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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

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Der Frosch.
Da es so gar den Geist durchdringet.
Wodurch in allem, was man sieht,
Jndem das Licht, wie hier, davon nicht rückwärts springet,
Ein lieblich-froher Glantz und Freuden-Feuer glüht.

Jch ward hier durchs Gehör entzückt mehr, als ge-
rühret,

Weil hier der gantze Kreis der Lüffte musiciret.
So ward nicht weniger mein Geist durch einen Schwall
Von ausgedünsteter ambrirten Krafft,
Aus Pflantzen, woraus überall
Ein edler Balsam-Safft
Jn Uberfluß und unaufhörlich quillet,
Gelabt, durchdrungen und erfüllet.
Jch streckte meine Hand begierig aus,
Ein Blühmchen abzupflücken,
So recht vor andern schön. Allein
Wie stutzt' ich, als ich nichts daselbst befand;
Die Finger traffen nichts, was fühlbar war, in ihnen,
Wie sie gegläubet, an, ob sie gleich fühlbar schienen,
Weil sie für cörperlich-noch nicht verklärte Hände,
Da sie nicht cörperlich, nicht fühlbar seyn.
Dieß nun noch ferner zu probiren,
Entschloß ich mich, den harten Stamm
Von einer Eichen zu berühren.
Allein auch hier war nichts zu fassen.
Die gantze Hand ward durch den Baum gelassen,
Als wie durch leere Lufft. Hierüber noch weit mehr
Erstannet und bestürtzt, kam ich von ungefehr
An einen Fluß, der einen reinen Spiegel
An

Der Froſch.
Da es ſo gar den Geiſt durchdringet.
Wodurch in allem, was man ſieht,
Jndem das Licht, wie hier, davon nicht ruͤckwaͤrts ſpringet,
Ein lieblich-froher Glantz und Freuden-Feuer gluͤht.

Jch ward hier durchs Gehoͤr entzuͤckt mehr, als ge-
ruͤhret,

Weil hier der gantze Kreis der Luͤffte muſiciret.
So ward nicht weniger mein Geiſt durch einen Schwall
Von ausgeduͤnſteter ambrirten Krafft,
Aus Pflantzen, woraus uͤberall
Ein edler Balſam-Safft
Jn Uberfluß und unaufhoͤrlich quillet,
Gelabt, durchdrungen und erfuͤllet.
Jch ſtreckte meine Hand begierig aus,
Ein Bluͤhmchen abzupfluͤcken,
So recht vor andern ſchoͤn. Allein
Wie ſtutzt’ ich, als ich nichts daſelbſt befand;
Die Finger traffen nichts, was fuͤhlbar war, in ihnen,
Wie ſie geglaͤubet, an, ob ſie gleich fuͤhlbar ſchienen,
Weil ſie fuͤr coͤrperlich-noch nicht verklaͤrte Haͤnde,
Da ſie nicht coͤrperlich, nicht fuͤhlbar ſeyn.
Dieß nun noch ferner zu probiren,
Entſchloß ich mich, den harten Stamm
Von einer Eichen zu beruͤhren.
Allein auch hier war nichts zu faſſen.
Die gantze Hand ward durch den Baum gelaſſen,
Als wie durch leere Lufft. Hieruͤber noch weit mehr
Erſtannet und beſtuͤrtzt, kam ich von ungefehr
An einen Fluß, der einen reinen Spiegel
An
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[93/0125] Der Froſch. Da es ſo gar den Geiſt durchdringet. Wodurch in allem, was man ſieht, Jndem das Licht, wie hier, davon nicht ruͤckwaͤrts ſpringet, Ein lieblich-froher Glantz und Freuden-Feuer gluͤht. Jch ward hier durchs Gehoͤr entzuͤckt mehr, als ge- ruͤhret, Weil hier der gantze Kreis der Luͤffte muſiciret. So ward nicht weniger mein Geiſt durch einen Schwall Von ausgeduͤnſteter ambrirten Krafft, Aus Pflantzen, woraus uͤberall Ein edler Balſam-Safft Jn Uberfluß und unaufhoͤrlich quillet, Gelabt, durchdrungen und erfuͤllet. Jch ſtreckte meine Hand begierig aus, Ein Bluͤhmchen abzupfluͤcken, So recht vor andern ſchoͤn. Allein Wie ſtutzt’ ich, als ich nichts daſelbſt befand; Die Finger traffen nichts, was fuͤhlbar war, in ihnen, Wie ſie geglaͤubet, an, ob ſie gleich fuͤhlbar ſchienen, Weil ſie fuͤr coͤrperlich-noch nicht verklaͤrte Haͤnde, Da ſie nicht coͤrperlich, nicht fuͤhlbar ſeyn. Dieß nun noch ferner zu probiren, Entſchloß ich mich, den harten Stamm Von einer Eichen zu beruͤhren. Allein auch hier war nichts zu faſſen. Die gantze Hand ward durch den Baum gelaſſen, Als wie durch leere Lufft. Hieruͤber noch weit mehr Erſtannet und beſtuͤrtzt, kam ich von ungefehr An einen Fluß, der einen reinen Spiegel An

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/125>, abgerufen am 29.11.2024.