Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.Vom Pinsel der Natur. Jn ihrem Schoosse strahlet Ein gelbes Heer von gleichsam güldnen Spitzen, Die üm den Mittelpunet in süsser Ründe sitzen. Noch sieht man eine Art, die hohen Jncarnat, Zum Schmuck der sanfften Blätter hat. Noch nicht genug, man sieht noch andre Rosen blühen, Die einer Purpur Farb', an dunckel rothem Schein, Vollkommen ähnlich seyn. Sie scheinen recht zu brennen und zu glühen: Kein dunckel rother Sammt, kein Purpur-Schnecken-Blut Jst völler, kräfftiger, gläntzt prächtiger und flammt Jn so gefüllter Zier. Die holde Dunckelheit Um desto besser zu formiren; Beschäfftiget sie sich die Röthe zu schattiren, Mit einer blauen Farb', in der was sanfftes ruht. Jch sah' den Unterscheid der Farben und Figur, Die man nur blos allein an Rosen sieht, Mit einem froh- und danckbarem Gemüht, Dem Schöpfer der Natur in dieser Bluhme, Zum Preis und Ruhme, Jn einer frohen Andacht an. Noch hab ich dir die wunderbare Krafft, Die in den Rosen-Blättern steckt, Bisher mein Leser, nicht entdeckt. Jst dieser Bluhme Eigenschafft, Nicht Danckens, nicht Bewunderns wehrt, Da selbst, wenn sie die Zeit entblättert, Aus ihren Blättern noch verschiedne Sachen, Zum Labsal des Geruchs, ja des Geschmacks zu machen? Wie angenehm schmeckt die Conserve nicht, Die, wenn man sie mit Zucker mischt, Aus Q q 5
Vom Pinſel der Natur. Jn ihrem Schooſſe ſtrahlet Ein gelbes Heer von gleichſam guͤldnen Spitzen, Die uͤm den Mittelpunet in ſuͤſſer Ruͤnde ſitzen. Noch ſieht man eine Art, die hohen Jncarnat, Zum Schmuck der ſanfften Blaͤtter hat. Noch nicht genug, man ſieht noch andre Roſen bluͤhen, Die einer Purpur Farb’, an dunckel rothem Schein, Vollkommen aͤhnlich ſeyn. Sie ſcheinen recht zu brennen und zu gluͤhen: Kein dunckel rother Sammt, kein Purpur-Schnecken-Blut Jſt voͤller, kraͤfftiger, glaͤntzt praͤchtiger und flammt Jn ſo gefuͤllter Zier. Die holde Dunckelheit Um deſto beſſer zu formiren; Beſchaͤfftiget ſie ſich die Roͤthe zu ſchattiren, Mit einer blauen Farb’, in der was ſanfftes ruht. Jch ſah’ den Unterſcheid der Farben und Figur, Die man nur blos allein an Roſen ſieht, Mit einem froh- und danckbarem Gemuͤht, Dem Schoͤpfer der Natur in dieſer Bluhme, Zum Preis und Ruhme, Jn einer frohen Andacht an. Noch hab ich dir die wunderbare Krafft, Die in den Roſen-Blaͤttern ſteckt, Bisher mein Leſer, nicht entdeckt. Jſt dieſer Bluhme Eigenſchafft, Nicht Danckens, nicht Bewunderns wehrt, Da ſelbſt, wenn ſie die Zeit entblaͤttert, Aus ihren Blaͤttern noch verſchiedne Sachen, Zum Labſal des Geruchs, ja des Geſchmacks zu machen? Wie angenehm ſchmeckt die Conſerve nicht, Die, wenn man ſie mit Zucker miſcht, Aus Q q 5
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Vom Pinſel der Natur. Jn ihrem Schooſſe ſtrahlet
Ein gelbes Heer von gleichſam guͤldnen Spitzen,
Die uͤm den Mittelpunet in ſuͤſſer Ruͤnde ſitzen.
Noch ſieht man eine Art, die hohen Jncarnat,
Zum Schmuck der ſanfften Blaͤtter hat.
Noch nicht genug, man ſieht noch andre Roſen bluͤhen,
Die einer Purpur Farb’, an dunckel rothem Schein,
Vollkommen aͤhnlich ſeyn.
Sie ſcheinen recht zu brennen und zu gluͤhen:
Kein dunckel rother Sammt, kein Purpur-Schnecken-Blut
Jſt voͤller, kraͤfftiger, glaͤntzt praͤchtiger und flammt
Jn ſo gefuͤllter Zier. Die holde Dunckelheit
Um deſto beſſer zu formiren;
Beſchaͤfftiget ſie ſich die Roͤthe zu ſchattiren,
Mit einer blauen Farb’, in der was ſanfftes ruht.
Jch ſah’ den Unterſcheid der Farben und Figur,
Die man nur blos allein an Roſen ſieht,
Mit einem froh- und danckbarem Gemuͤht,
Dem Schoͤpfer der Natur in dieſer Bluhme,
Zum Preis und Ruhme,
Jn einer frohen Andacht an.
Noch hab ich dir die wunderbare Krafft,
Die in den Roſen-Blaͤttern ſteckt,
Bisher mein Leſer, nicht entdeckt.
Jſt dieſer Bluhme Eigenſchafft,
Nicht Danckens, nicht Bewunderns wehrt,
Da ſelbſt, wenn ſie die Zeit entblaͤttert,
Aus ihren Blaͤttern noch verſchiedne Sachen,
Zum Labſal des Geruchs, ja des Geſchmacks zu machen?
Wie angenehm ſchmeckt die Conſerve nicht,
Die, wenn man ſie mit Zucker miſcht,
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