder-
Proben,
Mit aufs neu verjuͤngter Krafft zu bewundern und zu loben.
Um nun GOTTES Wunder-Werck in der Naͤhe zu be-
trachten,
Und auf ihrer Pracht und Zierde beſſer, als bisher, zu achten;
Brach ich ihrer viele ſelber mit vergnuͤgten Haͤnden ab,
Da denn die vereinte Menge, mir noch mehr Vergnuͤgen
gab.
Staͤrcker brach noch in der Naͤhe, als vorhero in der Ferne,
Aus der Sammlung dieſer Bluhmen ein verdickter Anmuths-
Schwall,
Fuͤllete Gehirn, die Naſe, und den Lufft-Kreis uͤberall.
Unbeſchreiblich lieblich, ſuͤſſe, ſtarck, gelinde, niedlich, zart,
Und von allen andern Bluhmen einer gantz verſchiednen Art,
Jſt die Anmuths-reiche Dufft, ſo aus den Schonkiljen quillet,
Und zu unſer Seelen Wonne, ihren Sitz, das Hirn, erfuͤllet.
Es iſt das, was aus den Bluhmen, wie aus einer Quelle, bricht,
Bitter nicht, nicht ſuͤß, nicht ſauer: alles, und doch keines
nicht;
Dem Jesmin, und ihrem Oehl’iſt es noch am erſten gleich,
Aber doch an Krafft und Staͤrcke mehr noch als Jesminen
reich,
Denn es ſind derſelben Duͤffte in ſo gleichem Grad gemiſchen
Und die unſichtbaren Theilchen ſtehn in ſolchem Gleich-Ge-
wicht,
Daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0610" n="580"/>
            <l>So dem Co&#x0364;rper, als der Seele &#x017F;olchen &#x017F;tarcken Eindruck</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">macht;</hi> </l><lb/>
            <l>Daß, nicht nur erfri&#x017F;cht und du&#x0364;nner, mein aufs neu belebt</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Geblu&#x0364;te,</hi> </l><lb/>
            <l>Schneller in den Adern wallt, &#x017F;ondern daß &#x017F;elb&#x017F;t mein Gemu&#x0364;the</l><lb/>
            <l>Sich befiedert, rege, munter, flu&#x0364;chtig, halb entzu&#x0364;ckt, erhoben,</l><lb/>
            <l>Von der Erden aufwerts &#x017F;chwingt, um von GOTTES</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Macht und Gu&#x0364;te</hi> </l><lb/>
            <l>Jn des neuen Vorwurffs Prangen unla&#x0364;ugbare Wunder-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Proben,</hi> </l><lb/>
            <l>Mit aufs neu verju&#x0364;ngter Krafft zu bewundern und zu loben.</l><lb/>
            <l>Um nun GOTTES Wunder-Werck in der Na&#x0364;he zu be-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">trachten,</hi> </l><lb/>
            <l>Und auf ihrer Pracht und Zierde be&#x017F;&#x017F;er, als bisher, zu achten;</l><lb/>
            <l>Brach ich ihrer viele &#x017F;elber mit vergnu&#x0364;gten Ha&#x0364;nden ab,</l><lb/>
            <l>Da denn die vereinte Menge, mir noch mehr Vergnu&#x0364;gen</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">gab.</hi> </l><lb/>
            <l>Sta&#x0364;rcker brach noch in der Na&#x0364;he, als vorhero in der Ferne,</l><lb/>
            <l>Aus der Sammlung die&#x017F;er Bluhmen ein verdickter Anmuths-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Schwall,</hi> </l><lb/>
            <l>Fu&#x0364;llete Gehirn, die Na&#x017F;e, und den Lufft-Kreis u&#x0364;berall.</l><lb/>
            <l>Unbe&#x017F;chreiblich lieblich, &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;tarck, gelinde, niedlich, zart,</l><lb/>
            <l>Und von allen andern Bluhmen einer gantz ver&#x017F;chiednen Art,</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t die Anmuths-reiche Dufft, &#x017F;o aus den Schonkiljen quillet,</l><lb/>
            <l>Und zu un&#x017F;er Seelen Wonne, ihren Sitz, das Hirn, erfu&#x0364;llet.</l><lb/>
            <l>Es i&#x017F;t das, was aus den Bluhmen, wie aus einer Quelle, bricht,</l><lb/>
            <l>Bitter nicht, nicht &#x017F;u&#x0364;ß, nicht &#x017F;auer: alles, und doch keines</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">nicht;</hi> </l><lb/>
            <l>Dem Jesmin, und ihrem Oehl&#x2019;i&#x017F;t es noch am er&#x017F;ten gleich,</l><lb/>
            <l>Aber doch an Krafft und Sta&#x0364;rcke mehr noch als Jesminen</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">reich,</hi> </l><lb/>
            <l>Denn es &#x017F;ind der&#x017F;elben Du&#x0364;ffte in &#x017F;o gleichem Grad gemi&#x017F;chen</l><lb/>
            <l>Und die un&#x017F;ichtbaren Theilchen &#x017F;tehn in &#x017F;olchem Gleich-Ge-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">wicht,</hi> </l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Daß</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[580/0610] So dem Coͤrper, als der Seele ſolchen ſtarcken Eindruck macht; Daß, nicht nur erfriſcht und duͤnner, mein aufs neu belebt Gebluͤte, Schneller in den Adern wallt, ſondern daß ſelbſt mein Gemuͤthe Sich befiedert, rege, munter, fluͤchtig, halb entzuͤckt, erhoben, Von der Erden aufwerts ſchwingt, um von GOTTES Macht und Guͤte Jn des neuen Vorwurffs Prangen unlaͤugbare Wunder- Proben, Mit aufs neu verjuͤngter Krafft zu bewundern und zu loben. Um nun GOTTES Wunder-Werck in der Naͤhe zu be- trachten, Und auf ihrer Pracht und Zierde beſſer, als bisher, zu achten; Brach ich ihrer viele ſelber mit vergnuͤgten Haͤnden ab, Da denn die vereinte Menge, mir noch mehr Vergnuͤgen gab. Staͤrcker brach noch in der Naͤhe, als vorhero in der Ferne, Aus der Sammlung dieſer Bluhmen ein verdickter Anmuths- Schwall, Fuͤllete Gehirn, die Naſe, und den Lufft-Kreis uͤberall. Unbeſchreiblich lieblich, ſuͤſſe, ſtarck, gelinde, niedlich, zart, Und von allen andern Bluhmen einer gantz verſchiednen Art, Jſt die Anmuths-reiche Dufft, ſo aus den Schonkiljen quillet, Und zu unſer Seelen Wonne, ihren Sitz, das Hirn, erfuͤllet. Es iſt das, was aus den Bluhmen, wie aus einer Quelle, bricht, Bitter nicht, nicht ſuͤß, nicht ſauer: alles, und doch keines nicht; Dem Jesmin, und ihrem Oehl’iſt es noch am erſten gleich, Aber doch an Krafft und Staͤrcke mehr noch als Jesminen reich, Denn es ſind derſelben Duͤffte in ſo gleichem Grad gemiſchen Und die unſichtbaren Theilchen ſtehn in ſolchem Gleich-Ge- wicht, Daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/610
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/610>, abgerufen am 21.11.2024.