Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.eines Linden-Baums. Unsre gantze Gasse gleicht, so durch dich, als deines gleichen,Einem dicken duncklen Walde. Welches denn in einer Stadt Eine seltne Schönheit ist, und die viel Bequemlichkeit Dem, der sie bewohnet, bringet, sonderlich zur Sommer- Zeit. Ja durch dieser Bäume Dicke scheinet, nach dem Augen- Schein, Jeder Zweig ein eigner Busch, ieder Baume in Wald zu seyn. Wie so Regel-recht formirt ist dein schöner Stamm! wie glatt, Wie gerade, fest und starck! gleicht er nicht in allen Theilen Denen in der schönsten Masse künstlich ausgehaunen Säu- len? Wie verbreiten sich ümher deine Blätter-reichen Aeste, Welche nebst den ungezehlten dünn- und schlancken Neben- Zweigen, Von des Laubes Last gekrümmet, recht gewölbt sich abwärts beugen! Diese grünende Gewölbe, diese deine schöne Bogen Seh' ich an als Ehren-Bogen, Dem zum Ruhm, Der deine Pracht So verwunderlich, so lieblich zu der Menschen Lust, ge- macht, Und bewegliche Gewölber selber in der Lufft gezogen. Wenn gelinde Winde kühlen, heben sie sich sanft, und fallen, Steigen wieder, sincken nieder mit gelind- und sanftem Wallen Recht wie grüne Feder-Büsche, deren lind- und sanftes spielen, Die zu sehr erhitzten Lüffte, gleich den Fächteln, schmeich- lend kühlen, Und J
eines Linden-Baums. Unſre gantze Gaſſe gleicht, ſo durch dich, als deines gleichen,Einem dicken duncklen Walde. Welches denn in einer Stadt Eine ſeltne Schoͤnheit iſt, und die viel Bequemlichkeit Dem, der ſie bewohnet, bringet, ſonderlich zur Sommer- Zeit. Ja durch dieſer Baͤume Dicke ſcheinet, nach dem Augen- Schein, Jeder Zweig ein eigner Buſch, ieder Baume in Wald zu ſeyn. Wie ſo Regel-recht formirt iſt dein ſchoͤner Stamm! wie glatt, Wie gerade, feſt und ſtarck! gleicht er nicht in allen Theilen Denen in der ſchoͤnſten Maſſe kuͤnſtlich ausgehaunen Saͤu- len? Wie verbreiten ſich uͤmher deine Blaͤtter-reichen Aeſte, Welche nebſt den ungezehlten duͤnn- und ſchlancken Neben- Zweigen, Von des Laubes Laſt gekruͤmmet, recht gewoͤlbt ſich abwaͤrts beugen! Dieſe gruͤnende Gewoͤlbe, dieſe deine ſchoͤne Bogen Seh’ ich an als Ehren-Bogen, Dem zum Ruhm, Der deine Pracht So verwunderlich, ſo lieblich zu der Menſchen Luſt, ge- macht, Und bewegliche Gewoͤlber ſelber in der Lufft gezogen. Wenn gelinde Winde kuͤhlen, heben ſie ſich ſanft, und fallen, Steigen wieder, ſincken nieder mit gelind- und ſanftem Wallen Recht wie gruͤne Feder-Buͤſche, deren lind- und ſanftes ſpielen, Die zu ſehr erhitzten Luͤffte, gleich den Faͤchteln, ſchmeich- lend kuͤhlen, Und J
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eines Linden-Baums.
Unſre gantze Gaſſe gleicht, ſo durch dich, als deines gleichen,
Einem dicken duncklen Walde. Welches denn in einer
Stadt
Eine ſeltne Schoͤnheit iſt, und die viel Bequemlichkeit
Dem, der ſie bewohnet, bringet, ſonderlich zur Sommer-
Zeit.
Ja durch dieſer Baͤume Dicke ſcheinet, nach dem Augen-
Schein,
Jeder Zweig ein eigner Buſch, ieder Baume in Wald zu
ſeyn.
Wie ſo Regel-recht formirt iſt dein ſchoͤner Stamm!
wie glatt,
Wie gerade, feſt und ſtarck! gleicht er nicht in allen Theilen
Denen in der ſchoͤnſten Maſſe kuͤnſtlich ausgehaunen Saͤu-
len?
Wie verbreiten ſich uͤmher deine Blaͤtter-reichen Aeſte,
Welche nebſt den ungezehlten duͤnn- und ſchlancken Neben-
Zweigen,
Von des Laubes Laſt gekruͤmmet, recht gewoͤlbt ſich abwaͤrts
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Dieſe gruͤnende Gewoͤlbe, dieſe deine ſchoͤne Bogen
Seh’ ich an als Ehren-Bogen, Dem zum Ruhm, Der deine
Pracht
So verwunderlich, ſo lieblich zu der Menſchen Luſt, ge-
macht,
Und bewegliche Gewoͤlber ſelber in der Lufft gezogen.
Wenn gelinde Winde kuͤhlen, heben ſie ſich ſanft, und
fallen,
Steigen wieder, ſincken nieder mit gelind- und ſanftem Wallen
Recht wie gruͤne Feder-Buͤſche, deren lind- und ſanftes ſpielen,
Die zu ſehr erhitzten Luͤffte, gleich den Faͤchteln, ſchmeich-
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