Doch wie, wenn es nur so schiene, Wenn des Firmamentes Bühne Etwan auf der Stelle mehr Als wo sonsten offen wär?
Können wir den Sinnen trauen, Die nicht unbetrieglich seyn? Können wir mit Recht wol bauen Auf den blossen Augen-Schein, Der uns fälschlich hintergehet? Deucht uns nicht, die Erde stehet? Da doch bloß der Sonnen Gluht, Und die Erde nimmer, ruht.
Recht, wie wenn ein helles Zimmer, Welches man mit Boy bedeckt, Alsbald einen schnellen Schimmer, Durch die klein'ste Oeffnung streckt, Und man glaubte, diese Stelle Sey allein des Lichtes Qvelle, Jrr'te man sich dennoch sehr, Weil's die Gluht des Zimmers wär.
Könnte hinter diesen Decken, Die kein Augen-Strahl durchbricht, Nicht ein Meer von Strahlen stecken, Ein unendlich Reich von Licht,
Das
Doch wie, wenn es nur ſo ſchiene, Wenn des Firmamentes Buͤhne Etwan auf der Stelle mehr Als wo ſonſten offen waͤr?
Koͤnnen wir den Sinnen trauen, Die nicht unbetrieglich ſeyn? Koͤnnen wir mit Recht wol bauen Auf den bloſſen Augen-Schein, Der uns faͤlſchlich hintergehet? Deucht uns nicht, die Erde ſtehet? Da doch bloß der Sonnen Gluht, Und die Erde nimmer, ruht.
Recht, wie wenn ein helles Zimmer, Welches man mit Boy bedeckt, Alsbald einen ſchnellen Schimmer, Durch die klein’ſte Oeffnung ſtreckt, Und man glaubte, dieſe Stelle Sey allein des Lichtes Qvelle, Jrr’te man ſich dennoch ſehr, Weil’s die Gluht des Zimmers waͤr.
Koͤnnte hinter dieſen Decken, Die kein Augen-Strahl durchbricht, Nicht ein Meer von Strahlen ſtecken, Ein unendlich Reich von Licht,
Das
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><lgn="10"><pbfacs="#f0642"n="612"/><l>Doch wie, wenn es nur ſo ſchiene,</l><lb/><l>Wenn des Firmamentes Buͤhne</l><lb/><l>Etwan auf der Stelle mehr</l><lb/><l>Als wo ſonſten offen waͤr?</l></lg><lb/><lgn="11"><l>Koͤnnen wir den Sinnen trauen,</l><lb/><l>Die nicht unbetrieglich ſeyn?</l><lb/><l>Koͤnnen wir mit Recht wol bauen</l><lb/><l>Auf den bloſſen Augen-Schein,</l><lb/><l>Der uns faͤlſchlich hintergehet?</l><lb/><l>Deucht uns nicht, die Erde ſtehet?</l><lb/><l>Da doch bloß der Sonnen Gluht,</l><lb/><l>Und die Erde nimmer, ruht.</l></lg><lb/><lgn="12"><l>Recht, wie wenn ein helles Zimmer,</l><lb/><l>Welches man mit Boy bedeckt,</l><lb/><l>Alsbald einen ſchnellen Schimmer,</l><lb/><l>Durch die klein’ſte Oeffnung ſtreckt,</l><lb/><l>Und man glaubte, dieſe Stelle</l><lb/><l>Sey allein des Lichtes Qvelle,</l><lb/><l>Jrr’te man ſich dennoch ſehr,</l><lb/><l>Weil’s die Gluht des Zimmers waͤr.</l></lg><lb/><lgn="13"><l>Koͤnnte hinter dieſen Decken,</l><lb/><l>Die kein Augen-Strahl durchbricht,</l><lb/><l>Nicht ein Meer von Strahlen ſtecken,</l><lb/><l>Ein unendlich Reich von Licht,</l><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Das</fw><lb/></lg></lg></div></div></body></text></TEI>
[612/0642]
Doch wie, wenn es nur ſo ſchiene,
Wenn des Firmamentes Buͤhne
Etwan auf der Stelle mehr
Als wo ſonſten offen waͤr?
Koͤnnen wir den Sinnen trauen,
Die nicht unbetrieglich ſeyn?
Koͤnnen wir mit Recht wol bauen
Auf den bloſſen Augen-Schein,
Der uns faͤlſchlich hintergehet?
Deucht uns nicht, die Erde ſtehet?
Da doch bloß der Sonnen Gluht,
Und die Erde nimmer, ruht.
Recht, wie wenn ein helles Zimmer,
Welches man mit Boy bedeckt,
Alsbald einen ſchnellen Schimmer,
Durch die klein’ſte Oeffnung ſtreckt,
Und man glaubte, dieſe Stelle
Sey allein des Lichtes Qvelle,
Jrr’te man ſich dennoch ſehr,
Weil’s die Gluht des Zimmers waͤr.
Koͤnnte hinter dieſen Decken,
Die kein Augen-Strahl durchbricht,
Nicht ein Meer von Strahlen ſtecken,
Ein unendlich Reich von Licht,
Das
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/642>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.