Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.Nein, sondern dencken wird: Gebrauche dich der Welt, Doch so, daß es dem Schöpffer wohl gefällt; Damit du dessen dort, was tausendmal so schön, Nicht darffst verlustig gehn. Beym Unglück wird es gleichfalls nützen. Ein besserer Begriff von künfft'ger Seeligkeit Wird hier die Unvollkommenheit, Ja alles Unglücks Sturm und Krachen, Uns leichter und erträglich machen, Und sonderlich uns für Verzweifflung schützen. Es stellten sich nicht nur sehr viele Heyden, Viel Juden noch anitzt, viel Türcken eben auch, Recht lächerliche Ding' und seltsam süsse Freuden Von jenem Leben vor. Es ist so gar der Brauch Auch in der Christenheit, daß, leider! offtermal Recht läppische Gedancken, Fratzen, Grillen, Von jener Welt, die meisten Köpffe füllen. Da stellt man mehrentheils sich einen schönen Saal, Vortrefflich ausgeputzt, voll Paucken und Trompeten, Schallmeyen, Orgelwerck, Chytarren, Lauten, Flöhten, Rebst einem reichen Tisch, voll niedlicher Gerichte, Voll aller Schleckerey, voll auserlesner Früchte, Jm Sinne so, wie in den Worten, dar, Und was der Freuden mehr. Jch schäme mich fürwahr, Daß man sich nicht entsieht, So fleischlichen Begriff, von so erhabnen Dingen, Die GOTT verkleinerlich, sich selber beyzubringen. Die Elisäischen, so süß beschriebnen Anen, Die wir in Heydnischer Poeten Schrifften schauen, Sind würcklich lieblicher, sehn angenehmer aus. Ach! daß man sich doch nicht nach GOTTes Wort bemüht, Von R r 3
Nein, ſondern dencken wird: Gebrauche dich der Welt, Doch ſo, daß es dem Schoͤpffer wohl gefaͤllt; Damit du deſſen dort, was tauſendmal ſo ſchoͤn, Nicht darffſt verluſtig gehn. Beym Ungluͤck wird es gleichfalls nuͤtzen. Ein beſſerer Begriff von kuͤnfft’ger Seeligkeit Wird hier die Unvollkommenheit, Ja alles Ungluͤcks Sturm und Krachen, Uns leichter und ertraͤglich machen, Und ſonderlich uns fuͤr Verzweifflung ſchuͤtzen. Es ſtellten ſich nicht nur ſehr viele Heyden, Viel Juden noch anitzt, viel Tuͤrcken eben auch, Recht laͤcherliche Ding’ und ſeltſam ſuͤſſe Freuden Von jenem Leben vor. Es iſt ſo gar der Brauch Auch in der Chriſtenheit, daß, leider! offtermal Recht laͤppiſche Gedancken, Fratzen, Grillen, Von jener Welt, die meiſten Koͤpffe fuͤllen. Da ſtellt man mehrentheils ſich einen ſchoͤnen Saal, Vortrefflich ausgeputzt, voll Paucken und Trompeten, Schallmeyen, Orgelwerck, Chytarren, Lauten, Floͤhten, Rebſt einem reichen Tiſch, voll niedlicher Gerichte, Voll aller Schleckerey, voll auserleſner Fruͤchte, Jm Sinne ſo, wie in den Worten, dar, Und was der Freuden mehr. Jch ſchaͤme mich fuͤrwahr, Daß man ſich nicht entſieht, So fleiſchlichen Begriff, von ſo erhabnen Dingen, Die GOTT verkleinerlich, ſich ſelber beyzubringen. Die Eliſaͤiſchen, ſo ſuͤß beſchriebnen Anen, Die wir in Heydniſcher Poeten Schrifften ſchauen, Sind wuͤrcklich lieblicher, ſehn angenehmer aus. Ach! daß man ſich doch nicht nach GOTTes Wort bemuͤht, Von R r 3
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Nein, ſondern dencken wird: Gebrauche dich der Welt,
Doch ſo, daß es dem Schoͤpffer wohl gefaͤllt;
Damit du deſſen dort, was tauſendmal ſo ſchoͤn,
Nicht darffſt verluſtig gehn.
Beym Ungluͤck wird es gleichfalls nuͤtzen.
Ein beſſerer Begriff von kuͤnfft’ger Seeligkeit
Wird hier die Unvollkommenheit,
Ja alles Ungluͤcks Sturm und Krachen,
Uns leichter und ertraͤglich machen,
Und ſonderlich uns fuͤr Verzweifflung ſchuͤtzen.
Es ſtellten ſich nicht nur ſehr viele Heyden,
Viel Juden noch anitzt, viel Tuͤrcken eben auch,
Recht laͤcherliche Ding’ und ſeltſam ſuͤſſe Freuden
Von jenem Leben vor. Es iſt ſo gar der Brauch
Auch in der Chriſtenheit, daß, leider! offtermal
Recht laͤppiſche Gedancken, Fratzen, Grillen,
Von jener Welt, die meiſten Koͤpffe fuͤllen.
Da ſtellt man mehrentheils ſich einen ſchoͤnen Saal,
Vortrefflich ausgeputzt, voll Paucken und Trompeten,
Schallmeyen, Orgelwerck, Chytarren, Lauten, Floͤhten,
Rebſt einem reichen Tiſch, voll niedlicher Gerichte,
Voll aller Schleckerey, voll auserleſner Fruͤchte,
Jm Sinne ſo, wie in den Worten, dar,
Und was der Freuden mehr. Jch ſchaͤme mich fuͤrwahr,
Daß man ſich nicht entſieht,
So fleiſchlichen Begriff, von ſo erhabnen Dingen,
Die GOTT verkleinerlich, ſich ſelber beyzubringen.
Die Eliſaͤiſchen, ſo ſuͤß beſchriebnen Anen,
Die wir in Heydniſcher Poeten Schrifften ſchauen,
Sind wuͤrcklich lieblicher, ſehn angenehmer aus.
Ach! daß man ſich doch nicht nach GOTTes Wort bemuͤht,
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