Die jedem, der es liest, gleich in die Augen fällt: Der Menschen Werck ist, wie er selber, nichtig, Vergänglich, wandelbar und flüchtig.
Ja, fiel mir ferner ein, Wer weiß, ob dies, was wir in ihnen lesen, Von ihrem eigentlichen Seyn, Jhr wahrer Endzweck nicht gewesen? Wer weiß, ob GOTT sie nicht zum Fall erbauen lassen; Damit die Menschheit, recht die Eitelkeit zu fassen, Von der Vergänglichkeit ein unvergänglich Bild, Ein überzeugend Buch, mit Wahrheit angefüllt, Vor Augen haben möcht'? Und wenn ichs recht erwege, Und sonder Vorurtheil den Zustand überlege; So können uns die prächtigen Ruinen, Auf diese Art, zu mehr Erbauung dienen, Als ihre vor'ge Pracht. Man kann in ihrem Schutt mehr Trost und Lehre finden, Als wenn sie noch, wie vor, im Glantz und Schimmer stünden.
Wo etwas auf der Welt geschickt, zu GOTT zu leiten; So ist es dies verworrne A. B. C. Jn welchem ich, in deutlich-heller Klarheit, Auch in gebrochnen Lettern, seh, Die Lehre voller Licht und Wahrheit Von irdischen Vergänglichkeiten.
Be-
Die jedem, der es lieſt, gleich in die Augen faͤllt: Der Menſchen Werck iſt, wie er ſelber, nichtig, Vergaͤnglich, wandelbar und fluͤchtig.
Ja, fiel mir ferner ein, Wer weiß, ob dies, was wir in ihnen leſen, Von ihrem eigentlichen Seyn, Jhr wahrer Endzweck nicht geweſen? Wer weiß, ob GOTT ſie nicht zum Fall erbauen laſſen; Damit die Menſchheit, recht die Eitelkeit zu faſſen, Von der Vergaͤnglichkeit ein unvergaͤnglich Bild, Ein uͤberzeugend Buch, mit Wahrheit angefuͤllt, Vor Augen haben moͤcht’? Und wenn ichs recht erwege, Und ſonder Vorurtheil den Zuſtand uͤberlege; So koͤnnen uns die praͤchtigen Ruinen, Auf dieſe Art, zu mehr Erbauung dienen, Als ihre vor’ge Pracht. Man kann in ihrem Schutt mehr Troſt und Lehre finden, Als wenn ſie noch, wie vor, im Glantz und Schimmer ſtuͤnden.
Wo etwas auf der Welt geſchickt, zu GOTT zu leiten; So iſt es dies verworrne A. B. C. Jn welchem ich, in deutlich-heller Klarheit, Auch in gebrochnen Lettern, ſeh, Die Lehre voller Licht und Wahrheit Von irdiſchen Vergaͤnglichkeiten.
Be-
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Die jedem, der es lieſt, gleich in die Augen faͤllt:
Der Menſchen Werck iſt, wie er ſelber, nichtig,
Vergaͤnglich, wandelbar und fluͤchtig.
Ja, fiel mir ferner ein,
Wer weiß, ob dies, was wir in ihnen leſen,
Von ihrem eigentlichen Seyn,
Jhr wahrer Endzweck nicht geweſen?
Wer weiß, ob GOTT ſie nicht zum Fall erbauen laſſen;
Damit die Menſchheit, recht die Eitelkeit zu faſſen,
Von der Vergaͤnglichkeit ein unvergaͤnglich Bild,
Ein uͤberzeugend Buch, mit Wahrheit angefuͤllt,
Vor Augen haben moͤcht’? Und wenn ichs recht erwege,
Und ſonder Vorurtheil den Zuſtand uͤberlege;
So koͤnnen uns die praͤchtigen Ruinen,
Auf dieſe Art, zu mehr Erbauung dienen,
Als ihre vor’ge Pracht.
Man kann in ihrem Schutt mehr Troſt und Lehre finden,
Als wenn ſie noch, wie vor, im Glantz und Schimmer
ſtuͤnden.
Wo etwas auf der Welt geſchickt, zu GOTT zu leiten;
So iſt es dies verworrne A. B. C.
Jn welchem ich, in deutlich-heller Klarheit,
Auch in gebrochnen Lettern, ſeh,
Die Lehre voller Licht und Wahrheit
Von irdiſchen Vergaͤnglichkeiten.
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 701. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/731>, abgerufen am 21.11.2024.
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